IT-Dienstleister-Markt

Generalisten versus IT-Spezialisten

09.12.2009 von Mario Zillmann
Sogenannte Gesamtdienstleister bieten eine Mischung aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, IT-Outsourcing (ITO) und Business Process Outsourcing (BPO). Sie treten gegen spezialisierte IT-Dienstleister an.
Mario Zillmann ist Consultant bei der Lünendonk GmbH.

Technologische Produktlebenszyklen werden immer kürzer. Der Druck auf Unternehmen steigt, sich durch technologische Neuerungen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dies führt dazu, dass Produktentwicklungsprozesse und -ressourcen stärker beansprucht werden und mit den zur Verfügung stehenden internen Ressourcen häufig nicht zu bewältigen sind. Aber auch die Umsetzung technologischer Entwicklungen in der IT, wie die Automatisierung von Geschäftsprozessen, SOA oder Business Intelligence, können viele Kunden mit ihren eigenen Ressourcen nicht stemmen. So sind sie auf externe Kapazitäten angewiesen.

Lünendonk-Studie 2009
Gesamtdienstleistung - eine Chance für den Standort Deutschland.
Die bevorzugten Anbieter der Kunden bei der Auftragsvergabe.
IT-Dienstleister-Markt
Der prozentuale Anteil von Gesamtdienstleistern am Dienstleistungsbudget für externe Dienstleister.
IT-Dienstleister-Markt
Die für 2009/2010 geplanten Projekte.
IT-Dienstleister-Markt
Die für 2009/2010 geplanten Projekten und deren angestrebte Ziele.

Sie setzen daher immer häufiger auf sogenannte Gesamtdienstleister, die einen Mix aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, IT-Outsourcing (ITO) und Business Process Outsourcing (BPO) anbieten und entsprechendes Fachpersonal und Spezialwissen liefern können. Die Lünendonk hat diese Anbieter als Business Innovation/Transformation Partner, kurz BITP, kategorisiert, weil sie zum einen unternehmerische Mitverantwortung durch die Neuausrichtung und Übernahme ganzer Geschäftsprozessen tragen und zum anderen neue Technologien in die Kundenunternehmen transformieren.

Lünendonk beobachtet seit über einem halben Jahrzehnt dieses Anbieterspektrum sowie die Nachfrage nach Gesamtdienstleistungen und veröffentlicht jährlich die Lünendonk-Liste "Führende Business-Innovation/Transformation Partner in Deutschland".

Um den Bedarf großer Anwendungsunternehmen in Deutschland zu untersuchen, hat Lünendonk im Frühjahr und Sommer 2009 eine umfassende Befragung von 131 Top-Managern, die für den Einkauf von Gesamtdienstleistungen verantwortlich sind, durchgeführt und damit die aktuelle Kundenperspektive untersucht. Dabei wurden neben den grundsätzlichen Kriterien für den Einkauf von Gesamtdienstleistungen auch die kurzfristig geplanten Projekte der Kunden erhoben und analysiert.

Etwa zwei Drittel der befragten Unternehmen erwirtschaften einen Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro, 20 Prozent von ihnen sogar über zehn Milliarden Euro pro Jahr. Ein Kernthema der Studie war die Analyse, welche Projekte die Unternehmen in 2009/2010 initiieren, um auf das aktuelle Wettbewerbsumfeld zu reagieren.

BITP-Gesamtdienstleister, deren Service-Portfolio sich an der Wertschöpfungskette von Beratungs- und IT-Services orientiert, können den veränderten Anforderung der Kunden an ihre Dienstleister gerecht werden, komplexe und große Projekte zu managen. Insbesondere in Projekten, in denen sowohl Beratungskompetenz als auch Umsetzung der Beratungskonzepte in IT-gestützte Geschäftsprozesse erforderlich sind, fordern Kunden von ihren Dienstleistern gebündelte Kompetenzen in Managementberatung, Technologieberatung, IT-Beratung und Systemintegration.

Gesamtdienstleister bieten dieses breite Spektrum und können daher gegenüber Einzel- und Nischenanbietern Vorteile erzielen. Darüber hinaus halten sie qualifiziertes Fachpersonal vor, um Strategiekonzepte durch Transformation in die Organisation zu realisieren und bei Bedarf die komplette IT-Infrastruktur in Eigenverantwortung zu betreiben. Sie agieren als langfristiger Partner ihrer Kunden und sorgen dafür, dass sich Kunden zum einen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und zum anderen flexibel auf Änderungen im Wettbewerbsumfeld reagieren können.

Verantwortung in einer Hand

Die Entscheidung der Kundenunternehmen, die komplette IT-Landschaft oder die Verantwortung für ganze Geschäftsprozesse zunehmend häufiger in die Hand von Gesamtdienstleister zu legen, belegt, wie sehr diese Service-Provider inzwischen im Wettbewerb zu klassischen Einzel- und Spezialanbietern punkten. Für das BITP-Konzept spricht, dass sich seitens der Kunden im Rahmen eines strategischen Provider-Managements ein gewisser Trend zur Bündelung von einzelnen Aufträgen zu großvolumigen Auftragspaketen abzeichnet.

Das heißt, vormals einzeln an mehrere Einzelanbieter vergebene Aufträge, wie beispielsweise Geschäftsprozessberatung, Konzeption einer Systemumgebung und anschließende Systemintegration, werden immer öfter zu Gesamtpaketen zusammengefasst, für die einer oder wenige Dienstleister beauftragt werden.

Dieses Vorgehen reduziert für Projektleiter auch die Komplexität in der Steuerung zu vieler externer Dienstleister und ermöglicht die Konzentration auf wesentliche Aufgaben. Ein solches Vorgehen ist nur möglich, da einige große IT-Beratungsunternehmen in den vergangenen Jahren sukzessive ihr Portfolio erweitert und Managementberatungs- und Prozessberatungskompetenz aufgebaut haben, das sie nun für komplexe Projekte ihrer Kunden gebündelt einsetzen können.

Die Ergebnisse der Lünendonk-Studie „Gesamtdienstleistungen - Eine Chance für den Standort Deutschland“ bestätigen den Trend zur Vergabe von Aufträgen an Gesamtdienstleister. Während etwa 28 Prozent der befragten Unternehmen einen Einzel-/ und Nischenanbieter bei der Auftragsvergabe bevorzugen, entscheiden sich knapp 36 Prozent eher für einen Gesamtdienstleister. Weitere 36 Prozent der Befragten haben keine Präferenzen hinsichtlich der bevorzugten Anbietertypologie.

Ein Blick auf die für 2009/2010 geplanten Projekte der Kundenunternehmen deutet auf eine weitere Zunahme der Vergabe von Aufträgen an Gesamtdienstleister hin. So sind die Themen "Konsolidierung der IT-Infrastruktur" und "Digitalisierung der Prozesse" die derzeit wichtigsten geplanten Projekte für 2009/2010. In diesem Kontext stehen Projekte wie SAP-Konsolidierung, Business Process Outsourcing oder Automatisierung des Prozess-Workflows ganz oben auf der Agenda der Unternehmen.

Projekte mit mehreren IT-Dienstleistern

Knapp die Hälfte aller von Lünendonk befragten Manager beabsichtigen, in diesen Projekten mit einem oder mehreren Gesamtdienstleister zusammenzuarbeiten. Dies wird den Anteil von Gesamtdienstleistern am Budget für externe Dienstleister um etwa 17 Prozent erhöhen, wie in den Gesprächen im Rahmen der Lünendonk-Studie deutlich wurde.

Die befragten Manager gaben an, die Budgets für Gesamtdienstleistungen von 28 Prozent in 2008 auf 33 Prozent in 2009 anzuheben. Dies unterstreicht die hohe Akzeptanz des BITP-Konzepts bei Führungskräften und das Vertrauen der Kunden in Gesamtdienstleister, schnelle und nachhaltige Kosteneinsparungen sowie Geschäftsprozessoptimierungen zu planen und umzusetzen.

In Anbetracht der derzeitigen Akzeptanz in der Wirtschaft für Gesamtdienstleistungen überrascht dies nicht. 60 Prozent der befragten Manager finden das BITP-Konzept – bezogen auf ihr Unternehmen – "sehr gut" beziehungsweise "gut". Im Vergleich zu den vergangenen Untersuchungen in den letzten fünf Jahren stellen diese Werte eine deutliche Steigerung dar. Tendenziell kann dies auch dazu führen, dass sich immer mehr Einzelanbieter breiter aufstellen und stärker in weitere Kompetenzen und Ressourcen in Beratung investieren.

IT-Gesamtdienstleister Konsens

Was die mittelfristige Zukunft des BITP-Konzeptes angeht, herrscht angesichts steigender Budgets für Gesamtdienstleister Konsens. Gesprächen im Rahmen der Lünendonk-Studie zufolge erwarten 75 Prozent, dass sich das Service-Konzept am Markt durchsetzen wird. Dabei erhoffen sich Kunden von Gesamtdienstleistern schnelle und umsetzbare Problemlösungen für nachhaltige Kostenreduzierungen sowie einen Zugriff auf die fachlichen Ressourcen ihrer Dienstleister im Rahmen eines "one-stop-shopping".

Mario Zillmann ist Consultant bei der Lünendonk GmbH