In sieben Tagen wurde die Welt erschaffen. In der gleichen Zeit will die Cebit der IT-Branche zur positiveren Grundstimmung verhelfen. Nachdem die Zuversicht für den Aufschwung steigt, hoffen auch Cebit und Aussteller, dass sie davon profitieren und der Sieben-Tage-Aufheller nachhaltig wirkt. 70 000 Mitarbeiter von 6000 Ausstellern stehen in Hannover bereit, um das Ende der Sparwelle einzuleiten. Das sind zehn Prozent Aussteller weniger als 2003. Unter den prominenten Anbietern werden die Besucher vergeblich nach HP in der Halle 1 suchen. Den Stand hat Microsoft für seinen Consumer-Auftritt übernommen. Auch Oracle lässt Hannover erneut links liegen. Beide setzen auf eigene Haus- und Themenveranstaltungen, mit denen sie die Kunden konzentriert und lösungsorientiert ansprechen wollen.
Ernst Raue, Vorstand der Deutschen Messe, geht auch von reduzierten Besucherzahlen aus. Nach 560 000 im Jahr 2003 erwartet er jetzt nur noch eine halbe Million. Und dies, obwohl die Cebit in Konkurrenz zur Berliner Funkausstellung das Tütensammler-Segment Digital Lifestyle zum Trend machen will. Auch Intel hat das Zusammenwachsen der Unterhaltungselektronik mit Consumer-IT als zentrales Messethema entdeckt. Noch liegt aber der Cebit-Fokus auf Business-Kunden. Denen möchte man mit Veranstaltungen wie dem "ICT World Forum @ CeBIT" ein internationales Gesprächsforum und IT-Größen zum Anfassen bieten. Als Mehrwert, der über das Messegeschäft hinaus Impulse geben soll.
Mit ihren Trendansagen wie Business Intelligence, Business Processes, Digital-Life-Lösungen, IT-Security, Mobile Computing, E-Government und E-Banking liegt die Messe nahe an den Themen, die nach einer Cap-Gemini-Ernst&Young-Umfrage CIOs treiben: Portals, Business Intelligence, Mobile Computing und Sicherheit. Nicht zu vergessen: ERP, EAI (Enterprise Application Integration) sowie der Kampf der Open-Source- und Linux-Welt gegen Windows. Ebenfalls ganz oben auf der Messe-Agenda stehen das Thema Kostenmanagement und die alljährliche Entdeckung des Mittelstands - besonders SAP will sich hier stark machen. Die Trendthemen im Einzelnen:
Mobile Computing 2007 wird alles wireless
Der Bereich M-Business sollte nach E-Business zum großen Hype-Thema mutieren. Doch nach dem Platzen der UMTS-Träume geht es zunächst zurück zur Wirklichkeit. Selbst wenn dem breitbandigen Dienst mit 2,5 Megabit pro Sekunde erneut eine große Zukunft bevorsteht und die Messevisionen nährt. Die Visionen müssen jedoch noch bis zum Jahr 2007 auf ihre Realisierung warten, wenn laut Gartner alles wireless sein wird. Bis dahin dürfte sich das Interesse vor allem auf Wireless LAN konzentrieren. CIOs fragen sich, ob und wie sich Aufbau und Integration mobiler Aktivitäten rechnen. Besucher, die Lösungen dazu suchen, finden in den Hallen 12 bis 16, 25 bis 27 sowie in den Pavillions 32 bis 36 eine Vielfalt von TK-, Wireless-LAN und integrierten Netzwerk-Lösungen. In Halle 15, im "Network Information Center - NIC", werden komplexe Themen wie Dienstekonvergenz, VoIP, Netzwerksicherheit, Wireless Technologies und High Speed Networking präsentiert. Palm, aber auch andere PDA-Anbieter setzen mit ihren Lösungspartnern ebenfalls auf die kabellose Zukunft.
Aktualität im negativen Sinn könnte das Thema durch die Entscheidung großer Versicherer erhalten, die Elektro-Smog-Risiken der Mobilfunker nicht mehr zu tragen. Ob diese Diskussion während der Cebit auf WLAN-Themen überspringt, ist offen.
Portale Thema in allen Hallen
Das Thema Portale zieht sich wie ein roter Faden durch die Hallen. Von ERP bis Business Intelligence werden Portallösungen präsentiert. So zeigen SAP (Halle 4) und Peripheriedienstleister wie BEA oder Hyperwave (beide Halle 3) ihre Lösungen zu Informationsbeschaffung, Zusammenarbeit und Steuerung von Prozessen. Auch die Trendthemen Mobile Services und Business Intelligence kommen ohne Portale nicht aus - genauso wenig wie SCM und CRM, das Microsoft (Halle 4) mit Mittelstandsthemen verstärkt adressiert.
Viele Aussteller heben den Schlüsselbegriff Portal nicht stärker hervor, sondern verweben ihn mit anderen Themengruppen wie etwa Web-Services - ein Zeichen, dass Internet oder Intranet ihren Weg in den Anwendungsalltag gefunden haben, auch wenn der Name E-Business kaum noch fällt. Halten konnte sich der gebrandmarkte Buchstabe "E" in den Hallen für E-Banking (Halle 18) und E-Government (Halle 11).
Business Intelligence Gewinner der Krise
Unter dem Begriff Business Intelligence (BI) werden auf der Cebit zahlreiche Lösungen subsumiert, die zum Teil auch andere zentrale IT-Themen streifen. Präsentiert werden sowohl klassische Datamining-Lösungen als auch integrierte Ansätze, die wiederum Hardware-Themen wie Storage treiben. Nach Geschäftsführung und Controlling werden die Instrumente zunehmend von Vertrieb, Marketing und Logistik gefordert. Das erhöht zugleich die Anforderungen an BI-Systeme - etwa einfache Schnittstellen zu CRM und SCM sowie verlässliche Standards. BI gehört auf der Cebit zu den unverzichtbaren IT-Basics. Doch Schlagworte wie "Wettbewerbsvorteil durch BI" genügen den Besuchern nicht. Alltagstauglichkeit, Kostenvorteile und einfache Integration führen die Anwenderwünsche an. Anbieter von IBM bis NCR/Teradata (beide Halle 4) wollen sich diesen Anforderungen stellen. Auch Basel II und das amerikanische Sarbanes-Oxley-Gesetz gegen Bilanzmanipulation dürften die Beratungsgespräche bestimmen.
Sicherheit Dauerbrenner in Halle 17
Mit Sicherheit hätte die Cebit ein Thema verschenkt, wenn sie den Dauerbrenner Security nicht mit einer eigenen Halle (17) auf die Agenda gesetzt hätte. Kein CIO, der mit sensiblen Daten zu tun hat, wird dieses Thema vernachlässigen. Zudem nutzen einige Anbieter jeden Virus und Einbruch gern als preiswerte PR. Da Sicherheit Geld und Systemressourcen kostet, werden die neuen Trends und Lösungen am RoSI (Return on Security Investment) gemessen. Usability und Praktikabilität werden ebenso im Mittelpunkt stehen wie Standards und Kompatibilität. Niemand baut ein neues Haus, nur damit die Sicherheitstür passt.
Zu den aktivsten Security-Promotern in Hannover gehört Symantec (Halle 4 und 6), das in diesem Jahr Lösungen rund um das Thema Sicherheitsmanagement bietet. Damit will man besonders den Informationsbedürfnissen des Mittelstands entgegen kommen.
Integration Konsolidieren mit EAI
Kein Hype-Thema, aber ein Dauerbrenner auf niedriger Flamme, der die Branche noch Jahre beschäftigen wird, sind Enterprise Applikation Integration (EAI) und Konsolidierung. Gefordert ist EAI überall dort, wo IT-Wildwuchs zurück geschnitten werden muss und Supply Chains Anschluss suchen. Da zahlreiche Nutzer dabei nicht auf ihre alten Lösungen verzichten wollen, sehen die Cebit-Veranstalter hier großen Bedarf. Weitere Integrations- und Fusionsthemen sind, Geschäftsprozesse im Unternehmen in einer betriebswirtschaftlichen Lösung zu integrieren und operative Geschäftsabläufe mit der Unternehmensführung zu verknüpfen. Die Aussteller auf der Cebit - unter ihnen SAS (Halle 4), BEA (Halle 3) und Tibco (Halle 1) - verfolgen hierbei unterschiedliche Ansätze, wie auch SAP (Halle 4). Dort bringt man in diesem Zusammenhang die Integrationsplattform Netweaver ins Gespräch.