SAP forciert derzeit massiv die Entwicklung neuer Techniken - beispielsweise das In-Memory-Computing mit seiner Datenbank-Appliance HANA - und fordert damit seine Kunden. Die wollen sich grundsätzlich zwar nicht von der Innovation aus Walldorf abkoppeln, haben jedoch noch die eine oder andere offene Frage. Das wurde einmal mehr auf den Technologietagen der Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe deutlich, die Ende Februar in Mannheim stattfanden.
Die technische Leistungsfähigkeit von SAP HANA sei seitens der Anwender verstanden, ließen die verantwortlichen der User-Group durchblicken. Jetzt komme es jedoch darauf an, den Mehrwert von SAP HANA aus Business-Sicht zu erläutern. "Wir wollen auch wissen, was HANA konkret bedeutet", stellt DSAG-Vorstandsmitglied Andreas Giraud klar. "Für die Applikationen, für den Betrieb und die Infrastruktur, für die Entwicklung und für das Lifecycle-Management." Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass SAP ihre Produktstrategie greifbar und bewertbar macht und die Vorteile für Unternehmen an realen Anwendungsfällen darstellt. "Hier ist SAP gefragt." Darüber hinaus dürfe die Priorisierung von Innovationsthemen nicht dazu führen, dass aktuelle Industrie- und Integrationslösungen darunter leiden, weil Ressourcen fehlten.
Das Interesse der SAP-Anwender für In-Memory-Computing hält sich aktuell noch in Grenzen, hat die jüngste Investitionsumfrage der DSAG ergeben. Ein Fünftel der 367 befragten Mitgliedsunternehmen hält In-Memory derzeit für ein relevantes beziehungsweise innerhalb des kommenden Jahres wichtig werdendes Thema. 41 Prozent der befragten Anwender beschäftigten sich dagegen gar nicht mit In-Memory.
Ein flächendeckender Einsatz im laufenden Jahr von In-Memory-Techniken und HANA sei kaum zu erwarten, prognostiziert der DSAG-Vorstand. Das konkrete Investitionsverhalten in diesem Umfeld lasse sich indes nicht exakt bewerten. Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der DSAG, spricht von einem möglichen Bewusstseinswandel, da die Investitionsumfrage zu großen Teilen vor der Ankündigung der SAP Business Suite on HANA im Januar durchgeführt wurde. "Interessant wird, ob sich die Investitionsplanungen im Laufe des Jahres zugunsten von HANA verschieben. In jedem Fall erwarten wir, dass sich SAP-Kunden strategisch mit dem Thema auseinandersetzen."
Themen wie Mobile und Cloud sind der Umfrage zufolge für die SAP-Anwender derzeit interessanter als HANA und In-Memory. 62 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigten sich momentan mit der Mobilisierung von Geschäftsprozessen. Die Priorität liegt damit etwas höher als in der Umfrage 2012. Jeder Vierte bezeichnete das Thema Cloud als relevant. Im Vorjahr waren es gerade einmal fünf Prozent.
Das Geld fließt in das ERP-System
Grundsätzlich ist die Investitionsbereitschaft der Anwenderunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) weiter gestiegen, hat die mittlerweile zehnte Umfrage der DSAG ergeben. Demnach sind die für 2013 geplanten IT-Ausgaben um 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, im Jahr zuvor hatten Sie gegenüber 2011 nur um 3,4 Prozent zugelegt. Überproportional wachsen die Investitionen in den SAP-Bereich mit 11,2 Prozent (2012: 7,6 Prozent). Dabei verwenden die DSAG-Mitglieder ihre Budgets jedoch hauptsächlich für klassische Bereiche wie Logistik (40 Prozent der Nennungen), Rechnungswesen (24 Prozent) und ERP (20 Prozent).
"Anwender setzen auf klassische Themen rund um SAP ERP, also das, womit SAP groß geworden ist", stellt Lenck fest. Bei den Ausgaben handle es sich vor allem um Prozessinvestitionen, also Beratung. "Nur ein geringer Anteil wird für Lizenzen ausgegeben."
Innovation darf Komplexität nicht erhöhen
Eine wichtige Herausforderung bleibt aus Sicht der SAP-Kunden, ihre bestehenden IT-Landschaften weiter zu optimieren, zu konsolidieren und zu vereinfachen. Durch den Einsatz innovativer Lösungen und Produkte dürfe sich die in vielen Unternehmen von Haus aus vorherrschende Komplexität nicht noch weiter erhöhen, so die Ansage der DSAG.
SAP müsse Wege aufzeigen, wie schlanke Einführungen, ein einfacher Betrieb und individuelle Softwareerweiterungen umsetzbar sind. Dafür bräuchten Anwenderunternehmen ebenfalls Unterstützung von SAP und konkrete Aussagen, wie sich bestehende Systemlandschaften mit Architekturempfehlungen verändern und vereinfachen lassen. DSAG-Angaben zufolge arbeiteten die Anwendervertreter gemeinsam mit SAP an Lösungen für die bestehenden Herausforderungen.
Diese Fragen haben rund 1850 Teilnehmer in Mannheim im Congress Center Rosengarten diskutiert. Die DSAG-Technologietage standen unter dem Motto "Wege zur Innovationsfitness". In 145 Vorträgen und 27 Themensitzungen sollten sich die Teilnehmer darüber informieren können, wie sie ihre Unternehmen fit machen, damit sie technologische Neuerungen der SAP künftig realisieren können.
Ein zentrales Werkzeug ist aus Sicht vieler Anwender dabei "SAP NetWeaver". Die Integrationsplattform ist bei den SAP-Kunden gesetzt. Das hat die jüngste DSAG-Investitionsumfrage ergeben. Demzufolge nutzen 69 Prozent der Befragten das Business Warehouse, 44 Prozent die Portal-Komponente, 32 Prozent den Application Server und ein Viertel die Integrationslösung Process Integration. "Die klassischen NetWeaver-Komponenten sind feste Größen in den Unternehmen", erklärte Giraud. "In Zeiten immer schnelleren Wandels kommt NetWeaver eine noch größere Bedeutung als Plattform zu." Es müsse daher möglich sein, dass jede Innovation mit SAP NetWeaver als Business-Kernstück kommunizieren könne.
Anwender zweifeln am Enterprise Support
Während SAP mit seiner Integrationsplattform offenbar punkten kann, bleiben die Anwender beim Enterprise Support zögerlich. Derzeit hielten sich Standard Support und der teurere Enterprise Support immer noch fast die Waage, "mit einem leichten Ausschlag in Richtung des einfacheren Support-Modells", stellt die Anwendervertretung fest. Vor allem der Mehrwert des Enterprise Supports werde immer noch kritisch gesehen. Mehr als drei Viertel der Befragten sehen nur einen geringen bis keinen Vorteil in diesem Support-Modell. Die Wechselbereitschaft zwischen beiden Angeboten sei nach wie vor niedrig. Zwei Prozent der Umfrageteilnehmer ließen der DSAG zufolge ihre Systeme von Drittanbietern warten. Genauso viele Anwender nehmen der Umfrage zufolge gar keine Wartung in Anspruch. (Computerwoche)