Lieferung am Tag der Bestellung

Internet-Händler geben Gas

30.10.2015
Die Eil-Lieferung noch am Tag der Bestellung galt lange als das "nächste große Ding" im Online-Handel. Doch blieb der große Durchbruch bislang aus. Gerade lokale Händler könnten aber mit dem Blitzservice punkten.

Zalando-Kunden aus Köln und Berlin können beim Online-Shopping zurzeit eine Überraschung erleben: Mit etwas Glück erhalten sie die neuen Schuhe oder Textilien schon am Tag der Bestellung nach Hause geliefert. Der Onlinehändler testet in den beiden Metropolen die Expresszustellung innerhalb weniger Stunden. "Wenn es gut ankommt, können wir uns vorstellen, den Service künftig fest in unser Angebot zu integrieren", betont eine Unternehmenssprecherin.

Amazon-Pakete: "Same-day Delivery" gibt es nicht umsonst.
Foto: Frank Gaertner - shutterstock.com

Und Zalando ist nicht allein mit dem Tritt aufs Gaspedal. Amazon, Media Markt, Saturn und etliche andere Händler haben die "Same-day Delivery" (deutsch: Lieferung am selben Tag) schon für etliche Produkte und ausgewählte Regionen im Angebot. Die Idee dahinter: Mit der Expresszustellung können die Online-Händler einen der letzten großen Vorteile der stationären Händler aushebeln: die sofortige Warenverfügbarkeit.

Der Haken für die Kunden: Sie müssen für das Expressangebot derzeit noch tief in die Tasche greifen. Amazon verlangt für seinen "Evening Express" ohne Amazon-Prime-Mitgliedschaft 9,99 Euro pro Lieferung. Media Markt und Saturn bieten die Sofortlieferung in mehr als 80 Städten für einen Zuschlag von 14,95 Euro an.

Für viele Verbraucher wirkt der hohe Preis jedoch abschreckend. "Der Kunde in Deutschland möchte die Lieferung so schnell wie möglich, aber vor allem möchte er nichts dafür bezahlen", weiß der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Kai Hudetz, aus eigenen Umfragen.

Tatsächlich ist der Erfolg der Angebote noch überschaubar. Hatte die Unternehmensberatung McKinsey vor eineinhalb Jahren in einer Studie prognostiziert, "Same-day Delivery" stehe vor dem Durchbruch, so sehen heute viele in der Branche die Entwicklung nüchterner. "Der Hype um die Belieferung noch am Tag der Bestellung ist etwas abgeflaut", berichtet Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des ECommerce-Verbandes bveh. "Für die meisten Kunden ist die zuverlässige Zustellung zu einem Zeitpunkt, an dem sie auch zu Hause sind, wesentlich wichtiger."

Das betätigen auch aktuelle Umfragen des IFH. "Der große Nachfrageschub ist ausgeblieben", meint Hudetz. Bislang sei die Belieferung am Tag der Bestellung nur für eine kleine Gruppe von Konsumenten relevant. Tatsächlich kommt Media Saturn nach eigenen Angaben selbst in großen Filialen, wo der Service schon länger angeboten wird, bislang gerade einmal auf "bis zu 20 Expresslieferungen am Tag".

Auch bei Zalando sieht man die Hürde. Man sei sich bewusst, dass die Expresslieferung nicht für alle Kunden wichtig sei. "Aber es gibt bestimmte Fälle und Situationen, in denen so ein Angebot attraktiv ist. Und wir gehen davon aus, dass diese Kunden dann auch bereit sind, für diesen Extra-Service zu zahlen", betont die Unternehmenssprecherin.

Profilierungsmöglichkeien bietet die schnelle Lieferung derzeit ausgerechnet für eine Gruppe, die sich bisher vom boomenden Online-Handel regelrecht überrannt fühlte: Kleine Händler mit lokaler Kundschaft. So bieten Wuppertaler Einzelhändler im Rahmen des Projekts Online City Wuppertal ihren Kunden an, bis 16.30 Uhr im Internet bestellte Ware noch am selben Abend an die Haustür zu liefern. Ein Angebot, bei dem wohl auch in Zukunft nur wenige große Internethändler mithalten können werden.

Das letzte Wort in Sachen "Same-day Delivery" muss dies allerdings nicht sein. "Wenn ein großer Händler zur Markteroberung die Lieferung am Bestelltag kostenfrei oder sehr günstig anbieten würde, könnte das das Anspruchsniveau der Kunden drastisch verändern", ist Handelsexperte Hudetz überzeugt. "Dann dürfte es für die, die nicht mithalten können, schwieriger werden, sich am Markt zu behaupten." (dpa/rs)