Die Rolle der IT als Enabler der Bank zog sich wie ein roter Faden durch die Vorträge am 4. Finance Forum Germany. Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass die IT die Wertschöpfung der Kreditinstitute optimiert - vorausgesetzt, die IT-Abteilung wird frühzeitig und strategisch eingebunden.
Eine transparente und serviceorientierte Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen sowie mehr Respekt für die Anliegen auf beiden Seiten wünschten sich darüber hinaus die CIOs, COOs und IT-Entscheider aus Banken und Sparkassen, die am 4. Finance Forum Germany unter dem Motto "Bank & IT - Wegbereiter des Wandels" im Thurn und Taxis Palais in Frankfurt am Main zusammen gekommen waren.
Auf der Agenda der Veranstaltung für die deutsche Kreditwirtschaft und ihre Dienstleister standen die Top-Themen der Branche, Vorträge und Breakout-Sessions zu den großen Herausforderungen aus der Regulierung und zu zukunftsorientierten Geschäftsmodellen.
Klaus Neumann, Leiter Bereich Informationstechnologie der KfW Bankengruppe, skizzierte am Beispiel der Modernisierungsoffensive der Förderbank, wie Banken ihre IT für die Regulierungsanforderungen fit machen können. Eine moderne und effiziente IT wiederum sei ein "Mehrwertdienstleister und Business-Enabler" und als solche unverzichtbar. Voraussetzung sei, dass die IT als Businesspartner auf Augenhöhe mit der Fachabteilung arbeitet. Aber auch in den Fachbereichen selbst sei ein Umdenken erforderlich. Großprojekte der KfW-IT seien die Optimierung der Kundenkommunikation, der Kreditprozesseffizienz sowie die Finanzarchitektur insgesamt.
Finanzdienstleister können Web 2.0 nicht ignorieren
Die Kommunikation mit dem Kunden auf dem Kanal seiner Wahl war auch das Thema von Dr. Andreas Grahl, Leiter Bankbetrieb bei der Allianz Deutschland AG. Der Anteil der Kunden, die zugleich persönliche Beratung und Online Services wünschen, wächst Grahl zufolge stark. Schätzungen zufolge wolle 2015 bereits jeder zweite Kunde real und virtuell beraten werden, sagte Grahl in seinem Vortrag "Allianz Bank goes Mobile". Die Allianz setzt daher auf den Multikanal-Vertrieb über Agenturen, Internet, Telefon und Mobile Apps. Auch die Nutzung der videobasierten Beratung werde stark zunehmen. Die Allianz bietet sie jetzt schon in den Agenturen für die ergänzende Bankberatung mit Experten.
Viel Augenmerk liegt laut Grahl auf den mobilen Anwendungen als praktische Helfer im Ernstfall. Grahl stellte die mobile Schadensmeldung vor und einen "Reise-Safe", der wichtige Dokumente im Smartphone speichert. "Sein Handy vergisst man praktisch nie, noch weniger als die Brieftasche", so Grahl.
Darüber hinaus ist die Allianz auch auf Facebook aktiv. Vertreter mit mindestens 50 Fans auf Facebook erhalten eine eigene Allianz-Fanpage und werden geschult mit "Social Media Tipps - Empfehlungen für den Weg durch das Web 2.0". Nicht nur nach außen finden die Sozialen Medien Anwendung. Die Allianz betreibt auch ein internes Soziales Netzwerk für die Kommunikation untereinander.
Für eine bessere Kommunikation zwischen IT und Fachabteilungen plädierte auch Johannes Hennekeuser, IT Private Banking der Credit Suisse AG Information Technology. "IT-Compliance-Anweisungen dürfen nicht aus Sicht des Experten geschrieben werden - das liest keiner. Sie müssen aus Sicht des Anwenders geschrieben werden. Und das möglichst kurz und knackig", sagte Hennekeuser und verwies auf ein einfaches branchenfremdes Beispiel mit Checklisten: "Mit einer zweiseitigen Checkliste lässt sich eine Boeing 747 starten, fliegen und wieder landen." Wichtige IT-Compliance-Regelungen und Neuerungen sollten von Autoritäten, etwa vom CIO, vermittelt und von "Promotoren" wie ein Schneeballeffekt weiter getragen werden.
Sourcing: Komplettpaket oder Einzellösungen?
Inwieweit Banken alle aktuellen Herausforderungen alleine schultern können beziehungsweise in welchen Fällen die Zusammenarbeit mit einem IT-Dienstleister sinnvoll ist, war das zentrale Motto des Panels zum Thema "Zukunft Sourcing" unter der Moderation von Jens Wolf vom Business Engineering Institute (BEI) St. Gallen.
Bernd Würfel, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Bank Sarasin AG betonte, Banken differenzierten sich über die Beratungsqualität, nicht über ihre IT. Ein guter Berater benötige letztendlich einen Bleistift und ein Stück Papier und keinen hochkomplexen Prozess. Die Schweizer Privatbank kaufe sich zwar auch Dienstleistungen in der IT ein. "Aber wir geben das Heft nicht komplett aus der Hand", stellte Würfel klar. "Wir wollen eine Partnerschaft mit unserem IT-Dienstleister auf Augenhöhe." In keinem Fall wolle er Infrastruktur und große Outsourcer-Pakete kaufen, sondern eben immer nur sinnvolle Teile.
Matthias Kinttof, Leiter Produktentwicklung bei der DZ Bank AG, erklärte hingegen, als Sourcing-Anbieter habe er den Anspruch, zum Beispiel komplette Produkte zu liefern wie beispielsweise das Produkt "Depot" inklusive Compliance-Modul und nicht nur Einzelkomponenten wie die "Wertpapierabwicklung".
Für Dr. Thomas Puschmann vom BEI ist klar, "dass sich die Bank-IT in den kommenden Jahren noch stärker in Richtung Kundenorientierung entwickeln muss". Individualisierung und Standardisierung stünden sich dabei nicht als Alternativen gegenüber. "Standardisierung legt die Basis für Individualisierung."
IT-Sicherheit: Banken im Branchenvergleich gut
Auch das Thema IT-Sicherheit stand auf der Agenda des Finance Forum Germany. Martin Schallbruch, IT-Direktor im Bundesministerium des Innern berichtete, 90 Prozent der Angriffe auf die IT-Sicherheit seien vermeidbar, wenn Unternehmen ihre Systeme präventiv und konsequent gegen Spionage, Sabotage und Cyber-Betrug sicherten.
"Die Banken stehen im Branchenvergleich weit vorne", sagte Schallbruch und betonte, dass die Maßnahmen der Bundesregierung zur Gewährleistung der IT-Sicherheit in Deutschland ein großer Standortvorteil sind. Über mehr Regulierung in diesem Bereich müssten sich Banken keine Sorgen machen, deutete Schallbruch an.
"Runder Tisch" zu Bank-IT und Regulierung gefordert
Regulierung war auch das Stichwort für die Teilnehmer am Frankfurter Banken-Podium unter der Moderation von CIO-Chefredakteur Horst Ellermann. Die Frage, wie und ob die Banken-IT die Herausforderungen aus den nationalen, aber auch europäischen und globalen Regulierungsvorhaben überhaupt schultern kann, diskutierten Heinz Fuchs, Zentralbereichsleiter IT, Deutsche Bundesbank, Dr. Andreas Martin, Mitglied des Vorstands, Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) und Dr. Markus Held, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Referat "IT-Infrastrukturen bei Banken" sowie Dr. Waldemar Grudzien, Abteilungsdirektor beim Bundesverband deutscher Banken.
Übereinstimmend erklärten die Teilnehmer, im Grunde seien die Forderungen aus den unterschiedlichen Gesetzesvorhaben und Regulierungsvorschriften im vorgegebenen Zeitrahmen nicht zu stemmen. Sie regten die Gründung eines "Runden Tisches" an, an dem Vertreter der Kreditwirtschaft, der Aufsichtsbehörden und der Regierungen zumindest europaweit die aktuelle Lage neu diskutieren und bewerten sollten.
"Executive Think Tank" erarbeitet Handlungsempfehlungen zu neun Top-Themen der CIOs
Bereits am Vortag hatten sich 40 Banken-CIOs, -COOs, IT-Experten und Anbieter beim Gastgeber UBS Deutschland im Opernturm in Frankfurt zum Workshop des "Executive Think Tank" getroffen. In insgesamt drei eintägigen Workshops hatten die Mitglieder des Think Tanks seit vergangenem Februar institutsübergreifende Lösungsansätze für die neun Top-Themen der deutschen Banken-CIOs erarbeitet.
Die Handlungsempfehlungen, die in ihren Grundzügen ebenfalls am Finance Forum Germany vorgestellt wurden, werden aktuell als Whitepaper zusammengestellt und betreffen die Themen:
• Konsumerisierung und Mobilisierung
• Social Media
• Zusammenarbeit mit der Fachabteilung
• Innovation und Future Management
• Sourcing
• Regulatorik/Security
• Architekturmanagement
• Demographie
• Kundenorientierung
Das 5. Finance Forum Germany findet am 5. Juni 2013 statt.