Die Wirtschaftskrise traf weltweit am härtesten die Fertigungsindustrie. Betroffen waren im Jahr 2009 insbesondere die Segmente Automobil, Maschinenbau, Chemie und Metall, während sich Pharma, Lebensmittel, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung als robuster erwiesen.
Für 2010 geht PAC davon aus, dass sich die Fertigungsunternehmen ganz klar auf kurzfristige Einsparungen durch IT-Konsolidierung und Standardisierung von Vermögenswerten und Verträgen, vor allem Outsourcing-Verträgen konzentrieren. Davon profitiert natürlich der Outsourcing-Markt, trotz des Preisdrucks auf bestehenden Outsourcing-Verträgen. Allerdings erwartet PAC einen "Push" für den Outsourcing-Markt erst ab 2011, da Entscheidungen für Outsourcing zwar durchaus bereits getroffen wurden, jedoch aufgrund längerer Verhandlungen erst ab 2011 vertragswirksam werden.
Für 2010 sehen wir für die zweite Jahreshälfte bereits "Licht am Ende des Tunnels" für IT-Anbieter, wobei IT-Investitionen noch stark von der individuellen Situation der einzelnen Fertigungsunternehmen sowie von den Subbranchen abhängen. Positive Wachstumsraten erwarten wir für das Projektgeschäft insgesamt jedoch erst wieder für das Jahr 2011.
Der Markt für Anwendungssoftware war in der Fertigungsindustrie ebenfalls stark von der Krise betroffen, da viele Upgrade-Projekte gestoppt oder verschoben wurden. Langfristig geht PAC jedoch davon aus, dass der Trend zur Standardisierung und die Ablösung zahlreicher Alt-Applikationen (z.B. im mittelständisch geprägten Maschinen- und Anlagenbau) wieder Wachstum verzeichnen wird. Positive Wachstumsraten erwarten wir für 2010 bereits in der pharmazeutischen Industrie und in Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung.
Neben kurzfristigen Einsparzielen in der IT durch Konsolidierung und Standardisierung aber auch durch Outsourcing sieht PAC jedoch auch die Notwendigkeit, durch Investitionen in IT die Effizienz von Prozessen in der Fertigungsindustrie weiter zu erhöhen. Das wird einen längerfristigen Beitrag zur Kostensenkung liefern. Insbesondere in den Bereichen Produktentwicklung, Produktion und Vertrieb liegen noch Potenziale für Effizienzsteigerungen brach.
PLM und Collaboration über Grenzen hinaus
So sehen wir in der Produktentwicklung großes Potenzial, eine Zusammenarbeit über gesicherte Plattformen zwischen geografisch verteilten Entwicklungsingenieuren und mit externen Entwicklungspartnern zu optimieren. Dafür biete sich beispielsweise die Implementierung von unternehmensweiten Product-Data-Management-Systemen (PDM) oder Product-Lifecycle-Management-Lösungen (PLM) an.
Des Weiteren spielt auch der zunehmende Anteil von Embedded Software zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau oder der steigende Anteil von elektronischen Komponenten wie in der Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Auch diese Komponenten müssen im Rahmen der Produktentwicklung "gemanaged" und in die PDM-/PLM-Systeme integriert werden.
Auch in der Prozessindustrie (wie Chemie und Pharma) wird die Optimierung der Produktentwicklung eine große Rolle spielen. Insbesondere wenn es wiederum um die Zusammenarbeit mit externen Entwicklungspartnern geht: So sieht PAC beispielsweise großes Potenzial für Pharmaunternehmen, die Entwicklungszeiten für neue Arzneimittel zu reduzieren, indem sie die Zusammenarbeit mit Biotech-Unternehmen, Forschungsinstituten und Krankenhäusern weiter verbessern.
Neben der Implementierung von Collaboration-Lösungen in der Produktentwicklung (zum Beispiel PLM) nimmt aber auch die Integration der zahlreichen isolierten Laborinformationssysteme ebenso an Bedeutung zu wie die bessere Integration der Systeme mit den Zulassungsbehören, um die Produktentwicklung weiter zu optimieren und zu beschleunigen.
Die Möglichkeiten, die IT heute hat, die Produktion in Fertigungsunternehmen effizienter zu gestalten, sind natürlich vielfältig und in den verschiedenen Subbranchen unterschiedlich weit verbreitet. PAC sieht jedoch insbesondere Bedarf, die Transparenz und Flexibilität auf Produktionsebene weiter zu erhöhen. So sind im Maschinen- und Anlagenbau Manufacturing-Execution-Systeme (MES) noch nicht in dem Ausmaß verbreitet wie in der Automobilindustrie.
Darüber hinaus sehen wir auch weiterhin großes Potenzial, die Lieferkette für Zulieferkomponenten in der gesamten Fertigung weiter zu optimieren, insbesondere aufgrund der Transformation der klassischen "Supply Chain" zu einem immer komplexer werdenden globalen "Supply Network". Supply-Chain-Management-Lösungen (SCM) werden daher weiter an Bedeutung gewinnen.
After-Sales wird immer wichtiger
Im Vertrieb von Fertigungsunternehmen wird der "After-Sales-Markt" immer wichtiger. Dies liegt daran, dass durch den gezielten und pro-aktiven Verkauf von zusätzlichen Produkten und Dienstleistungen (wie etwa Ersatzteile oder Wartungs- und Reparaturdienstleistungen) nicht nur der Umsatz gesteigert werden kann, sondern auch noch die Margen, die im "after-Sales-Markt" teilweise deutlich höher sind als im Primärmarkt.
Im "After-Sales-Markt" sehen wir großes Potenzial bei der Optimierung sämtlicher Prozesse: vom Vertrieb über die Logistik im Ersatzteilgeschäft bis zur eigentlichen Service-Erbringung. Lösungen, die hier an Bedeutung gewinnen werden, sind Customer-Relationship-Mangement- (CRM) und Business-Intelligence-Lösungen (BI), um zusätzliches Umsatzpotenzial zu identifizieren und Kunden zu adressieren.
Immer wichtiger werden darüber hinaus Lösungen, die Fertigungsunternehmen dabei unterstützen, ihre Service- und Support-Prozesse effizienter zu gestalten, wie beispielsweise:
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Anbindung der mobilen Außendienstmitarbeiter an die Unternehmensanwendungen
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Implementierung von Remote-Diagnostic-Lösungen
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Einführung von Document-Management-Solutions (DMS), um u.a. unternehmensweit einheitliche Service-Anweisungen und Ersatzteilinformationen zu verteilen
PACs Studie "Manufacturing Industry Germany 2010" bietet einen Überblick über die wichtigsten Markttreiber und risiken für IT-Anbieter in der deutschen Fertigungsindustrie.
Stefanie Naujoks ist Analystin bei Pierre Audoin Consultants (PAC) und zuständig für die Manufacturing-Branche.