Schon im Parkhaus ist es nicht einfach, den eigenen Wagen zu finden. Die Mitarbeiter des BMW-Werks in Dingolfing können darüber jedoch nur lachen: Im Nordbereich der Montagehallen stehen auf acht Stellflächen insgesamt bis zu 3000 Neuwagen. Rund 1300 3er-, 5er- und 7er-BMWs laufen täglich im niederbayerischen Werk vom Band. Zwar werden sie nach einem eingespielten System in unterschiedlichen Zonen abgestellt, doch kommt es immer wieder vor, dass einzelne Fahrzeuge geortet und herausgegriffen werden müssen, etwa zur Qualitätskontrolle oder für den Transport. Stephan Huber, Leiter Einrichtungs- und Steuerungstechnik bei BMW in Dingolfing: "Die Fahrzeuge auf dem Parkplatz zu finden wäre ohne Transponder ein erheblicher Aufwand."
Seit Januar hilft dabei ein Ortungssystem. Alle Wagen, die das Montageband verlassen und für die Auslieferung vorbereitet werden, erhalten ein streichholzschachtelgroßes RFID-Gerät, bestehend aus Sendeantenne und Speicherchip, das am Innenspiegel befestigt wird. Die Technologie der Radio Frequency Identification (RFID) ermöglicht die berührungslose Erfassung von Daten. Das RFID-Tag überträgt seine Identifikationsnummer und kann auf dem 1,8 Millionen Quadratmeter großen Werksgelände über Empfangsantennen bis auf fünf Meter genau geortet werden. Ruft das Montage-Finish-System ("Mofi") ein Fahrzeug zur Endmontage ab, fragen BMW-Mitarbeiter dessen aktuellen Standort per Intranet-Browser ab.
Kommunikative Verpackungen
Die Preise für RFID-Marken von Herstellern wie Infineon, Siemens oder Texas Instruments liegen zwischen 10 Cent für Einwegpapiermarken und einigen Euro für wiederbeschreibbare Tags. Und sie fallen rapide. Schon heute ist für BMW das RFID-basierte Ortungssystem billiger und genauer als ein vergleichbares System auf Basis einer Satellitenortung. Auch im Handel und in der Logistik sind RFID-Tags dabei, Strichcodes zu ersetzen und damit Sendungsverfolgung und -überwachung zu vereinfachen.
Die funkenden Kosmetika und andere RFID-Anwendungen lassen niemanden in der Branche kalt: Bei Karstadt-Quelle beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit RFID; die Metro eröffnete im April im Beisein von Claudia Schiffer den ersten "Future Store", in dem Selfscanning-Systeme die Waren an den Kassen automatisch abrechnen, ohne dass sie aus dem Wagen genommen werden müssen. Ziel: nachfragegesteuerte Produktions- und Lagerprozesse entlang der Versorgungskette zu schaffen; der Anteil nicht verfügbarer Artikel soll unter zwei Prozent fallen.
Auch in der Montage können Funkidentifikationssysteme ihre Stärken ausspielen, etwa beim Bau elektromechanischer Schaltgeräte bei Siemens im oberpfälzischen Amberg. 60 Arbeitsschritte, vier Sekunden Taktzeit und mehrere hundert Produktvarianten stellen die Steuerungstechnik vor große Herausforderungen. Deshalb ist jedes Werkstück mit einem Transponder versehen, auf dem automatisch gelesene Steuerinformationen für die Montageautomaten gespeichert sind. "Mit RFID-Chips wissen unsere Maschinen immer, welche Teile sie als nächste verbauen müssen; so führen sie die Montage- oder Prüfschritte eigenständig aus", erklärt Klaus Bleisteiner, Leiter der Konstruktion Elektrik im Sondermaschinenbau bei Siemens.
Da jedes Werkstück weiß, was mit ihm geschehen soll, muss die Anlage bei einem Baureihenwechsel nicht erst leer gefahren werden. Die Arbeitsstationen können einzeln vorbereitet und getestet werden, die schwierige Anbindung an eine übergeordnete Steuerung entfällt. Die Transponder sind für die Montage optimiert und kosten deshalb mehr als RFID-Tags für Logistik und Handel; dafür sind sie unempfindlich gegen Umwelteinflüsse. Zudem sind die teuren Transponder beliebig oft wiederbeschreibbar und rasen als Impulsgeber für immer neue Schaltgeräte durch die Fertigungsstraße.