Mitarbeiter brauchen Feedback und Anerkennung, sonst fühlen sich eher ausgebrannt. Führungskräfte können das lernen, sagt Management-Beraterin Claudia Conrads.
Die Nürnberger Management-Beraterin Claudia Conrads hält schlechte Führung für einen Faktor, der bei Burnout eine erhebliche Rolle spielt. Unternehmen stehen in der Verantwortung, Chefs zu guten Chefs zu machen.
Konkret: Mitarbeiter, die zu wenig Feedback und Anerkennung erhalten, fühlen sich eher ausgebrannt. Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die keinen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Stichwort Feedback: Eben das brauchen Führungskräfte, um die eigene Qualität als Chef einschätzen zu können. Unternehmen sollten Führungskräfte daher durch die Belegschaft beurteilen lassen. Das gilt nicht nur für Top-Manager. Conrads nennt vier verschiedene Modelle:
1. Das 90-Grad-Feedback: Bei einem 90-Grad-Feedback wird der Chef von seinen Mitarbeitern beurteilt.
2. Das 180-Grad-Feedback: Hierbei kommen Bewertungen durch Kollegen des Chefs dazu.
3. Das 270-Grad-Feedback: Auch der Vorgesetzte gibt seine Bewertung ab.
4. Das 360-Grad-Feedback: Zusätzlich zu Mitarbeitern, Kollegen und dem Vorgesetzten wird eine Führungskraft von externen Partnern oder Kunden beurteilt.
"Führung kann man lernen"
Ziel ist, Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung festzustellen. Das kann beispielsweise anhand eines Fragebogens geschehen. Auf einer Skala von Eins ("trifft vollständig zu") bis fünf "trifft überhaupt nicht zu") sollen die Mitarbeiter etwa folgende Statements einordnen:
"Mein Chef gibt konstruktives Feedback",
"Mein Chef fokussiert sich bei Kritik auf die Sache, nicht die Person",
"Mein Chef ist offen für Vorschläge der Mitarbeiter" oder
"In unserer Abteilung sind wir ein gutes Team".
Weichen die Selbstwahrnehmung der Führungskraft und die Fremdwahrnehmung durch die Mitarbeiter zu stark voneinander ab, kann das Unternehmen einen Coach dazuholen. "Führung kann man lernen", sagt Conrads.
Alternative zum Coach: Der Chef bespricht sich mit seinem eigenen Vorgesetzten. Die Beraterin empfiehlt, zunächst zwei oder drei Punkte herauszugreifen, an denen der Betroffene arbeiten soll. Aufgabe seines Vorgesetzten ist dann wiederum, später nachzufragen. Veränderungen müssen nachgehalten werden, damit sie nicht verpuffen.
Die beste Möglichkeit ist allerdings die, dass der begutachtete Chef offen mit seinen Mitarbeitern über die Ergebnisse spricht. "Er kann nachfragen, wenn er etwas nicht versteht", so Conrads. Das jedoch setzt eine gute Gesprächs- und Unternehmenskultur voraus.
Bedeutung der Work-Life-Balance wird zunehmen
Die Beraterin ist sicher, dass Team- und Führungsqualitäten immer wichtiger werden - vor allem im Hinblick auf den demografischen Wandel. Nachkommende Generationen von Arbeitnehmern legen Wert auf Work-Life-Balance. "Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren", sagt Conrads. "Da ist eine gute Firmenkultur entscheidend."
Sie geht davon aus, dass die Arbeitswelt der Zukunft durch weniger Kontrolle und mehr Kooperation geprägt sein wird. Conrads: "Wir werden intelligenter zusammenarbeiten."
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