Bei der Einführung neuer Arbeitsformen oder auch bei Themen wie der Frauenförderung liegt noch einiges im Argen. Das über Jahrzehnte gelernte Verhalten erweise sich als "zäh und langlebig" - zu dieser Erkenntnis kommen Jutta Rump und Klaus Breitschopf in ihrem aktuellen HR-Report, der auf Angaben von 665 Entscheidern in Deutschland, Österreich und der Schweiz beruht. Rump ist Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) der Hochschule Ludwigshafen, Breitschopf ist Vorstandschef der Hays AG.
Ihre Hauptaufgabe sehen die befragten Führungskräfte laut Studie im Etablieren einer Feedback-Kultur. Ferner nennen sie die Motivation der Beschäftigten und das Aufzeigen von deren Entwicklungsmöglichkeiten als wichtige Aufgaben. Zentrales HR-Thema ist in den Augen der Befragten, Führung zu priorisieren und Mitarbeiter zu binden. Arbeitsstrukturen zu flexibilisieren steht mit 27 Prozent der Stimmen auf Platz sieben, neue Vergütungsmodelle einzuführen mit zehn Prozent auf Rang zehn.
Keine Zeit zu führen
Die Befragten üben sich durchaus in Selbstkritik. Das zeigt ein Soll-Ist-Vergleich der wichtigsten Herausforderungen. So sehen 72 Prozent das Managen von Veränderungsprozessen als besonders wichtig an, aber deutlich weniger - 53 Prozent nämlich - glauben, dies auch umzusetzen. Als zweitgrößte Herausforderung verstehen 52 Prozent den Umgang mit der steigenden Komplexität im Führungsbereich, nicht einmal die Hälfte sieht sich hier am Ziel. Auch bei Aufgaben wie "Wahrnehmen einer Vorbildfunktion" oder "Wahren der Glaubwürdigkeit" klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander.
Welche Hindernisse stehen guter Personalführung im Weg? Fast acht von zehn Studienteilnehmern sagen, sie hätten zu wenig Zeit dafür. Mehr als jedem zweiten fällt es schwer, die Mitarbeiter "loszulassen", neutraler formuliert: die eigene Kontrollfunktion zu reduzieren und mehr Eigenverantwortung zu gewähren. Fast jeder zweite Chef findet es schwierig, von Anwesenheits- auf Ergebnisorientierung zu wechseln. Immerhin 33 Prozent klagen über zu wenig Unterstützung durch die Firmenleitung. Weitere 15 Prozent räumen fehlende Akzeptanz auf Seiten der Mitarbeiter ein.
Hays und das IBE wollten auch wissen, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung in den Unternehmen auswirkt. Die Mehrheit berichtet von immer komplexeren Aufgaben, schnelleren Abläufen und steigenden Kundenansprüchen.
Auch bezüglich der Mitarbeiterbindung üben sich die Befragten in Selbstkritik. Fast jeder spricht sich für eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima aus. Dass das bei ihnen umgesetzt sei, sagen aber nur 53 Prozent. Zusätzlich betonen zwei Drittel der Befragten, wie wichtig Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituation sind. Der selbst attestierte Umsetzungsgrad erreicht jedoch nur 46 Prozent.
Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituation: Hays und das IBE raten, "endlich" die Frauenförderung anzugehen. Unternehmen sollten zum einen "ihre kulturellen und mentalen Blockaden auflösen". Zum anderen "bedarf es konzertierter Aktionen mit privaten und öffentlichen Partnern vor Ort, um ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Angebot für die Kinderbetreuung zu etablieren".