IT-Manager wetten

Hierhin wandern die Märkte

04.02.2014 von Bernd Kuntz
Bernd Kuntze, CIO von Haas Food Equipment, wettet, dass in zehn Jahren China an der Spitze der weltweiten Wirtschaft stehen wird, Indien sich im Vergleich zu heute verdoppelt hat und sowohl Russland als auch Brasilien zu Deutschland aufgeschlossen haben werden (Maßzahl ist das BNP, Einkaufskraftparität).
Bernd Kuntze ist CIO von Haas Food Equipment
Foto: Haas Food Equipment GmbH

Ein Report von McKinsey sagt voraus, dass 2025 mit Konsumgütern die ungeheure Summe von 30 Billionen US-Dollar in aufstrebenden Märkten erzielt wird. Dazu gehören natürlich nicht nur die BRIC-Länder, sondern auch "MIST" (Mexiko, Indonesien, Südkorea, die Türkei) und der Rest von Lateinamerika sowie Afrika. Allein aber der Paradigmenwechsel durch die Verschiebung zwischen den etablierten und den aufstrebenden Ländern ist eine nähere Betrachtung wert.

Nehmen Sie Foshan, Porto Alegre und Sorat - Städte, die viele Manager kaum kennen, obwohl jede von ihnen mehr als vier Millionen Einwohner und eine schnell wachsende Konsumentenschicht hat. Jede von ihnen wird zum globalen Wirtschaftswachstum mehr beitragen als Madrid oder Mailand.

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China hat schon rund 150 Städte mit mehr als einer Million Einwohner.

Die Hauptaussage meiner Zukunftswette ist, dass die stetig steigende Konsumentenschicht vor allem in den aufstrebenden Ländern ihre Ausgaben in den nächsten 15 Jahren fast verdreifachen wird. Wie sind die Entwicklungen in den einzelnen Ländern?

Brasilien

hat einen ungemeinen Aufschwung erlebt und spielt mittlerweile in der Weltliga. Nach einer kurzen und heftigen Krise 2008 hat sich das Land schnell erholt, sodass die Regierung gegen eine Überhitzung des Marktes vorgehen musste. Das Land hat in den vergangenen Jahrzehnten viele notwendige Reformen und Modernisierungen begonnen und ist nun daran, weitere Schritte zu setzen. Vor allem die teilweise noch immer sehr marode Infrastruktur muss dringend verbessert werden. Wer schon einmal in Brasilien längere Zeit auf einer Nationalstraße (= Autobahn) gefahren ist, weiß, was ich meine.

Das Wachstum ist allerdings fast zum Stillstand gekommen, während die Inflation nach wie vor recht hoch ist (sechs Prozent). Der private Konsum lässt sich aufgrund schon sehr hoher Verschuldung kaum mehr ankurbeln. Umfangreiche Infrastrukturprojekte sollen dem Land zu Arbeit und rechtzeitig zur Fußball-WM 2014 und zu den Olympischen Spielen 2016 zu Verbesserungen verhelfen.

Brasilien hat in den letzten Jahrzehnten einen deutlichen Rückgang der Geburtenrate hinnehmen müssen. Immer mehr Frauen werden berufstätig und wollen nicht mehr ausschließlich Kinder aufziehen. Das geflügelte Wort heißt nun "A fábrica está fechada" (= "Die Fabrik ist geschlossen"). Im Prinzip steuert Brasilien auf eine Altersstruktur zu wie Europa.

Bürokratische Hürden wie die ausufernden und immer schneller novellierten Gesetze, die in den 27 Bundesstaaten oft ganz unterschiedlich ausgelegt werden, ein hochkomplexes Reporting-Wesen in den Bereichen Legal, Tax und Finance oder auch eine elektronische Meldepflicht bei jeder Warenbewegung außerhalb des eigenen Firmengrundstückes machen uns Europäern das tägliche Business schwer. Obendrein spielt sich das meiste Geschäft ohnehin im Dreieck Sao Paulo, Rio de Janeiro und Curitiba ab.

Beim Bearbeiten der Regionen muss man immer an das Clustern denken. Viele Firmen machen zum Beispiel in Brasilien den Fehler, von der Region Sao Paulo auf den komplett anderen Nordosten zu schließen, nur um dann zu erkennen, dass sich die Erkenntnisse nicht übertragen lassen. Um die Wachstumsmöglichkeiten zu identifizieren, ist ein genaues Verständnis regionaler Unterschiede nötig.

Eines der größten Probleme des Landes ist auch das nach wie vor schlechte Englisch der meisten Einwohner, sogar der gebildeteren. Ich habe mit vielen Absolventen einer "Universidade" (in etwa vergleichbar mit unserem Bachelor) gesprochen, und es gibt darunter viele, die Englisch zwar lesen, aber kaum sprechen können. Das limitiert die Kommunikation im internationalen Wirtschaftsleben ungemein. Fließendes Englisch, wie wir es gewohnt sind, ist selten zu finden.

IT in Brasilien ist immer noch ein Spießrutenlauf. Das Land erschwert durch eine rigorose Zollpolitik auf Hochtechnologie die Modernisierung. Wenn Sie jemals versucht haben, ein exakt spezifiziertes Server- oder PC-Modell zu erhalten, eine Hardware, die Sie als Konzernvorgabe installieren sollen, lokal zu kaufen, oder Support-Verträge für Spezial-Equipment zu erhalten, dann verstehen Sie mich. Selbst zu importieren ist zu mühsam und zu teuer.

Ein ERP-System deutscher Prägung zu implementieren bedeutet, Lokalisierungen in großem Umfang zuzulassen, sinnvollerweise mindestens zwei Systeme für das vorgeschriebene Reporting zu installieren (und mit Interfaces zu versehen!) und sich sehr gut zu überlegen, ob man den Support selbst machen oder mit einer lokalen Firma aufsetzen will.

Schlüssel zur Entwicklung in Brasilien

Diese Beschränkungen müssten dringend aufgehoben werden, damit Brasilien einen uneingeschränkten Zugang zu IT-Technologie erhält.

Ein Schlüssel zur Entwicklung ist eine Verbesserung der technischen Infrastruktur. Brasilien ist eine der größten Volkswirtschaften der Welt, aber es ist nur Nummer 75 bei High-Speed-Internet. Das Ausmerzen dieses Mankos birgt tolle Möglichkeiten für mobile Sprache, Breitband und Fernsehen. Dadurch werden auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten sowie die Gesundheits- und Sozialsysteme beflügelt werden.

China

ist auf dem besten Wege, die USA einzuholen und wohl bald zu überholen. Alle Prognosezeitpunkte dafür liegen zwischen 2017 und 2020. Der Feldzug in die globale Wirtschaft startete circa 15 Jahre vor Indien - ein Vorsprung, der wohl nicht mehr einzuholen sein wird. In den letzten zehn Jahren wuchs die Wirtschaft fast immer über zehn Prozent pro Jahr, und Prognosen für die nächsten 20 Jahre liegen bei immer noch übersechs Prozent pro Jahr.

Seit 2010 ist China der größte Exporteur der Welt. Das Land ist riesig, hat schier unerschöpfliche Resourcen (auch an Menschen), die Ausbildung wird von Jahr zu Jahr besser, und die chinesischen Konzerne, die in Europa bei Ausschreibungen anklopfen, werden stetig mehr. Sehr klug hat sich China auch Ressourcen in Afrika und Südamerika gesichert.

Englisch ist im ländlichen Raum genauso wenig verfügbar wie in Brasilien. In den Megacities spricht man oft ein ganz brauchbares Englisch. Der private Konsum ist heute für 48 Prozent des BNP verantwortlich, und diese Zahl soll in zehn Jahren auf 58 Prozent steigen (Europa liegt zwischen 60 und 65 Prozent, die konsumfreudigste Nation USA bei knapp 70 Prozent). Zum Problem jedoch wird die Ein-Kind-Politik, die die Bevölkerungspyramide ungünstig beeinflusst.

Wie beschäftigt man die vielen Einwohner? China hat jährlich über acht Millionen Universitätsabsolventen. Auch die früheren Sünden in puncto Umwelt können nicht mehr so einfach zugedeckt werden und erfordern große Investitionen. Hier muss China die Versprechen, die es in seinem eigenen "grünen" Pavillon bei der Expo 2010 gegeben hat, auch umsetzen.

Behörden in China sehen Innovation als kritisch für die langfristige Wahrung der lokalen Wirtschaftskraft und der globalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Regierung will auch die Abhängigkeit von ausländischen Technologien von 50 auf 30 Prozent drücken. Was ihnen fehlt, sind fortgeschrittene Analysetechniken. Nicht nur intuitiv erfassen, was wichtig ist, sondern es analysieren. Doch gehen chinesische Unternehmen kaum Risiko ein.

Eine amerikanische Firma musste, um in China wettbewerbsfähig zu sein, ein Halbleiterprodukt komplett redesignen, damit die Kosten marktkonform waren. Sobald dies geschafft war, konnte diese Fabrik in China, die ursprünglich nur für den lokalen Markt gedacht gewesen war, fast 80 Prozent ihrer Produktion exportieren. Den chinesischen Kunden bestens zu verstehen - viele westliche Multinationals hätten diese Fähigkeit, doch fehlt es oft an der lokalen Marktkenntnis oder den Verbindungen, wenn sie nicht schon mehrere Jahre in China tätig gewesen waren.

Globale Unternehmen wurden aufgefordert, Partnerschaften mit chinesischen einzugehen, um um Beispiel ein landesweites Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetz oder Systeme für Solarenergie aufzubauen. Einige dieser Partner waren sehr vorsichtig mit ihrer IP (Intellectual Property), aber dann sind sie dem klassischen Dilemma erlegen - der Markt war einfach zu attraktiv. Wir alle wissen, was dann passiert ist - nach einigen Jahren haben die chinesischen Firmen die Schlüsselelemente der Kerntechnologie absorbiert, und nun spielen sie selbst (und alleine) in der Weltliga. Ein Beispiel sind die 20 Milliarden Dollar an Eisenbahnaufträgen seit 2007.

In Bezug auf die IT-Welt bringt China selbst sehr gute Technologie hervor. Doch besteht nach wie vor ein großes Misstrauen vieler westlicher Konzerne oder ein Verbot, chinesische Technologie einzusetzen. Der vorliegende Beitrag stellt keine Spekulationen an, ob IP immer respektiert wird, aber es gibt Firmen, die international als IT-Ausrüster auftreten.

Der Hersteller Huawei befindet sich unter den Top 5 der Welt mit Patentanmeldungen zwischen 2008 und 2010. Huawei hat 51 000 Angestellte und beschäftigt unglaubliche 46 Prozent seiner Mitarbeiter in der Forschung.

Hochtechnologie in China

Sourcing ist in China normalerweise kein Problem. Man erhält fast alles an Hochtechnologie, und die Lieferzeiten sind wie in Europa. IT-Firmen sind häufig Ableger ausländischer IT-Unternehmen, wobei aber eine (historisch bedingte) Distanz zwischen China und Japan besteht. Obwohl häufig die größte Niederlassung einer solchen Firma in Beijing oder Shanghai sitzt, funktioniert ein Managen von Standorten außerhalb China - etwa in Indonesien - nicht.

Die Nutzung digitaler Medien in China verschiebt sich Richtung Instant Messaging, soziale Netzwerke, Spiele und Streaming Video. Zusätzlich zur weltgrößten User-Basis mit 538 Millionen (und damit mehr als doppelt so viel wie die 245 Millionen in den USA) hat China auch die aktivsten Benutzer für Social Media. Sina Weibo bietet seit 2009 Microblogging und Multimedia an.

Indien

hat sich seit den grundlegenden Reformen 1991 in die Weltliga katapultiert. Viele namhafte IT-Firmen sind durch den Outsourcing- Boom entstanden (und manche auch wieder gegangen). Es gibt dort Unternehmen in der IT-Branche mit Hunderttausenden von Mitarbeitern, die die meisten von uns nicht einmal kennen. Die Bevölkerung Indiens ist im Schnitt extrem jung und hat die besten Arbeitsjahre noch vor sich.

2011 kam der Wirtschaftsmotor Indiens etwas ins Stottern, da die Regierung die Investitionen zurücknahm und das Vertrauen der Investoren nachließ. Vor Kurzem hat die Regierung weitere Reformen angekündigt, zum Beispiel die erweiterte Partizipation ausländischer Unternehmen.

Man muss sich aber bewusst sein, dass Indiens Bundesstaaten ziemlich unterschiedliche Verwaltung und Rechtsnormen haben. Maharashtra allein wäre als eigener Staat das zwölftgrößte Land der Erde (112 Millionen Einwohner). Durch diese Unterschiede in der Verwaltung mangelt es an politischer Durchschlagskraft. Mittelfristig hat Indien eine Prognose von knapp sieben Prozent Wachstum pro Jahr und somit den höchsten Wert der BRIC-Staaten.

Die Eliteuniversitäten nehmen etwa einen von 2500 Bewerbern auf. Die drei Standorte des Indian Institute of Management zählen zur Weltklasse. Das Qualitätsgefälle zwischen diesen Eliteuniversitäten und den anderen ist in Indien besonders hoch. Von den 4,3 Millionen Absolventen pro Jahr aller Universitäten sind ungefähr 900 000 Techniker im weitesten Sinne.

Ein großes Kapital ist die überdurchschnittlich gute Ausprägung von Englisch, wenn auch mit gewöhnungsbedürftigem Akzent. Inder der gebildeten Schichten lernen schon sehr früh Englisch - ein gutes Asset in der heutigen Zeit.

Es ist in Indien sehr wichtig, besonders High Potentials permanent eine Perspektive zu geben. Ansonsten wechseln sie sehr schnell die Firma. Das ist eine große Herausforderung, denn wie viele Jobs gibt es, wo jemand permanent neue Herausforderungen und Abwechslung geboten bekommt?

Bewältigung der Infrastruktur in Indien

Indien hat viele Hausaufgaben in der Infrastruktur zu bewältigen, beginnend bei der schlechten Energieversorgung, Straßen, Kommunikation am Land. Kurz gesagt, die "last mile" fehlt meistens. Daher sind Firmen wie Amazon in Indien noch nicht präsent, da die Logistik einfach nicht vorhanden ist.

Die Riesendimensionen dieses Landes kann man sich anhand des geplanten Registrierungsprojektes für die Bevölkerung vorstellen. 1,2 Milliarden Menschen sollen mit Foto und Fingerabdrücken erfasst werden. Dazu werden im ganzen Land eine Million Registrierungsstellen mit der erforderlichen Technologie installiert.

Europäer müssen lernen, mit der "no frills"-Kultur umzugehen. Inder bezahlen nur für das, was Geld spart. Deswegen sind dort der Secondhand- und sogar der Thirdhand-Markt so stark ausgeprägt. Weggeworfen wird etwas erst, wenn es irreparabel kaputt ist. Multinationale Unternehmen müssen danach trachten, die Kosten um 60 bis 80 Prozent zu senken und dabei nur maximal 30 Prozent an Features zu entfernen.

Die Kultur, aus dem Vorhandenen möglichst viel zu machen, führte auch zur Entwicklung von "frugaler Innovation". Damit möchte man Produkte entwickeln, die zwar sehr gute Technologie liefern, aber in den Anschaffungs - und Betriebskosten niedrig liegen. Oftmals finden diese Produkte auch den Weg in andere aufstrebende Länder, sodass manche Firmen (zum Beispiel Bosch) große Entwicklungszentren in Indien plaziert haben.

Als Beispiel für die kreative Herangehensweise an den indischen Markt seien Produkte von LG erwähnt wie Kühlschränke mit ganz kleinen Gefrierfächern, Waschmaschinen speziell für Großfamilien und Einknopf-"indische"-Fernbedienungen. Das Innovation-Center von LG in Bengaluru ist das größte außerhalb Koreas. Die Firma Haier aus China stellt spezielle Waschmaschinen her, mit denen man auch Gemüse waschen kann, und ihre Kühlschränke haben Metallplatten und Spezialkabel gegen Tierbiß.

Ein Negativum ist die gelernte Kultur, dass Wissen Allgemeingut ist. Das bedeutet auch, dass IP nicht ernst genug genommen wird. Indien ist auch in Bezug auf Datenschutz bei Weitem nicht auf europäischem Level und wird daher nicht als "Safe Harbor" akzeptiert.

IT-Industrie in Indien

Die IT-Industrie in Indien erwirtschaftet acht Prozent des gesamten BNP und 24 Prozent des Exports. Der Sektor wächst noch immer mit rund zehn Prozent pro Jahr, drei Millionen Spezialisten arbeiten hier. Es gibt elf Firmen mit einem Umsatz über einer Milliarde Dollar. Die IT-Industrie bewegt sich weg vom vertikalen Geschäft hin zu "end to end"-Delivery.

Bei IT-Projekten mit Indien muss man allerdings bedenken, dass

Indien könnte die erste wirklich mobile digitale Gesellschaft werden und damit die Welt wieder überraschen. Alle Voraussetzungen dafür sind vorhanden: Die Kosten des Netzwerkes und der Telefone gehen runter, drahtlose Netzwerke werden immer mehr, und die Konsumenten in Indien haben einen unstillbaren Appetit nach digitalen Services. Lokaler Content ist angesichts der 23 Amtssprachen in Indien auch dringend nötig. Allerdings sind nur wenige der 900 Millionen Mobiltelefonen in Indien Smartphones.

McKinsey glaubt, dass die Gesamtanzahl von Internet-Usern bis 2015 von 137 auf 450 Millionen explodieren wird. Zusammen mit den Zugangsgebühren könnten sich dann die Einnahmen aus der digitalen Konsumation auf 20 Milliarden Dollar vervierfachen - damit wäre das Wachstum doppelt so stark wie in China. Schon heute verbringen Inder rund vier Stunden am Tag mit Online- und Offline-Content.

Russland, Deutschland, Die USA, Afrika

Russland

hat eine prosperierende Entwicklung seit "Glasnost" durchgemacht und eine Anzahl von Konzernen hervorgebracht, die aber immer noch in der Entwicklungsphase stecken und am Weltmarkt kaum Fuß fassen können. Das ist auch durch die immer noch unsichere politische Lage begründet. Das dominante Verhalten von Wladimir Putin hat viele Ausländer abgeschreckt.

In letzter Zeit ist das Wachstum Russlands ein wenig ins Stocken geraten, und es ist fraglich, ob es sich noch deutlich erholen wird. Viele geplante Reformvorhaben wurden nicht oder nur zögerlich umgesetzt. Im Wesentlichen profitiert das Land von seinen Reserven an Energie (Gas, Kohle, Öl) und Rohstoffen (Eisen, Aluminium). Der Beitritt zur WHO 2012 eröffnet nun neue Perspektiven. Aber auch hier ist die Infrastruktur des Landes teilweise hoffnungslos überaltert und erfordert dringend Investitionen.

In Bezug auf IT ist das Land durchschnittlich. Vorbei ist die Zeit der COCOM-Listen, als nur "ältere" Technologie importiert werden durfte. Dennoch will sich Hochtechnologie nicht so recht breitmachen. Es ist für mich unverständlich, warum ein Land mit so genialen Mathematikern wie Russland es nie geschafft hat, Firmen hervorzubringen, die in der IT-Weltliga mitmischen. Badoo ist eine Ausnahme. Es wird stets Potenzial für den Outsourcing-Sektor herbeigeredet, aber der Erfolg will sich nicht einstellen.

Deutschland

ist nach wie vor eine absolute Qualitätsmarke. Die fünftgrößte Wirtschaft der Welt und die größte Europas hat zwar durch die Krise gelitten, aber "Made in Germany" zählt immer noch und wird es auch weiterhin tun. Als Österreicher kann ich das sagen - ich bewundere immer die Deutschen, wie gut sie sind, wenn es einmal wirklich um etwas geht.

Insofern mache ich mir auch keine Sorgen, wenngleich die schwache Wirtschaft in Europa auch Deutschland behindert. Unsere beiden Länder leiden allerdings unter der demografischen Entwicklung und der Überalterung. Ein weiteres Problem ist die Spitzenstellung unter den Ländern der EU, wo die Pro-Kopf-Einkommen zwischen 13 000 und 82 000 Dollar liegen, und daraus resultierende Spannungen.

IT "Made in Germany" bedeutet absolute Spitzenqualität. Abgesehen von einem der Marktführer in ERP-Software finden sich viele Industriekonzerne von Weltrang, die europäischen Unternehmen auch im Ausland oder außerhalb Europas Services anbieten. In vielen Bereichen sind Nischenfirmen aus Deutschland (eigentlich DACH-Region) weltweit bekannt und auch Marktführer.

Die USA

haben nach wie vor die Technologieführerschaft in der Welt. Allerdings haben einige Ereignisse der letzten Zeit - Stichwort PRISM - viel Porzellan in der Zusammenarbeit mit den USA zerschlagen, und es istviel Vertrauen geschwunden. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies entwickelt, jedenfalls sind Cloud-Dienste "in USA" für viele europäische CIO’S derzeit ein "no-go".

Afrika

Wachstumskurven der wichtigsten Märkte bis 2024.
Foto: cio.de

Ich möchte doch ein paar Sätze zu Afrika, dem schlafenden Riesen, schreiben. Es wächst dort eine aufstrebende Mittelschicht heran. Die afrikanische Wirtschaft ist in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich sechs Prozent gewachsen, sieben der zehn am stärksten wachsenden Volkswirtschaften liegen dort. Fast 50 Prozent des Wirtschaftswachstums werden in den konsumnahen Sektoren generiert.

Nicht nur hat sich China bereits viele Bodenschätze gesichert, auch Konsumgüter-Multis haben den Schauplatz entdeckt und liefern sich ein Rennen um die Marktpositionen. Der Handel zwischen Afrika und China hat sich in den letzten drei Jahren verdreifacht, etwa 2000 chinesische Firmen sind schon in Afrika tätig.

In den nächsten 30 Jahren soll sich die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter auf etwa eine Milliarde erhöhen, also mehr als in Indien oder China.

Wenn eine Firma Geschäfte in Afrika anbahnen will, lautet die erste Frage der lokalen Wirtschaftspartner dort oft: "Was tun Sie für unser Land?", gefolgt von "Machen Sie es allein, oder haben Sie einen lokalen Partner?" Ein lokaler Partner erscheint für den Erfolg dort mindestens so wichtig wie in den BRIC-Ländern.

In Bezug auf Elektronik oder gar IT gibt es nur in den wenigsten Staaten nennenswerte Entwicklungen. Am ehesten finden sich in der Republik Südafrika die "klassischen" IT-Firmen aus dem Ausland.

50 Millionen verkaufte Mobiltelefone sprechen eine deutliche Sprache, die Handydichte ist mit Europa oder USA vergleichbar. In manchen Regionen haben Menschen eher Zugang zu Mobiltelefonie als zu Strom oder sauberem Wasser.

Beispiele IT Wachstum und Emerging Countries

Was kann nun die IT zum Wachstum in den Emerging Countries beitragen? Einige Beispiele:

Welche allgemein gültige Kernaussagen, unabhängig vom Emerging Market, können abgeleitet werden?

Sollte uns das entmutigen? Nein, denn ein Leitsatz gilt immer noch: "Wer auf andere wartet, ein Land zu entwickeln, wird leicht feststellen, dass das Spiel vorbei ist und sich andere den besten Platz gesichert haben, wenn sie selbst glauben, es wäre nun endlich der richtige Zeitpunkt gekommen, um zu handeln."

Fazit

Erwähnenswert erscheint noch, dass die USA ein Handelsbilanzdefizit von 540 Milliarden Dollar haben bei einem Budgetdefizit von besorgniserregenden 7,6 Prozent, China jedoch einen Überschuss von 230 Milliarden Dollar bei einem Budgetdefizit von hervorragenden 1,6 Prozent. Brasilien erwirtschaftet zurzeit sogar einen Budgetüberschuss.

Zur Beurteilung der Potenziale in den einzelnen Ländern seien die Altersverteilung der Länder Indien (extrem junge Bevölkerung) und Rußland (ziemliche Überalterung) erwähnt. Das "Land der Mitte" (= China) liegt hier ebenfalls etwa in der Mitte, Österreich und Deutschland erwartungsgemäß bei den überalterten Nationen.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

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