Hartmut Lüerßen vom Marktforschungshaus Lünendonk rechnet für das kommende Jahr mit steigenden Umsätzen für die Outsourcer - gerade wegen der abflauenden Konjunktur: "Der Outsourcing-Markt ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich schwächer gewachsen als das Projektgeschäft", hat er beobachtet. Weil die Unternehmen die Wachstumsphase für die Umsetzung vieler Projekte genutzt haben, lag der Schwerpunkt auf "Change-the-Business", was sich in Wachstumsraten von gut zwölf Prozent im Projektgeschäft (IT-Beratung und Systemintegration) - gegen fünf Prozent beim Outsourcing - deutlich niedergeschlagen habe. "Wenn das Wirtschaftswachstum zurückgeht, dürfte sich der Fokus wieder auf Kostenreduzierungen im Run-the-Business verstärken und wieder zu zunehmenden Ausgaben für IT-Services führen."
Doch der Outsourcing-Markt ist reifer geworden. Auslagern wird nicht mehr zwingend mit Sparen konnotiert. Vor einigen Jahren noch war es vor allem die Aussicht auf schnelle Kosteneinsparung, die das Auftragsvolumen bei den Anbietern beflügelte. Auch die Hoffnung, sich des leidigen Betriebs mit einem Schlag zu entledigen, hat die Anwender dazu verleitet, die gesamte IT in die Hände eines einzigen Dienstleisters zu legen.
Die Zeit der großen Deals ist vorbei
Solche Deals sind selten geworden: „Der Trend geht eindeutig weg vom Komplett-Outsourcing, bei dem alle IT-Aufgaben an einen einzigen Provider ausgelagert werden", sagt Bernd Schäfer, Managing Director Deutschland bei dem auf Outsourcing spezialisierten internationalen Beratungsunternehmen Technology Partners International (TPI).
Die großen Outsourcer sind damit keineswegs aus dem Rennen. Im Gegenteil: Sie führen nach wie vor die deutschen und internationalen Ranglisten an. Nur übernehmen sie statt der kompletten Unternehmens-IT heute entweder Teilbereiche oder andere Aufgaben, bei denen sie ihre Stärken ausspielen können. "Auf die Veränderungen des Nachfrageverhaltens an den IT-Beratungs- und Service-Märkten hat eine Reihe von großen Anbietern bereits vor einigen Jahren mit neuen Leistungsprofilen reagiert", bestätigt auch Lüerßen.
Unter Bezeichnungen wie "Next Generation Outsourcing", "Innovationspartnerschaft" oder "Business Innovation Transformation Partner" (BITP) bieten sie einen kunden- und projektspezifischen Mix aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, Outsourcing und Business Process Management (BPM) bzw. Business Process Outsourcing (BPO) an. "Sie nennen sich BITP, weil sie eine langfristige Partnerschaft, eine unternehmerische Mitverantwortung und eine nachhaltige Unterstützung für Kundenunternehmen durch Innovations- und Transformationsleistungen anstreben", hat Lüerßen beobachtet.
Das setzt ein umfassendes Leistungsportfolio und weltweite Präsenz voraus: Nur ein global aufgestellter Service-Anbieter kann das Unternehmen an seinen internationalen Standorten in allen Zeitzonen unterstützen und den richtigen Mix aus Services anbieten, die lokal, nearshore und offshore erbracht werden. Zwar stehen nach wie vor die Kosten im Vordergrund, wenn Unternehmen IT-Aufgaben auslagern: "Als ein Kernziel für die Reduzierung der IT-Fertigungstiefe sehen wir messbare und kurzfristig realisierbare IT- Kostensenkungen", sagt IDC-Research-Analyst Matthias Kraus.
Darüber hinaus erwarteten Anwenderunternehmen gerade in Deutschland inzwischen Unterstützung der Fachabteilungen, etwa durch innovative Technologien und Services. Primär gehe es dabei um das effiziente und kostengünstige Gestalten von Geschäftsprozessen. "Die IT ist gefordert, die Fachabteilungen stärker beim Entwickeln neuer Produkte und Services zu unterstützen", sagt Kraus.
Von den Big Six sind fünf geblieben
Weltweit sind es die "Big Six" IBM, Hewlett-Packard, CSC, EDS, ACS und Accenture, aus denen nach der Übernahme von EDS durch HP gerade die Big Five geworden sind. Zusammen mit ihnen dominieren in Europa die "Big Five Europe" das Geschäft: T-Systems, Siemens ISS, Atos Origin, British Telecom und Capgemini. Außer ACS, das in Deutschland kaum vertreten ist, finden sich alle Namen auch auf der Rangliste der führenden deutschen Anbieter wieder.
Unangefochtene Marktführer im deutschen IT-Service-Markt sind die drei Anbieter T-Systems, Siemens ISS (IT Solutions and Services) und IBM. Nach der Gartner-Studie "The German Professional Services Market" vom August dieses Jahres verbuchen sie zusammen 32 Prozent des Umsatzes für IT-Services. "Die ersten fünf Anbieter repräsentieren 38,5 Prozent des deutschen Markts. Das deutet auf eine hohe Konzentration am oberen Ende der Pyramide der Marktanteile hin. Im westeuropäischen Markt entfallen nur 24,5 Prozent auf die fünf führenden Anbieter", schreiben die Gartner-Analysten. Deutschland trägt 17,4 Prozent zum Umsatz mit IT-Services in Westeuropa bei.
Und auch auf der Lünendonk-Liste der führenden BITPs in Deutschland liegt das Trio T-Systems, IBM und Siemens ISS vorn, gefolgt von HP, Accenture, EDS, Capgemini und Atos Origin. Nach den aktuellen Zahlen der auf Outsourcing spezialisierten Berater und Marktforscher von Active Sourcing aus Zürich stach der deutsche Marktführer T-Systems zwischen dem dritten Quartal 2006 und dem zweiten Quartal 2008 vor allem durch die große Anzahl von Verträgen hervor. "Dagegen haben sich IBM und Siemens durch sehr
große Volumina der Deals ausgezeichnet", sagt der Active-Sourcing-Geschäftsführer Stefan Regniet.
Auch Capgemini, Computacenter und EDS konnten in diesem Zeitraum Auslagerungsverträge über mehr als zehn Millionen Euro abschließen. Sie erreichten zwar weniger Deals, erzielten aber jeweils vergleichsweise hohe Total Contract Values (TCV). Atos Origin und HP konnten dafür mehrere kleinere Deals für sich gewinnen, aber auch Fujitsu Services, Kordoba, Lufthansa Systems, TDS, Wincor und einige weitere Anbieter mischen noch mit im Segment über zehn Millionen Euro TCV.
Outsourcing und Systemintegration
Nach Berechnungen der Marktforscher von IDC betrug das Gesamtvolumen des deutschen Marktes für IT-Services im vergangenen Jahr 36 Milliarden Dollar. Mit rund 40 Prozent entfiel der mit Abstand größte Anteil auf das Outsourcing - rund 14,5 Milliarden Dollar. Das Outsouring vergrößerte seinen Anteil am gesamten ITService-Markt im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent. Für die kommenden fünf Jahre erwarten die IDCAnalysten trotz eingetrübter Konjunkturaussichten durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 5,5 Prozent. Dabei nehmen die Bereiche Outsourcing und Systemintegration, die insgesamt fast zwei Drittel des Servicemarktes ausmachen, überproportional zu.
Andere Analysten errechnen andere Zahlen. So beziffern die Marktforscher der Experton-Group den diesjährigen deutschen Outsourcing-Markt mit gut 15 Milliarden Euro und prognostizieren ein durchschnittliches jährliches Wachstum von mehr als acht Prozent für die nächsten drei Jahre. Aber Marktzahlen in diesem Bereich sind immer mit Vorsicht zu genießen. Einige führende Anbieter veröffentlichen keine gesonderten Daten für die Dienstleistungskategorien, manche internationale Unternehmen weisen überhaupt keine entsprechenden Angaben für Deutschland aus. Und eine Differenzierung nach dem Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit bleibt zwangsweise unscharf: "Die Abgrenzung zwischen den IT-Dienstleistungs-, Software- und Unternehmensberatungsmärkten wird zunehmend schwieriger", sagt Lüerßen von Lünendonk.
Während Managementberater auch IT-Know-how anböten, hätten IT-Berater unternehmensorganisatorische und strategische Themen mit im Angebot. Eine weitere Überschneidung ergebe sich dadurch, dass Standardsoftware-Unternehmen ins Integrations- und Beratungsgeschäft drängen. "Auch große IT-Beratungs- und Systemintegrations-Firmen dehnen zunehmend ihre Aktivitäten auf Outsourcing- und Application-Services-Aufträge aus“, hat Lüerßen beobachtet. Auch die Experton-Analysten verzeichnen eine zunehmende Diversifizierung: "Die derzeitige Outsourcing-Landschaft ist äußerst heterogen. Eine bisher nicht erreichte Vielfalt an Sourcing-Modellen, -Varianten und -Angeboten öffnet den Markt für eine große Zahl an neuen Marktspielern", schreiben sie in ihrer aktuellen Studie "Outtasking, Outsourcing, Utility Services - Status Quo und Trends in Deutschland 2008".
Zwischen fünf und 15 Anbietern
Die Kunden haben unterdessen dazugelernt und suchen vermehrt nach Strategien, um ihre IT-Aufgaben auf mehrere Servicedienstleister zu verteilen. "Die Anwenderunternehmen haben in den zurückliegenden Jahren vielfältige Erfahrungen mit dem Auslagern von IT-Aufgaben gemacht", hat TPI-Geschäftsführer Schäfer beobachtet. Statt eines einzigen Outsourcing-Partners sei aber häufig ein Wildwuchs entstanden, der die Integration und das Management der zugekauften Services erheblich erschwere: "Viele Unternehmen reduzieren gerade wieder die Vielzahl ihrer IT-Dienstleister, speziell im Bereich der Anwendungsentwicklung und -wartung (ADM)", erklärt der Outsourcing-Experte. "Für ein großes, weltweit tätiges Unternehmen liegt die Anzahl der IT-Dienstleister, wenn auch ADM betroffen ist, idealerweise zwischen fünf und 15, wobei zumindest ein global aufgestellter Dienstleister dabei sein sollte."
Gartner: Zwei Trends im Outsourcing |
Für unsere jährliche CIO-Studie befragen wir IT-Manager auf der ganzen Welt nach ihren Prioritäten für dieses und die kommenden Jahre. Ganzoben auf der Liste deutscher Firmen stehen in diesem Jahr die Verbesserung der Geschäftsprozesse, das Gewinnen neuer Kunden und das Thema Innovation. Zusammenfassend geht es also um die Verbesserung von IT-Prozessen und um die Förderung des Verhältnisses von Business und IT. Mit einem Blick auf die Budgetsituation stellt sich die Frage nach der Finanzierung der zusätzlichen Aufgaben: Die Mehrheit der befragten CIOs in Deutschland hat dieses Jahr nur geringfügig mehr Budget zur Verfügung oder sogar nur genauso viel wie voriges Jahr. Zur Finanzierung von Innovationsprojekten muss also Geld in der laufenden IT eingespart werden. Outsourcing lautet das Stichwort. Neben dem klassischen Outsourcing von Infrastruktur, Applikationen und Geschäftsprozessen sind es vor allem verschiedene Sourcing-Modelle, die deutsche Entscheider interessieren. Hervorzuheben sind dabei zwei Trends: |
Offshoring: Für Unternehmen in Deutschland ist Indien immer noch der beliebteste Offshore-Standort. Nach einer Anfang des Jahres durchgeführten Studie von Gartner haben nur 29 Prozent der befragten Unternehmen Offshore als potenzielle Lieferstätte kategorisch ausgeschlossen. 36 Prozent der Unternehmen sehen im Offshoring die Möglichkeit, Kosten zu senken, und nur neun Prozent der Unternehmen würden Offshore lediglich für sogenannte "Body Leasing"-Projekte in Betracht ziehen, bei denen externe Berater für einen befristeten Zeitraum an Unternehmen "ausgeliehen" werden. Der Reifegrad der Dienstleistungen aus Indien ist sehr hoch, sodass neben Kosteneinsparung die Qualität eine immer bedeutendere Rolle beim Offshoring spielt. Für neue Entscheidungen empfiehlt es sich jedoch auch immer, einen Blick auf Nearshore-Anbieter in Osteuropa und Afrika zu werfen. |
Neue Liefermodelle wie Utility Computing oder Software as a Service: Das Interesse an neuen Liefer- und Akquisitionsmodellen von IT ist hoch, besonders an Modellen, die sich durch eine hohe Standardisierung, Skalierbarkeit und Qualität auszeichnen und die per Transaktion konsumiert undabgerechnet werden. Eines der reiferen Modelle ist Utility Computing, das auch in Deutschland bereits weit verbreitet ist. Darin finden sich Themen wie Storage on Demand, Infrastructure Utility, SAP Utility und Geschäftsprozess-Utilites wieder, aber auch Desktop-Outsourcing wird immer häufiger durch ein solches Modell an den Mann gebracht. So haben Unternehmen viele Vorteile wenn sie einen Utility-Service einkaufen: hohe Qualität, hohe Flexibilität, schnelle Implementierung und ein geringes Investitionsrisiko. |