In jüngerer Vergangenheit hat Forrester Research Anzeichen für eine interessante Veränderung in der Denkweise von IT-Führungskräften festgestellt. In den Wochen nach dem Ausbruch der Kreditkrise kam den meisten IT-Verantwortlichen jeder Ratschlag für das Überleben der Rezession wie gerufen. Nachdem man sich in den letzten Monaten auf die notwendigen Sofortmaßnahmen konzentrierte, scheint sich nun aber eine gewisse Müdigkeit in Sachen Abschwung eingestellt zu haben.
Zwar ist niemand der Meinung, die Krise sei bereits überstanden, dennoch glauben zahlreiche IT-Verantwortliche, nunmehr die von der IT geforderten Maßnahmen zur vorläufigen Stabilisierung des Geschäfts eingeleitet oder zumindest definiert zu haben. Nun gilt es, sich wieder tiefer greifenden Themen zuzuwenden.
Die meisten IT-Verantwortlichen haben erkannt, dass Unternehmens-IT einen umfassenden Wandel durchläuft, welcher nicht unbedingt mit der Wirtschaftskrise in Zusammenhang steht. Durch die immer stärkere Durchdringung sämtlicher Geschäftsprozesse mit Informationstechnologie hat sich Lenkung der IT immer weiter aus dem Rechenzentrum heraus in die Hände der Wirtschaftsführer verlagert. Maßnahmen, wie die Virtualisierung der Infrastruktur, die Rationalisierung von Anwendungen und die Einführung von Standardisierungsinstrumenten wie SOA haben im Bereich der Commodity-IT zu einer Stabilisierung geführt.
Während die IT-Verantwortlichen die laufenden Veränderungen vorantreiben, müssen sie sich gleichzeitig vermehrt mit geschäftlichen Aspekten und der Unternehmensarchitektur auseinandersetzen und sich dabei weiterhin um die betriebliche Verwaltung der ihnen unterstellten rationalisierten Systeme kümmern.
Beherrschendes Thema im IT-Management war für zahlreiche Geschäftsführer oder Finanzchefs im zweiten Halbjahr 2008 sicherlich die Eindämmung der Kosten. Auf lange Sicht wird jedoch der Wertbeitrag der IT im Unternehmen an Bedeutung gewinnen. Viele IT-Verantwortliche haben diese Herausforderung erkannt. Ihnen ist bewusst, dass sie in Zukunft anhand von Leistungskennzahlen, wie der Time-to-market bei der Einführung neuer Produkte oder einer besseren Kundenbindung und damit an ihrem Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens gemessen werden.
Persönliches Netzwerk aufbauen
Forrester glaubt, dass sich dieser wertorientierte Ansatz im IT-Bereich im Laufe des Jahres 2009 immer weiter durchsetzen wird. Um hier einen Vorsprung aufzubauen, müssen sich die IT-Verantwortlichen auf drei Punkte konzentrieren:
1. Verknüpfung der IT-Aktivitäten mit der Wertschöpfung. Sämtliche IT-Mitarbeiter müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihr Erfolg in Zukunft nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben gemessen werden wird. Wirtschaftsführer und IT-Verantwortliche werden zunehmend gemeinsame Ziele, Kennzahlen und Lenkungsstrukturen definieren, um die Aktivitäten und Leistungen der IT an den Geschäftszielen des gesamten Unternehmens auszurichten.
So konnte der amerikanische Finanzdienstleister USAA die angestrebte Verbesserung der Kundenbeziehungen mittels Technologieeinsatz erfolgreich umsetzen. Infolgedessen belegt das Unternehmen in der jährlichen Forrester-Verbraucherbefragung bei den kundenorientierten Finanzunternehmen durchgängig Spitzenplätze unter den führenden US-Finanzdienstleistern. Genau diese Art des Wertbeitrags erwarten Wirtschaftsführer von der Informationstechnologie.
2. Eigeninitiative der IT-Verantwortlichen bei der Nutzengenerierung. Der IT-Vorstand und die ihm unterstehenden Mitarbeiter müssen geschäftliche Sachverhalte thematisieren und sich mit der Unternehmensführung beschäftigen, um Bereiche möglicher Nutzengenerierung eigenständig zu identifizieren und darin aktiv zu werden. Innerhalb des IT-Bereichs bedeutet dies Führung durch Vorbild, zum Beispiel indem man Zeit auf betriebswirtschaftliche Belange verwendet und in internen Mitteilungen ausdrücklich auf den Nutzenbeitrag zur Unternehmensleistung hinweist.
Außerhalb des IT-Bereichs gehört der Aufbau eines persönlichen Netzwerks über die verschiedenen Bereiche des Unternehmens hinweg zu den wichtigsten Aspekten, aber auch sämtliche formellen und informellen Handlungen, mittels derer die Aktivitäten der IT an die Wirtschaftsführer vermarktet werden.
3. Fokussierung der Zusammenarbeit von IT mit anderen auf die Nutzengenerierung - zum Beispiel durch einen verstärkten Fokus auf den Wertbeitrag bei den Beziehungen zu externen Lieferanten. Dieser Aspekt betrifft sämtliche Bereiche der IT, in denen Partnerschaften oder Kooperationen - gleich ob mit Zulieferern, Beratern oder anderen Fachbereichen innerhalb der Organisation - eine Rolle spielen.
Nutzenbeitrag für das Unternehmen
Hierzu gehört beispielsweise auch, die Mitarbeiter im Vendor Management dahingehend zu schulen, bei der Auswahl von Lieferantenleistungen den Nutzenbeitrag für das Unternehmen stärker in den Fokus zu rücken. Die Kopplung der Lieferanten-Governance und der Leistungskriterien an den Nutzenbeitrag, anstelle einer Konzentration auf kostengünstige operative Leistungsfähigkeit, trägt dazu bei, mit den Leistungen externer Lieferanten einen direkten Nutzenbeitrag zur Unternehmensleistung zu erzielen.
Die drei genannten Ansatzpunkte sind von entscheidender Bedeutung für die Schaffung frischer Impulse, die von den IT-Managern und deren Teams in den kommenden sechs bis zwölf Monate erwartet werden. Die Rezession ist gewiss noch nicht vorüber. Es ist aber mit Sicherheit zu spät, jetzt noch über den Ansatz nachzudenken, den es bedarf, um wieder Gewinn zu erwirtschaften, wenn der Aufschwung erst da ist.