Dan Bieler, Director Consulting bei IDC, bezeichnet UC als neuen "Mega-Trend". Das wesentliche Moment auf diesem Markt wird die Fähigkeit sein, auf die Bedürfnisse der Anwender einzugehen. Die Anbieter müssen laut Bieler begreifen, dass die Unternehmen UC niemals im Sinne einer „vereinheitlichten" Kommunikation akzeptieren werden. IDC wählt stattdessen den Begriff „allgegenwärtige" Kommunikation, die als Element von "ubiquitärem Computing" zu verstehen sei. "Es geht in erster Linie um offene Schnittstellen", so Bieler.
Damit verweist der Analyst die Vorstellung ins Reich der Illusion, den im Lauf der Jahre entstandenen Flickenteppich an Kommunikations-Mitteln wieder in Einheitsgrau färben zu können. Die Firmen werden weiterhin mit Geräten und Lösungen einer Vielzahl von Anbietern arbeiten. Alles aus einer Hand, das war einmal.
Zugriff auf Daten überall und zu jeder Zeit
Deshalb lautet die maßgebliche Anforderung an UC, den Zugriff auf digitale Daten überall und zu jeder Zeit zu unterstützen. Und zwar durch geeignete Plattformen, Schnittstellen und Endgeräte, die Sprach-Funktionen, Messaging, Kalender-Funktionen und Präsenz integrieren. "Das ist der kleinste gemeinsame Nenner unserer Definition von UC", sagt Bieler. Hinzu kämen noch Web 2.0, Social Networking-Lösungen sowie die Integration von Enterprise Resource Planning (ERP) und Customer Relationship Management (CRM). "Aber das ist weitgehend noch Zukunftsmusik", so Bieler.
In diesem Bereich wird laut IDC künftig der Kampf um den Mehrwert im IT-Markt ausgefochten. Drei von vier Akteuren scheinen dafür gut gerüstet. Die Hardware-Anbieter verteidigen derzeit ihre beherrschende Stellung. "Sie liefern traditionell die Telefon-Infrastruktur", erklärt Bieler. Aus dieser Position heraus haben sie als Vorreiter den Bedarf für UC entdeckt.
Ihre Bastion werden die Hardware-Vendors jedoch nicht zu Gänze halten können. "Die Software-Anbieter - allen voran Microsoft - blasen momentan zum Angriff", so Bieler. Die forsche Herangehensweise dieser Akteure im UC-Bereich hält IDC für durchaus bemerkenswert, weil beispielsweise Sprach-Applikationen einen völlig neuen Ton in der bisherigen Angebots-Palette darstellen.
"System-Integratoren sind mittelfristig die Gewinner"
Die service-orientierten System-Integratoren erwartet IDC mittelfristig als Gewinner auf diesem Markt. "Ganz einfach deshalb, weil sie die Geschäfts-Prozesse verstehen und bestehende IT-Systeme integrieren können", sagt Bieler. Sie eignen sich aus Anwendersicht als Partner, weil sie die Business-Bedürfnisse nachvollziehen und unabhängig über sinnvolle Kombinationen von Infrastruktur, Software und Netzwerken urteilen können.
Die klassischen Telekommunikations-Anbieter (Telkos) allerdings machen nach Ansicht von IDC bislang wenig aus ihrem Alleinstellungsmerkmal: der Hoheit über die Netzwerke. "UC entspricht nicht dem großen Traum der Telkos", so Bieler. Das heißt: Sie wollen möglichst umfassend Ansprechpartner für Network Management sein, ohne sich allzu intensiv mit den Geschäftsprozessen der Anwender insgesamt befassen zu müssen.
Telekommunikationsanbieter scheinen zu schlafen
Die Telkos scheinen UC zu verschlafen. Laut IDC-Prognose rächt sich das aber erst mittelfristig. Im Telko-Kerngeschäft habe der Cash Margin - gemessen als Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit über Umsatz - im vergangenen Jahr bei über 20 Prozent gelegen. Davon können IT-Dienstleister ebenso nur träumen wie Hardware-Anbieter. Auch der UC-Markt gibt aktuell nur einen Bruchteil solcher Margen her.
Kurzfristig lastet also kaum Druck auf den Telkos und sie fahren derzeit mit ihrem Kerngeschäft hervorragend. "Die zögerliche Haltung ist sicherlich nicht rein auf blankes Unverständnis des ITK-Marktes zurück zu führen", so Bieler.
Strategisch allerdings liefen die Telkos Gefahr, als reine Netzwerk-Manager in Irrelevanz zu versinken, prophezeit der IDC-Analyst. Um den UC-Bedürfnissen der Anwender gerecht werden zu können, müssten die sie allerdings beträchtlich investieren. Allen voran in Mitarbeiter, die Verständnis für Geschäfts-Prozesse mitbringen.
Nur wenige Telkos haben sich bislang für den UC-Markt fit gemacht. Bezeichnenderweise befindet sich darunter mit British Telecom ein Unternehmen, das durch den Verlust seiner Mobilfunk-Sparte zu einer Neuausrichtung gezwungen war. Ebenso symptomatisch findet Bieler das Vorhaben der Deutschen Telekom, seine Tochter T-Systems zu verkaufen. Denn gerade sie könnte den Konzern zu einem ernst zu nehmenden Spieler auf dem UC-Markt machen.