Unternehmen haben begriffen, dass Führungskräfte entscheidend sind, wenn es um die Mitarbeiterzufriedenheit geht. Erstmals wurde im ifaa-Trendbarometer Führungsmanagement als wichtigstes Thema identifiziert. Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft hat zum neunten Mal das "ifaa-Trendbarometer Arbeitswelt" erhoben. Seit 2009 befragt der Verein alle sechs Monate Führungskräfte. In der Frühjahrserhebung von Mitte März bis Ende Juni 2013 wurden 818 Personen aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft befragt. Knapp die Hälfte der Befragten stammt aus Firmen mit mehr als 499 Beschäftigten.
Dass Unternehmen handeln wollen und Führungsthemen an die Spitze der Prioritätenliste stellen, ist offenbar der Tatsache geschuldet, dass die Firmen befürchten, ihnen laufen die Talente davon. Damit aber nicht genug: "Es reicht nicht, dass Maßnahmen nur auf dem Papier stehen. Man muss sie auch umsetzen", warnt Professor Sascha Stowasser, Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft.
Überraschenderweise hat das Thema Führungsmanagement tatsächlich nur minimal in der Bedeutung zugenommen. 689 Befragte gaben an, dass sie Führungsmanagement für bedeutend oder sehr bedeutend hielten. "Allerdings ist die Bedeutung der Themen, die in der vorherigen Erhebung an der Spitze lagen, stärker gesunken", heißt es in der Studie. Das schmälert die Bedeutung des Ergebnisses aber nicht - wenn es auch umgesetzt wird. "Führung muss vorleben, was sie einfordert", sagt Stowasser. Darauf stellen sich Unternehmen nun ein.
Kleine Teams
Inzwischen haben Unternehmen erkannt, dass sie die Arbeitskultur verbessern müssen. Das schlage sich auch, so Stowasser, in der Größe der Teams nieder, für die eine Führungskraft verantwortlich sei. "Es gibt einen Trend dahingehend, dass die Führungsspannen endlich realitätsnah sind", sagt er. Ein Verhältnis, dass eine Führungskraft für 100 Mitarbeiter zuständig ist, soll es in Unternehmen nicht mehr geben. "In Firmen findet ein Umdenken statt, es gibt jetzt für den einzelnen mehr Freiräume", sagt Stowasser. Führung werde fokussiert auf die Kernthemen: Wertschätzung und gemeinsam Lösungen finden, so der Wirtschaftswissenschaftler.
Dass die Unternehmen die Mitarbeiterzufriedenheit immer wichtiger nehmen, das zeigen auch die hohen Platzierungen der Aspekte ergonomische Arbeitsgestaltung, demografische Entwicklung, betriebliches Gesundheitsmanagement und Arbeits- und Gesundheitsschutz. "Diese Themen werden aller Voraussicht nach auch weiterhin ein großes Gewicht in der betrieblichen Themenvielfalt haben", so die Studie.
Firmen sensibilisiert für ältere Mitarbeiter
Die Konzentration auf die Arbeitnehmer hat einen einfachen Grund: Mitarbeiter werden immer älter. "In einigen Jahren muss eine wesentlich ältere Belegschaft die gleiche Arbeitsleistung erbringen wie heute eine deutlich jüngere", erklärt Stowasser die Tatsache, dass Firmen dem betrieblichen Gesundheitsmanagement und dem demografischen Wandel eine solche Bedeutung beimessen. "Firmen sind dafür sensibilisiert, dass sie es schaffen müssen, ältere Mitarbeiter möglichst lange fit zu halten", sagt der ifaa-Direktor. Gleichzeitig dürfen sie schon jetzt die Mitarbeiter nicht verheizen. "Deshalb hat dieses Thema seit 2009 den größten Zuwachs unter den Themen, die Firmen wichtig sind."
Zudem messen Unternehmen der arbeitsbezogenen psychischen Belastung eine höhere Bedeutung zu: Die Sorge um die psychische Gesundheit der Mitarbeiter landete auf der Wichtigkeitsskala auf Platz sechs.
Unterschiede nach Unternehmensgrößen
Kleine Firmen schätzen das Thema Arbeitszufriedenheit wichtiger ein als Großkonzerne. Umgekehrt gilt, dass sich größere Firmen eher um betriebliches Gesundheitsmanagement kümmern als kleinere. Verwunderlich sei das nicht, so die Studie: Großunternehmen haben mehr Budget, um sich um die Gesundheit der Mitarbeiter zu kümmern.
Verbesserte Prozesse
Das zweitwichtigste Thema ist für Unternehmen laut Umfrage die Prozessorganisation, das sich lange an der Spitze des Trendbarometers befunden hatte. "Dass das Thema so weit oben ist, ist der Wirtschaftskrise geschuldet", sagt Stowasser. Nach 2008 mussten sich viele Firmen reorganisieren. Zwar sei die Bedeutung der Prozessorganisation rückläufig - schließlich haben viele Firmen schon starke Fortschritte gemacht, Strukturen zu verschlanken - , aber das Thema ist immer noch sehr interessant für Firmen.
Vergütung weniger interessiert
Am wenigsten wichtig war den Befragten das Thema "Einsatz von Werkverträgen". Die Studienautoren gehen davon aus, dass kleinere Firmen mit dem Begriff nichts anfangen können. Werkverträge sind also allenfalls für größere Unternehmen interessant. Aber auch die messen dem Thema keine große Bedeutung bei. "Dieses Thema ist eher medial aufbereitet worden, als dass es die Belegschaft wirklich interessiert", meint Stowasser. "Tatsächlich gibt es in sehr vielen Firmen immer noch sehr viele Festangestellte."
Auch das Thema Vergütung scheint derzeit in deutschen Firmen nicht für große Diskussionen zu sorgen. "Die Unternehmen haben das Thema im Griff", meint Stowasser und verweist auf die letzten Verhandlungsrunden mit den Gewerkschaften. "Die Bedeutung von Entlohnung ist immer da, aber das wird jeden Tag bearbeitet", meint Stowasser.
Eher überraschend findet der ifaa-Direktor, dass die verschiedenen Arbeitszeitmodelle noch so weit unten in der Priorität der Unternehmen sind. "Die Modelle werden kommen, aber sie sind in vielen Firmen noch nicht angekommen", sagt Stowasser. Variable Teilzeitmodelle würden ein großes Thema werden, sodass Arbeiten deutlich flexibler wird und den Bedürfnissen der Mitarbeiter angepasst. Noch haben das viele Firmen nicht auf der Agenda, aber Stowasser ist sich sicher: "In zehn Jahren werden wir ganz andere Arbeitszeitmodelle haben als heute."