Sinn- und Wertefrage

Führen ohne Sinn ist sinnlos

03.02.2022 von Uwe Reusche
Wie engagiert Mitarbeiter sind, hängt stark davon ab, inwieweit sie ihr Tun als sinnvoll erfahren. Doch die Sinnhaftigkeit ihres Tuns ist für viele Mitarbeiter in der modernen Arbeitswelt oft nur noch schwer erfahrbar.
  • Unternehmen müssen sich immer wieder neu definieren
  • Menschen sehnen sich nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren
  • Fünf Thesen zur sinnstiftenden Wirkung von Führungskräften im Betriebsalltag
Auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen sollten sich Unternehmen mit dem Thema Sinn befassen, denn generationenübergreifend sehnen sich die Menschen nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren.
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Das Wort "Sinn" hat seine Wurzeln im althochdeutschen Wort "sinan", das so viel wie reisen, streben, trachten bedeutet. Doch wonach streben Menschen? Wohin wollen sie reisen? Wonach trachten sie? Studien belegen: Fast alle Menschen wollen Teil einer Gemeinschaft sein. Und wenn sie jemandem helfen, also etwas über ihren persönlichen Rahmen hinaus gehendes tun? Dann stellt sich bei ihnen ein Gefühl von Erfüllung, Zufriedenheit und Sinn ein.

Dieses Gefühl vermissen heute viele Mitarbeiter von (Groß-)Unternehmen bei ihrer Arbeit. Deshalb empfinden sie diese zunehmend als belastend. Das heißt: Statt (neue) Herausforderungen - getragen von einem positiven Eustress - beschwingt und voller Zuversicht anzugehen, bewegen sie sich in einer demotivierenden Disstress-Spirale, die auf Dauer zu einer inneren Kündigung oder einem Burnout führt. Deshalb stellt sich die Frage: Sollten sich Unternehmen und ihre Führungskräfte mit der Sinnfrage befassen, oder ist die Frage nach dem Sinn im Business-Kontext Unsinn?

Sinn ist im Betriebsalltag oft schwer erfahrbar

Vielen Unternehmen geht es heute wie den Banken. Ihr Markt wird aufgrund der Globalisierung immer härter und komplexer und ihre Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller. Also müssen sie sich immer wieder neu definieren und ihre Strategien neu justieren. Das ist eine schwierige Managementaufgabe - auch deshalb, weil oft unvorhergesehene Ereignisse die Planungen torpedieren.

Deshalb nehmen die Mitarbeiter das Managementhandeln häufig nur noch als Schlingerkurs wahr, während sie zugleich das Damoklesschwert "Ertragssteigerung und/oder Entlassung" über sich spüren. Und weil sie sich nicht selten nicht ausreichend informiert und als Person und Arbeitskraft gewertschätzt fühlen, verlieren sie den Glauben an die Sinnhaftigkeit ihres Tuns.

Top-10-Faktoren der Jobmotivation
Top 10 Faktoren der Jobmotivation
Die Studie der ManpowerGroup hat die zehn wichtigsten Faktoren der Motivation im Arbeitsalltag identifiziert.
1. Gutes Arbeitsverhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten
Der menschliche Faktor zählt: 65 Prozent der Befragten sind motivierter im Job, wenn sie mit Kollegen und Chefs gut auskommen. 2014 waren es noch 77 Prozent.
2. Flexible Arbeitszeiten
Gleitzeit oder ein Arbeitszeitkonto bleiben wichtige Motivatoren, sind allerdings auf dem Rückzug. Nur jeden zweiten Arbeitnehmer (50 Prozent) spornt flexibles Kommen und Gehen an. Im Vorjahr war dies noch bei 67 Prozent der Fall.
3. Freundschaftliches Verhältnis zu Kollegen
Für 42 Prozent der Deutschen ist es wichtig, auch nach Feierabend den Kontakt zu anderen Kollegen zu pflegen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Letztes Jahr war es 45 Prozent.
4. Kostenlose Getränke vom Arbeitgeber
Geringer Aufwand, große Wirkung: Für 33 Prozent Arbeitnehmer sind kostenlose Getränke am Arbeitsplatz motivierend für den Job – ein Prozent mehr als bei der Vorjahresbefragung.
5. Teamarbeit
33 Prozent der Arbeitnehmer haben mehr Spaß im Job, wenn sie häufig in Gruppen arbeiten. „Die Arbeitnehmer schätzen zwar den Kontakt zu ihren Kollegen – doch ständige Meetings und Arbeitsgruppen empfinden zwei Drittel eher lästig als motivierend“, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland.
6. Ansprechende Raumgestaltung
Die Büroatmosphäre hat auf ebenso wenig Befragte eine motivierende Wirkung. 32 Prozent arbeiten aus eigener Sicht produktiver, wenn die Optik im Büro stimmt. Das bedeutet drei Prozentpunkte Einbuße im Vergleich zum Vorjahr.
7. Betriebliche Gesundheitsförderung
Beratung durch den Betriebsarzt und vom Arbeitgeber bezahlte Präventionskurse sind gut für die Motivation. 31 Prozent der Mitarbeiter arbeiten befreiter, wenn sie wissen, dass ihr Unternehmen die Gesundheit der Angestellten fördert. 2014 waren es 38 Prozent.
8. Guter Kaffee
Augen auf beim Kaffeekauf: Für 28 Prozent der Mitarbeiter fördert die Qualität des Koffeingetränks die Motivation am Arbeitsplatz. Guter Kaffee rutscht damit in die Top 10 der Arbeitsmotivatoren und holt im Vergleich zu 2014 fünf Prozentpunkte auf.
9. Pflanzen im Büro
Grünpflanzen heben die Stimmung und sorgen für ein besseres Raumklima. Ein Prozent mehr als letztes Jahr, nämlich 27 Prozent der Befragten, können besser arbeiten, wenn Zimmerpflanzen im Büro stehen.
10. Motivation durch Büromöbel
Mit Investitionen in moderne Bürowelten können Arbeitgeber punkten: 25 Prozent der Arbeitnehmer lassen sich durch zeitgemäßes, ergonomisches Design motivieren – vier Prozent mehr als 2014.

Besonders ausprägt ist dieses Phänomen in Unternehmen und Branchen, in denen die Mitarbeiter, zuweilen begründet, einen Wertefall bei ihren Arbeitgebern spüren - wie zum Beispiel bei vielen Banken. Früher waren sie ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten. Entsprechend stolz waren ihre Mitarbeiter, für sie zu arbeiten. Heute hingegen stehen dieselben Unternehmen nicht selten gesellschaftlich am Pranger - zum Beispiel, weil sie vermögende Kunden systematisch beim Steuerbetrug unterstützten oder gar kriminelle Handlungen begingen, wie den Libor und Euribor zu manipulieren, und so der Allgemeinheit schadeten.

Immaterielle Werte schaffen materielle Werte

Dieser vermeintliche oder reale Werteverfall wirkt auf die Mitarbeiter zurück. Sie fragen sich zunehmend: "Was ist der Sinn meiner Arbeit? Kann er ausschließlich darin bestehen, die Umsatzrendite meines Arbeitgebers zu steigern und die Vermögen irgendwelcher, ohnehin schon gut betuchter Kapitalgeber zu mehren? Verschafft mir das auf Dauer Erfüllung und Befriedigung?" Nicht selten lautet die (unausgesprochene) Antwort: nein. Mit der Folge, dass sich die Mitarbeiter nur noch bedingt für ihren Arbeitgeber engagieren, weil sie sich nur noch eingeschränkt mit dessen Zielen und Handlungen identifizieren und hinter all ihrem Tun die nicht oder negativ beantwortete Sinnfrage steht.

Deshalb sollten sich Unternehmen intensiv mit dem Thema Sinn, sprich Werte, befassen. Denn die Antworten auf diese Fragen beeinflussen die Unternehmenskultur und somit die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter. Und diese Faktoren wirken sich wiederum auf die Produktivität und somit Rendite aus. Oder anders formuliert: Die immateriellen Werte schaffen materielle Werte - durch ihre Strahlkraft nach innen und Wirkung nach außen.

Doch können Unternehmen und ihre Führungskräfte im Betriebsalltag überhaupt sinnstiftend wirken? Fünf Thesen hierzu.

These 1: Das Streben nach Sinn ist in uns Menschen verankert

Der österreichische Psychiater Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie (griech. Logos: Sinn, Gehalt), betrachtet das Streben nach Sinn im Leben und Tun als primäre Motivationskraft der Menschen. Frankls Logotherapie basiert auf drei Annahmen.

  1. etwas Nützliches für andere Menschen oder die Gesellschaft tun,

  2. Freude an unseren zwischenmenschlichen Beziehungen haben und/oder

  3. in einem Umfeld arbeiten, welches wir als sinnstiftend erfahren.

These 2: Eine extrinsische Dauermotivation ist sinnlos

Wenn das Streben nach Sinn die primäre Motivationskraft von Menschen ist, dann bringt eine permanente Top-down-Motivation der Mitarbeiter durch ihre Führungskräfte wenig. Trotzdem ist sie in den Unternehmen gängige Praxis. Denn viele Manager haben den Glaubenssatz verinnerlicht: "Ich muss meine Mitarbeiter regelmäßig neu motivieren, damit sie die gewünschte Leistung bringen."

Eine solche extrinsische Motivation, etwas (nicht) zu tun, hilft manchen Menschen, persönliche Hürden und Herausforderungen zu meistern. Sie geht jedoch davon aus, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit grundsätzlich als Last empfinden und dass bei ihnen ein nicht behebbares Motivationsdefizit besteht, weshalb sie dauerhaft einer Motivation von außen bedürfen. Deshalb entwickeln viele Unternehmen stets neue und immer aufwändigere Anreizsysteme, deren Wirkung meist rasch verpufft. Denn solche Systeme beantworten die Sinnfrage nicht. Zielführender wäre es, sich als Führungskraft zu fragen: "Wie kann ich die intrinsische Motivation, also die Eigenmotivation der Mitarbeiter stärken?" Und hierbei spielt die Sinnfrage eine zentrale Rolle.

These 3: Führen ohne Sinn ist sinnlos

Führung im Business-Kontext muss den wirtschaftlichen Erfolg anvisieren. Wer hierbei jedoch den Mensch Mitarbeiter vergisst, vernachlässigt eine wertvolle Ressource für die Zielerreichung. Führen bedeutet stets auch, Menschen mitzunehmen und ihnen Orientierung zu geben - und zwar indem man für sie begreifbar und erfahrbar macht, welchen Beitrag sie zu einem größeren Ganzen leisten.

Laut Frankl geht es beim Sinnerleben unter anderem um vorhersagbare Erfahrungen und darum, als wie folgerichtig und bedeutungsvoll man die Welt erlebt. Was bedeutet das für den Führungsalltag? Für viele Menschen sind unvorhergesehene Erfahrungen belastend und irritierend. Speziell in Veränderungsprojekten verlieren Mitarbeiter mangels offizieller Informationen oft die Orientierung. Irritation und Unsicherheit entstehen, und die Frage taucht auf: "Was soll das Ganze?" Finden oder erhalten die Mitarbeiter hierauf keine befriedigende Antwort, sinken ihre Motivation und Arbeitsmoral.

Eine sinnstiftende Führung bezieht die Mitarbeiter ein. Sie versucht durch Information und eine frühe Diskussion, zum Beispiel über den Sinn geplanter Änderungen, den Blick der Mitarbeiter auf das große Ganze zu richten. Das heißt: Sie nennt den Mitarbeitern nicht nur die unternehmerischen Ziele wie "Wir wollen Marktführer werden" oder "… eine Umsatzrendite von 15 Prozent erzielen". Denn sie allein sind nicht sinnstiftend. Sinn entsteht erst, wenn die Mitarbeiter erkennen, inwieweit das Erreichen der Ziele den Unternehmenszweck unterstützt - also einen Beitrag zum Wohl eines größeren Ganzen leistet.

These 4: Werte können nicht gelehrt, sondern nur gelebt werden

In vielen Unternehmen definiert das Management die Unternehmenswerte. Anschließend werden diese Werte in Trainings den Mitarbeitern vermittelt. Ein solches Top-down-Verordnen von Werten funktioniert nicht. Die gemeinsamen Werte müssen in einem Prozess top-down und bottom-up - also im Gegenstromverfahren - entwickelt werden, damit sie von den Mitarbeitern getragen und gelebt werden. Und entscheidend ist dabei die Frage: "Woran erkennt unsere Umwelt, dass wir die Werte leben, und woran lassen wir uns hierbei messen?"

10 Motivationsmärchen, die sie besser nicht glauben
Alles ist möglich – Inklusive Bankrott, Burn-out und Betrug
Der faule Zauber: „Du kannst alles erreichen, wenn du nur wirklich willst“. Das ist Bullshit. Jeder von uns hat Grenzen, körperliche, mentale, intellektuelle, finanzielle... Es kann definitiv nicht jeder Astronaut, Millionär oder auch nur Frauenschwarm werden. <br> Der wahre Kern: In den meisten von uns steckt mehr, als wir denken und uns zutrauen. Vielen Menschen täten eine optimistischere Grundhaltung und mehr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten gut. Wer die Messlatte etwas höher legt und mutig handelt, erreicht mehr als jemand, der zu früh aufgibt. Insofern ist „Alles ist möglich!“ eine positive Provokation, die (typisch deutsches?) Miesmachertum und „Das haben wir noch nie so gemacht“-Lethargie infrage stellt.
Tsjakkaa! Urschrei-Therapie für Versager
Der faule Zauber: Wer Tsjakkaa schreit, wird unbesiegbar. Er spornt Sie zu großen Leistungen an, so das „Du schaffst es!“-Versprechen. Das stimmt so nicht, denn Schreien gibt allenfalls einen kurzen Kraftimpuls. Möglicherweise ist der Tsjakkaa-Schrei deswegen so beliebt, weil er als euphorisches Erlebnis, als Überlegenheitsgeste, als Aufbegehren gegen eigene Ängste empfunden werden kann. Ein solcher Schrei gibt einen kurzen Schub, man fühlt sich eine Sekunde lang unbesiegbar. Doch der Effekt verpufft, er hat keine Nachhaltigkeit. <br> Der wahre Kern: Ein Ritual vor großen Herausforderungen kann die Angst dämpfen und die Konzentration fördern.
Positiv Denken! Selbstbetrug statt Aufbruchstimmung
Der faule Zauber: "Erfolg entsteht im Kopf", so die These. Doch bei den meisten Menschen bleibt er auch dort. Wer positiv denkt, programmiert sein "Unterbewusstsein" angeblich auf Erfolg und lebt allein durch die Kraft seiner Gedanken glücklicher, erfolgreicher und gesünder. Der wahre Kern: Eine optimistische Grundhaltung hilft, Herausforderungen zu meistern. Und man kann trainieren, sich nicht von Grübeleien und negativen Gedanken überwältigen zu lassen.
Ziele setzen! Es könnte alles so einfach sein...
Der faule Zauber: „Schreiben Sie Ihre Ziele auf und profitieren Sie von der magischen Wirkung schriftlich fixierter Zielvorstellungen!“, so das kühne Versprechen. <br> Der wahre Kern: Ziele wirken tatsächlich wie ein Kompass und steuern Handlungsrichtung, - dauer und -intensität. Auch eine schriftliche Fixierung ist von Vorteil. Darüber hinaus kommt es aber vor allem darauf an, ins Handeln zu kommen. Aufschreiben allein genügt nicht!
Visualisieren! Fata Morgana der Träumer
Der faule Zauber: ...besteht in der Behauptung, eine Zielcollage entfalte eine geradezu magische Wirkung und lasse die ausgewählten Bilder quasi automatisch Wirklichkeit werden. <br> Der wahre Kern: Im Brainstorming und bei der Ideenfindung kann man gut mit Bildern arbeiten. Und: Was wir vor Augen haben oder was uns beschäftigt, lenkt unsere Aufmerksamkeit. Sich mit seinen Zielen auseinanderzusetzen schärft daher die Wahrnehmung für thematisch Passendes.
Glaub an dich! Sprüche statt Strategien
Der faule Zauber: ...entsteht, wenn banale Trostsprüche sich als echte Hilfestellung tarnen. <br> Der wahre Kern: Kurzfristig tut Trost gut, und wir alle brauchen gelegentlich Trost. Der sollte uns allerdings nicht einlullen und nicht davon abhalten, ins Handeln zu kommen.
Sei ein Teamspieler! Wer's glaubt, wird selig aber nicht erfolgreich
Der faule Zauber: ...besteht im Lobgesang auf eine nicht näher definierte „Teamfähigkeit“. Wer sich im Team versteckt und Konflikte scheut, wird es nicht weit bringen. <br> Der wahre Kern: Wer andere für sich und seine Ziele gewinnen kann, kommt leichter vorwärts. Dafür muss man aber Teams nutzen können, statt sie als bequeme Hängematte misszuverstehen.
Lauf Marathon! Unsinn des sportlichen Aktionismus
Der faule Zauber: Es wird suggeriert, (extreme) körperliche Fitness sei der Schlüssel zum Erfolg auch auf anderen Gebieten. <br> Der wahre Kern: Menschen, die gesund leben, sind im Allgemeinen leistungsfähiger.
Sei ganz du selbst! Die Lüge des Authentischseins
Der faule Zauber: ...besagt, dass man „einfach“ nur man selbst sein müsse, und alles werde sich zum Besseren wenden. Das ist im besten Fall nichtssagend, im schlimmsten Fall irreführend. „Wähle dir Rollen, die zu deinen Werten und Eigenschaften passen, und reflektiere regelmäßig, wie du diese Rollen am besten ausfüllen kannst“, wäre ein ehrlicher und angemessener Rat. Nur ist der für das simple Weltbild, das die Tsjakkaa-Propheten verkaufen, vielleicht ein wenig zu komplex. <br> Der wahre Kern: ...besteht darin, dass Menschen, die im Einklang mit ihren Werten und Bedürfnissen leben, glücklicher und potentiell auch erfolgreicher sind als Menschen, die das Gefühl haben, sich täglich verbiegen zu müssen.
Hab Spaß! Das Lächeln der Loser
Der faule Zauber: „Hab Spaß“ wird zur Erfolgsphilosophie überhöht, nach dem Motto: „Lächle in die Welt, und die Welt lächelt zurück.“ Das lädt zur Realitätsflucht ein und verhindert einen angemessenen Umgang mit Krisen. Wer die Erwartung schürt, der Job, das Leben (die Beziehung, der Sport etc.) solle immer Spaß machen, braucht vor allem eines - unbeschränkten Zugang zu Glückspillen. <br> Der wahre Kern: ... ist, dass man Erfolge feiern sollte, um Kraft für die Zukunft zu schöpfen, und dass in einem erfüllten Leben auch Platz für Freude und Genuss ist.
Quelle
Rolf Schmiel <br> Senkrechtstarter – Wie aus Frust und Niederlagen die größten Erfolge entstehen <br> Campus Verlag; Auflage: 1 (10. September 2014) <br> ISBN-10: 3593500086 <br> ISBN-13: 978-3593500089

Der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory) der beiden US-amerikanischen Psychologen Richard M. Ryan und Edward L. Deci zufolge gibt es drei menschliche Grundmotive, die zu einer intrinsischen Motivation einer Person führen, so dass diese Handlungen aus sich selbst heraus und um ihrer selbst willen ausführt.

These 5: Menschen wollen "Spuren" hinterlassen

Etwas für das größere Ganze zu tun, unterstützt, wie bereits erwähnt, die Sinnfindung. Dieses größere Ganze kann im Business-Kontext die eigene Abteilung oder Firma sein. Hierbei kann es sich aber auch um die Kunden oder die Gesellschaft handeln.

Menschen wollen mit ihrer Arbeit Spuren hinterlassen - also eine Art Vermächtnis haben. Deshalb kann im Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter die Frage "Was wollen wir als unser Vermächtnis (im Unternehmen, in der Gesellschaft) hinterlassen?" sehr zielführend sein. Denn Menschen, die wissen, was ihr Vermächtnis sein soll, erleben ihr Tun meist als sinnvoll. Ihre intrinsische Motivation ist angesprungen.

Sinnerfahrung als Führungsaufgabe

Auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen sollten sich Unternehmen mit dem Thema Sinn befassen, denn generationenübergreifend sehnen sich die Menschen nach einer Arbeit, die sie als sinnvoll erfahren - und diese Erfahrung können die Mitarbeiter, in einem von permanentem Wandel geprägten Umfeld ohne Unterstützung immer schwieriger sammeln. Deshalb wird es eine Führungsaufgabe, diese Erfahrung durch eine sinnstiftende Führung den Mitarbeitern wieder zu ermöglichen und so dass deren intrinsische Motivation steigt.

Albert Einstein sagte einmal: "Wer sein Leben als sinnlos empfindet, ist nicht nur unglücklich, sondern auch kaum lebensfähig." Wenn dieser Satz auch für soziale Systeme wie Unternehmen gilt, dann hängt ihr Überleben auch davon ab, inwieweit in ihrem Handeln eine Werte- und Sinnorientierung spürbar ist - für ihre Mitarbeiter und ihre Umwelt. Auch deshalb sollte Führung die Sinn- und Wertefrage thematisieren.