Innovationen sind unberechenbar? Ein intuitiver Prozess, der sich nicht lenken lässt und auch mit hohen Ausgaben keinen Erfolg abwirft? Nicht so bei T-Systems. Behauptet Heiko Wieandt, Leiter Business Information Services und Erfinder des Marktforschungsportals Mafo im hauseigenen Intranet. „Die Güte des Innovationsprozesses hat einen großen Einfluss auf den Erfolg des einzelnen Unternehmens“, sagt Wieandt. Um diesen gleich vorwegzunehmen, listet der Verwaltungfachwirt erste Erfolge des Portals auf: Für den Einstieg von T-Systems beim Flugzeugausrüster Cabin System Holding beschafften die Marktforscher die nötigen Informationen. Zudem recherchierten sie den nutzbringenden Einsatz von Kollegen der Beschäftigungsgesellschaft Vivento in den T-Systems-Gesellschaften.
400 IT-Manager täglich auf dem Portal
Das vor vier Jahren mit 160000 Euro Entwicklungskosten eingeführte und von T-Systems Multimedia Solutions in Dresden technisch und redaktionell unterstützte Portal können 55000 Mitarbeiter weltweit nutzen. Den monatlichen Info-Brief haben 2200 Mitarbeiter abonniert, und täglich greifen mehr als 400 wissbegierige Projektmanager und CIOs auf das Portal zu. Es bietet online Zugang zu Studien und IT-relevanten Informationen, wie etwa, dass IBM seine Spitzenposition auf dem Server- Markt verteidigt, Acer den Notebook-Markt dominiert und auch gut Gebildete im Netz kaufen.
Der Verantwortliche Wieandt ist besonders stolz darauf, dass der Link gleich auf der Startseite oben rechts – im Premium- Bereich der Anzeigenkunden – zu finden ist. Er versteht dies als eine Belohnung für die breite Akzeptanz des Portals von allen T-Systems-Mitarbeitern samt ihren Tochtergesellschaften. Das Portal soll so einfach zu bedienen sein, dass sich Vorstände und Pförtner gleichermaßen darin zurechtfinden können, so das Credo der zuständigen Abteilung „Business Information Services“.
Und das bietet das Portal: Zum einen den Self-Service eines Online-Wissens-Supermarktes. Die Einsicht in Studien, der monatliche Info-Brief und die Informationen über Märkte, Kunden, Wettbewerber, Partner und Branchen sind kostenlos und ohne Passwort möglich.
Für spezifische Informationen jedoch gilt der Schlaraffenland- Grundsatz: Die süßesten Früchte hängen oben. Denn bestimmte Studien können Mitarbeiter mit Multiplikatorfunktion nur nach vorheriger „Sicherheitskontrolle“ und mit Passwort für ihre Arbeit nutzen. Einen weiteren Riegel vor die unendliche Wissensbeschaffung schiebt T-Systems mit der Bezahlung von Auftragsstudien: Für die Primär- und Auftragsforschung werden 40 bis 90 Euro Stundenlohn plus externe Kosten intern verrechnet. Für Jürgen Graf, Geschäftsbereichsleiter Partner und Alliance Management, ist der tägliche Besuch des Portals unverzichtbar: „Grundlage für unseren Erfolg ist die genaue Kenntnis unserer Wettbewerber, der Kundenbedürfnisse und Anforderungen auf dem ICT-Markt.“ Das Portal liefere für den gezielten Einsatz von Partnern wesentliche Daten.
Studiendatenbank läuft am besten
Das kleine Team von fünf Mitarbeitern schließt Verträge mit Analysten von IDC, Gartner, Datamonitor, Frost and Sullivan, Forrester und anderen ab, leistet quantitative Researches und Forecasts, gibt Trends und Strategien heraus und bietet „qualitative und deskriptive Researches“. Die Forscher erneuern die Studiendatenbank, geben Updates für den Infodienst und aktualisieren die Marktzahlen. Zudem bieten sie einen so genannten EAnalyzer an, der – von TecConsult aufgestellt – Auskunft über die Marktentwicklungen im B2B-Anwendermarkt bereithält. Projektmanager finden hier Daten über Investitionsvolumina, Shipments und Revenues von rund 100 Hardware- und Softwarebereichen.
Die Marktforscher bewerten ihren Einsatz für den Erfolg eines Unternehmens mit einem Jahresumsatz von über 13 Milliarden Euro als nicht unerheblich. Lässt sich dieser Einsatz errechnen? Kann man über Scorecards das Wissens-Management eines Unternehmens messen und gar irgendwann den „Return on Innovation Investment“ in einer Formel errechnen? Darauf möchte sich der T-Systems-Forscher nicht festlegen. Nur soviel: „Sollte jeder der monatlich 9000 bis 10000 Portalbesucher täglich zehn Minuten weniger nach verlässlichem Material suchen, kann das Unternehmen jährlich 500000 Euro einsparen.“ Um das zu erreichen, sind zudem 30 Mitarbeiter in der „Community of Practice” Ansprechpartner für die Nutzer des Portals in Sachen Marktdaten, Wettbewerberanalysen und Kundendaten.
In der letzten Befragung der Nutzer kam heraus, dass die Studiendatenbank mit 56 Prozent am meisten genutzt wird, gefolgt von der Wettbewerberdatenbank mit 14 Prozent. Die Studiendatenbank und die neu eingeführte Suchmaschine sind somit das Kernstück im Innovationsprozess des Unternehmens. Sie wird als „gläsern“ beschrieben und ist der Motor beim Finden von Ideen, deren Prüfung, Realisierung und Verwertung. Doch wie schnell der läuft, liegt beim Projektmanager. „Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe, indem wir Auftragsforschung gegen Kostenverrechnung übernehmen“, sagt Wieandt. Die neue Strategie soll demnach auch sein,Verantwortung in der Recherche an die Projektmanager abzugeben.„ Gute, einfach funktionierende Marktforschung auf einem technisch simpel zu bedienenden Portal ist unser Ziel“, gibt Wieandt vor. „Letztendlich bietet es so mehr Raum für den kreativen Prozess.“ Als Ergebnis steht das neue Produkt, die neue Dienstleistung, ein neues Verfahren oder eine andere Organisationsentwicklung.
Das ist Best Practice. Doch was derzeit so federleicht daherkommt, ist mühevoll erarbeitet. Wieandt, der zuvor im Human-Resources-Management beschäftigt war, hatte dort eine Standardsoftware für die Lohn- und Gehaltsabrechnung bereits Anfang der 90er-Jahre eingeführt. Dieses Modell wollte er auf die Marktforschung im Intranet übertragen und verbessern. „Es gibt ein Intranet, das wie eine Verzeichnisstruktur genutzt wird“, bemängelt Wieandt die oft zu komplexen Strukturen. In diesen Fällen liegt die Hoheit über Marktforschungsergebnisse außerhalb der zentralen Marktforschung und ist innerhalb einzelner Abteilungen angesiedelt. Außerdem findet Wissensaustausch nur auf der Basis persönlicher Kontakte statt, und es gibt kein Research-Angebot.
Zudem ist die Spanne zwischen technischer Infrastruktur und steuerndem Controlling in den Unternehmen sehr weit. Systematisches Wissensmanagement wird nur von acht Prozent der Unternehmen betrieben, fand eine Umfrage von T-Systems heraus. Während 87 Prozent der Betriebe moderne Arbeitsplatzrechner aufgestellt haben, viele Mitarbeiter Internet-Zugang haben und jedes dritte Unternehmen breit gefächerte Daten zur Marktforschung anbietet, gibt es in nur rund zwölf Prozent der Unternehmen marktforschungsbezogene Tools.
Wieandt forciert Market Intelligence
Diese Szenarien spornen Wieandt an.Market Intelligence als wichtiger Teil des Wissensmanagement definiert der Marktforscher so: Zentrale und dezentrale Mafo-Services wirken zusammen, Mafo-Mitarbeiter zeichnen thematisch verantwortlich und handeln auch auf Produktund Marktebene.Außerdem sollen hinter der High-end- Intranet-Infrastruktur eine breit gefächerte Thematik und Kunden- wie auch Markt- und Wettbewerbsdaten verborgen sein.
Für die „Sekundärmarktforschung“ liefern Researcher Daten für die optimale Projektabwicklung, die Sicherheit der Warenbereitstellung wie für Funketiketten im Handel. Die Primärforschung hingegen nimmt mit 15 Prozent nur einen kleinen Teil ein. Hierbei befragen Researcher Personalleiter zwecks bestmöglichen Einsatzes von Mitarbeitern oder erstellen eine Image-Analyse. Um nicht am Markt vorbeizuforschen und Inhalte ins Intranet zu stellen, die niemand lesen und verwerten mag, wird eine Jahresstatistik erstellt. Sie gibt Aufschluss über „Heavy User“ – Nutzer, die häufig auf das Portal zugreifen –, über deren Hitraten und darüber, welche Organisationseinheiten das Intranet nutzen.
Nicht nur „Wer“ sucht, ist interessant für die Forscher, sondern auch das „Wie“.Wieandt hat sich damit bereits das nächste Ziel gesetzt: „Einen Info-Würfel für das Intranet“. Jeder der 55000 Mitarbeiter hat eine eigene Suchstrategie. Um alle Bedürfnisse zu befriedigen, will der Marktforscher den Eiligen unter den Suchern zusätzlich einen Würfel anbieten, der – dreidimensional dargestellt – auf allen sechs Seiten eine schnelle Inhaltsangabe bietet. Damit wird das Ergebnis übersichtlicher.
Will man also glauben, dass es eine mathematische Formel für die Errechnung des „Return on Investment“ tatsächlich gibt, dann muss auch der Faktor Zeit darin einfließen. Gudrun Weitzenbürger