Peter Eberle, IT-Chef der Saeco Austria AG, weiß, dass CRM mit der Akzeptanz der Nutzer steht und fällt. 2001 führte die österreichische Niederlassung des Kaffeemaschinenherstellers das CRM-System iAvenue von Saragota Systems zur Steuerung seines Außendienstes ein. Alle 13 Außendienstmitarbeiter sollten das Programm als mobile Datenbasis verwenden. Das intern als KIS (Kunden-Informations-System) bezeichnete System sollte besonders die Zusammenarbeit mit den Kunden von Saeco - Elektrohändlern in Österreich - verbessern.
Das KIS war damit ein typisches Kundenmanagement-Projekt, bei dem Ängste und Ablehnung bereits vorprogrammiert waren: "Aus früheren Firmen kenne ich das", sagt IT-Manager Eberle. "Ein Außendienstler denkt sich doch: Da sitzt jetzt dann ein Buchhalter und kontrolliert, was ich den ganzen Tag mache. Und schlimmer noch: Die saugen mein Know-how aus - und wenn sie alles haben, werfen sie mich raus und suchen sich einen billigeren."
Um so eine Misstrauensstimmung erst gar nicht aufkommen zu lassen, nahm der Projektleiter in der Einführungsphase auf die Empfindlichkeiten der Verkäufer sehr viel Rücksicht. "Wir haben im ersten Step bewusst nichts eingebaut, was in Richtung Kontrolle zeigen könnte", versichert Peter Eberle. Er setzte dabei auf einen psychologischen Kniff, der für "gute Stimmung unter den Mitarbeitern" sorgen sollte. Der IT-Chef integrierte in das Entscheidungsteam zwei Opinion Leader, die bei den anderen Außendienst-Kollegen hohes Ansehen genossen. "Die Meinungsführer waren keine Super-EDV-Verwender, sondern bei ihren Kollegen gut angesehen. Einer war beispielsweise Junior-Verkäufer mit hoher sozialer Intelligenz, zielstrebig, sehr fröhlich und freundlich. Er wurde in seiner Gruppe mit fünf Mitarbeitern als derjenige wahrgenommen und angenommen, der weiß, was man tun soll", sagt Eberle.
Die Meinungsführer wurden mit hohem emotionalen Einsatz dazu motiviert, die CRM-Einführung für sich als Vorteil wahrzunehmen und dies gegenüber Kollegen auch so zu vertreten. Sie waren sehr früh, bereits in der Definitionsphase und noch vor der Ausschreibung, dabei. "Dies war wichtig für uns, denn sie wussten damit, dass nichts drin ist, was ihnen schaden könnte. Das hat den Leadern und damit den Mitarbeitern die Angst genommen, das Projekt anzunehmen."
Den Opinion Leadern wurde zunächst die Ist-Situation verdeutlicht. "Wir haben beispielsweise auf die 250 Seiten Reporting verwiesen, die wir jeden Monat umständlich verschicken und die keiner vollständig durchliest", erklärt Eberle. "Wir haben dann gefragt, wie man das verbessern könnte, und eine Lösung vorgeschlagen. Diese bestand darin, dass jeder nur das bekommt, was er braucht, und den Report-on-Demand abrufen kann." Die neun Monate, die dafür veranschlagt waren, waren keine Verschwendung. Es gab keine Widerstände bei der Einführung, keinen Druck, und die Schulung war schnell erledigt.
Die beliebtesten Mitarbeiter zuerst fragen
Nach dem Kauf des Kundenmanagement-Systems wurden die Meinungsführer gefragt, was sie genau haben wollen und welche Prioritäten gesetzt werden sollen. Im ersten Roll-out wurde dann exakt das gebaut, was die Mitarbeiter vorgeschlagen hatten. Nach einem halben Jahr war die Akzeptanz entsprechend hoch: In einer Feedback-Umfrage berichteten die Nutzer von besseren Analysemöglichkeiten und höherer Organisationskompetenz gegenüber den Kunden: "Das KIS erleichtert die Arbeit mit den Kunden auf jeden Fall", berichtete ein Außendienstmitarbeiter in der Umfrage zum CRM-System. "Wichtige Informationen sind auf Knopfdruck abrufbar. Unvorbereitete Kundentermine fallen weg, und die wichtigen Informationen wie Umsatzentwicklung oder Rückstände können jederzeit beim Kunden direkt oder in der Vorbereitung auf den Kundentermin abgerufen werden."
Allerdings wurden später Funktionen nachgepflegt, die auf weniger Akzeptanz stießen. Bei der Einführung von Besuchsberichten beispielsweise kamen Diskussionen und Kritik auf. Die lästigen Neuerungen wurden aber akzeptiert, weil der Gesamtnutzen des Systems für die Mitarbeiter hoch war. "Wir achteten auf ausgewogene Verhältnisse, auf die richtige Mischung aus Kalt und Warm", sagt Eberle. "Wenn mal ein eher weniger akzeptiertes Feature eingeführt wurde, gab es im nächsten Schritt wieder etwas Positives wie Workflows zur Erleichterung der Spesenabrechnung oder zur Promotionsorganisation. Dann waren wieder alle zufrieden."
Zufrieden waren letztlich nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch das Management. Dem Unternehmen brachte die CRM-Einführung aus Controlling-Sicht eine hohe Transparenz. "Wir konnten beispielsweise erkennen, dass Händler mit technischen Trainings deutlich weniger Reklamationen hatten als andere. Und man sieht, was Reklamationen kosten", sagt Eberle. Zudem sparte Saeco für Ad-hoc-Anfragen von Außendienstmitarbeitern zwei Angestellte ein, die anderweitig beschäftigt werden konnten.
Heute stehen die Außendienstmitarbeiter noch immer hinter dem Produkt, sind sehr motiviert und engagiert bei Neuerungen. Die einzigen Verlierer der CRM-Einführung sind für Eberle die Verkaufsleiter. "Die Verkaufsleiter haben die Tendenz, eine Firma in der Firma zu bilden. Diese Tendenz hat sich mit dem CRM-System deutlich abgeschwächt. Die Verkaufsleiterfunktion ist mit CRM transparenter geworden, sie haben durch die Demokratisierung der Daten Macht verloren."
Insgesamt schätzt Eberle das IT-Projekt dank der Integration der Mitarbeiter als großen Erfolg ein. "Bezieht man Mitarbeiter und insbesondere die Opinion Leader sehr früh ein, kann man keinen Schiffbruch erleiden. Denn wenn jemand das Gefühl hat, er arbeitet mit, dann ist das auch sein Produkt. Und über das eigene Produkt schlecht zu reden fällt sehr vielen Leuten schwer."
Klaus Manhart [redaktion@cio.de]