Ohne IT fehlte dann doch etwas. Seit Ende August 2007 arbeitet Gerhard Barth als Geschäftsbereichsleiter IT und CRM beim Düsseldorfer Telekommunikationsdienstleister Versatel. Allerdings ist der frühere IT-Vorstand der Dresdner Bank dort als Manager auf Zeit beschäftigt.
Zuvor leitete Barth als Partner und Geschäftsführer die Societät für Unternehmensplanung (SUP). Doch das geschah eher zufällig als geplant. Sein Vorgänger als Geschäftsführer hatte ihn gefragt, ob er die Leitung übernehmen wolle. Doch das Leben beim Frankfurter Personalberater gefiel ihm nach gut drei Jahren nicht mehr so richtig. "Ich wollte lieber wieder einer operativen Tätigkeit nachgehen", begründet Barth seinen Ausstieg.
Allerdings wollte er nicht wieder in eine Festanstellung wie bei der Dresdner Bank wechseln. Dort verantwortete er von Oktober 2000 bis 2002 im Vorstand die IT sowie die Geschäftsbereiche Dresdner Global IT Services und Transaction-Banking.
Im April 2007 wechselte der 58-Jährige als Associated Partner zur Personalberatungsgesellschaft Boyden Interim Management. Das Unternehmen mit Hauptsitz in den USA verfügt in Deutschland über Büros in München und Bad Homburg, international gehören mehr als 71 Büros in 41 Ländern dazu.
Vier Tage die Woche pendeln
Mit seinen neuen Aufgaben bei Versatel kehrt der Informatiker und Mathematiker zu seinen beruflichen Wurzeln zurück: Seine Karriere startete er im akademischen Bereich, und noch heute ist er Honorarprofessor für Informationstechnologie an der Universität Karlsruhe. Allerdings ließ es die Arbeit in den vergangenen zwei Jahren nicht zu, Vorlesungen zu halten, räumt Barth ein
Jetzt pendelt Barth im Schnitt vier Tage pro Woche zwischen der Düsseldorfer Versatel-Zentrale und dem Regionalzentrum Nord in Flensburg. Denn zu seinen Aufgaben als Partner gehört es nicht nur, neue Manager ins Netzwerk zu holen und Mandate zu akquirieren, sondern auch Mandate zu übernehmen. So wie er es bei Versatel im Sommer gemacht hat.
Versatel bietet Sprach-, Internet- und Datendienste für Privat- und Geschäftskunden auf dem deutschen Markt an. Im Geschäftsjahr 2006 erzielte das seit April 2007 an der Börse gehandelte Unternehmen einen Umsatz von über 666 Millionen Euro. An 14 Standorten arbeiten rund 1.400 Mitarbeiter. Die heutige Aktiengesellschaft entstand 2005 aus dem Zusammenschluss der Vorgängerunternehmen Versatel West-Deutschland und der Tropolys-Gruppe.
In diesem Zusammenschluss liegt auch die Herausforderung für die IT. Denn Versatel besteht nun aus insgesamt rund 20 im Laufe der Zeit erworbenen Stadtnetzwerkbetreibern, in denen noch viele Eigenentwicklungen laufen. Alle Bereiche gilt es zu standardisieren, insbesondere die Bereiche Kundenbindungs-Management (CRM)-, Billing- und Accounting-Systeme sowie Data Warehousing.
Den letztgenannten Punkt erachtet Barth als den spannendsten. "Bei CRM-, Billing- und Accounting-Systemen gibt es schon viele Standards. Darüber können sich Telekommunikationsanbieter nicht mehr großartig differenzieren", sagt Barth. "Dagegen liegt noch ein sehr großes Differenzierungspotenzial in der Analyse und Auswertung der riesigen Massen von Kundendaten."
Erfahrung schafft Akzeptanz
So definiert er zurzeit eine neue IT-Architektur, die er auch noch einführen und umsetzen wird. Aber dann ist seine Mission als Interims-Manager voraussichtlich auch wieder beendet, und er wird das Unternehmen wieder verlassen.
Als er als Interims-Manager bei Versatel anfing, erlebte er seine Aufnahme durch die Mitarbeiter als sehr offen. Neid auf ihn, weil er jemandem anderen einen Posten weggenommen habe, habe es auch nicht gegeben. "Der Vorteil von Interims-Managern liegt vor allem in ihrer langen Berufserfahrung. Das schafft Akzeptanz", erklärt Barth. Auch würden die Mitarbeiter den meisten Managern auf Zeit nur selten Karriereabsichten unterstellen. Hinzu kommen für ihn drei Kerntugenden, die eine erfolgreiche Arbeit ermöglichen: zuhören, nachdenken und erst dann handeln. Aktionismus führe dagegen selten zum Ziel.
Andererseits spielt der Interims-Manager auch nicht die Rolle des Sündenbocks, wie es manchmal Beratern passiert. Denn im Gegensatz zu Beratern ist Barth mit allen Rechten und Pflichten eines angestellten Managers ausgestattet: Er entscheidet über Investitionen, verantwortet sein Handeln und berichtet an den Vorstand.
Aber nein, in den Vorstand eines großen Unternehmens möchte er nicht mehr zurück. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass in großen Organisationen die Mitarbeiter die Entscheidungen des Vorstands ausbremsen könnten. Das möchte er nicht unbedingt noch einmal erleben.