Foto: Shutterstock/Sergey Tinyakov
Das Ansehen des CIO ist in den vergangenen Jahren gewachsen, was zum großen Teil auf die rasche digitale Transformation nach der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Hinzu kamen IT-Initiativen, die es ermöglichen, das Optimum aus neuen Technologien herauszuholen.
Somit gab noch nie einen besseren Zeitpunkt, um CIO zu sein. Wenn man bedenkt, wie nahtlos Wirtschaft und Technik ineinander übergehen: Warum sollte man sich als CIO damit zufriedengeben?
Abonnieren Sie unsere CIO-Newsletter für mehr Hintergründe, Strategien und Deep Dives aus der CIO-Community.
Trotz der Chancen, die sich ambitionierten IT-Leiterinnen und IT-Leitern bieten, ist es außerhalb des Technologiesektors nicht üblich, dass CIOs zum CEO aufsteigen. Während IT-Führungskräfte damit betraut werden, Digitalisierungsinitiativen zu überwachen, erhalten nur wenige die Schlüssel zum Unternehmen.
CEOs sind in der Regel ehemalige Finanzchefs, COOs oder sogar Vertriebsleiter. "Wir sehen, dass die Bedeutung der CIO-Rolle zunimmt, aber nicht unbedingt, dass mehr CIOs zu CEOs werden", kommentiert Gabriela Vogel, Senior Director Analystin im Bereich Executive Leadership of Digital Business bei Gartner, den status quo.
Wachstum ermöglichen, Wandel erklären
Vogel zufolge nimmt jedoch der Einfluss von CIOs zu, weil Vorstände vertrauenswürdigen Rat zu den Auswirkungen von Technologien wie KI benötigen. Als Hüter der Unternehmens-IT müssen CIOs verstehen, wie Digitalisierung und Daten das Wachstum ankurbeln können, und diese Erkenntnisse dann an den Vorstand weitergeben.
Laut der CEO-Umfrage 2024 von Gartner sind technologiebezogene Veränderungen für CEOs die zweitwichtigste Geschäftspriorität nach dem Wachstum. Damit ist absehbar: "Hochrangige CIOs haben die Möglichkeit, in Zukunft CEOs zu werden", sagt Vogel, "aber es gibt noch viel zu tun."
In die richtige Richtung entwickeln
Klar ist, dass die moderne digitale Führungskraft kaum noch dem IT-Leiter rund um die Jahrtausendwende ähnelt. Laut Eric Johnson, CIO des Technologieunternehmens PagerDuty, hat sich die Rolle des CIO in den letzten zehn Jahren von einer taktischen operativen Führungskraft zu einer strategischen, transformativen Persönlichkeit gewandelt. Diese erhöhte Sichtbarkeit habe CIOs dazu gezwungen, ihre Technologieinitiativen enger mit den allgemeinen Geschäftszielen abzustimmen und Diskussionen auf höchster Management-Ebene zu führen. Diese Interaktionen, folgert Johnson, haben den Boden für neue Möglichkeiten bereitet.
"Das verstärkte Engagement in den Aufsichtsräten verschafft CIOs wertvolle Erfahrungen, die sich auf die Rolle des CEO übertragen lassen, und verlangt von ihnen, dass sie mehrsprachige Kommunikatoren werden", argumentiert Johnson. CIOs müssten komplexe technologische Konzepte und deren geschäftliche Auswirkungen auch nicht-technischen Führungskräften und Vorstandsmitgliedern verständlich erklären. Hinzu komme der Fokus auf das Geschäftsergebnis, das sie messen oder an dem sie sich messen lassen. "Diese strategische und ergebnisorientierte Denkweise wird CIOs besser denn je in die Lage versetzen, starke Kandidaten für künftige CEO-Posten zu sein."
Smarte Organisationen schaffen
Nick Woods ist CIO der Firma MAG, die die Flughäfen Manchester, London Stansted und East Midlands besitzt und betreibt. Als digitale Führungspersönlichkeit ist der Manager der Ansicht, dass CIOs die höchsten Ränge der C-Suite durchaus erreichen können.
"Der Vorteil als CIO ist, dass man alle Teile des Unternehmens sehen kann", urteilt der Manager. So sei er auf Augenhöhe mit allen Personen am Vorstandstisch, wohingegen viele andere Manager diese Perspektive nicht unbedingt hätten. Woods: "Ich denke, dass der Weg vom CIO zum CEO jetzt der richtige ist, weil wir eine ganzheitlichere Sichtweise haben."
Dieser Meinung ist auch Helen Fleming, Executive Director of Search and Specialisms beim Personalvermittler Harvey Nash. "Es besteht kein Zweifel daran, dass sich der Weg für CIOs zu CEOs öffnet", sagt sie. "Traditionell galt der CFO als derjenige, der am ehesten als CEO in Frage kam. Das ändert sich jetzt. Das Feld wird immer offener, und der CIO ist mit von der Partie."
Fleming geht davon aus, dass bald mehr CIOs in die Rolle des CEOs schlüpfen werden, da digitale Führungskräfte über die richtigen Fähigkeiten verfügen, um moderne Unternehmen zu führen. "Der Anfang ist gemacht, und ich denke, der Trend wird sich weiter verbreiten", sagt sie. "In unserer technologiegesteuerten Wirtschaft ist es immer häufiger sinnvoll, eine Führungskraft zu haben, die von Beruf Technologe ist."
Die Komplexität verstehen
Der Trend ist ermutigend, aber es ist auch wichtig, dass die Erwartungen realistisch bleiben. CIOs sind zwar aufgestiegen und haben digitale Strategien für die Unternehmenstransformation entwickelt, aber der Verweis auf diese Erfolge als Plattform für den Wechsel in eine CEO-Position könnte zu einem Rückschlag führen.
Jon Grainger, CTO der Anwaltskanzlei DWF, sieht eine der größten Herausforderungen in den Rahmenbedingungen der jeweiligen Branche. "DWF ist dafür bekannt, hervorragende juristische Dienstleistungen zu erbringen. Um das zu tun, muss man im Grunde genommen Anwalt sein - und das war nicht mein Weg." Seiner Meinung nach könnten CIOs durchaus CEOs werden, aber nur in der richtigen Umgebung. "Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass ich CEO einer Anwaltskanzlei werde, weil man letztlich die passenden fachlichen Kompetenzen vorweisen muss."
Führungsqualitäten zählen
Eine weitere Herausforderung ist der Scope der Transition. Verglichen mit anderen Vorstandsrollen ist die technologische Führung ein Neuling in der Geschäftsführung. Viele CIOs - und ihre Kollegen in der digitalen Führung wie Chief Data oder Digital Officer - konzentrieren sich voll und ganz darauf, ihre Rolle im Unternehmen zu behaupten. Claire Thompson, Group Chief Data and Analytics Officer beim Versicherungsriesen Legal & General, weiß, wie wichtig es ist, seine Führungsqualitäten in einem Bereich unter Beweis zu stellen, bevor man die Karriereleiter erklimmt.
Die gute Nachricht sei, dass digitale Führungskräfte, die ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, ihren Horizont erweitern werden. "Als ich meine Karriere begann, gab es meine Rolle noch nicht", berichtet Thompson. "Ich bin schon lange in diesem Bereich tätig, habe viele Veränderungen miterlebt und das Tempo der Veränderungen nimmt weiter zu. Deshalb hoffe ich, dass es mehr Möglichkeiten für Datenverantwortliche gibt, sich im Top-Management zu Wort zu melden."
Nicht jedermann kann CEO
Auch sollte die CEO-Rolle nicht als ultimatives Ziel aller digitalen Führungskräfte angesehen werden. Laut Gartner-Analystin Vogel zeigen Untersuchungen, dass 36 Prozent der CIOs zwar CEOs werden wollen, allerdings möchten 24 Prozent in ihrer derzeitigen Position bleiben.
Ein faszinierendes Ergebnis, sagt Vogel: "Viele gehen davon aus, dass man die sich bietende Chance nutzen sollte, aber nicht jeder hat den Ehrgeiz, CEO zu werden - und ich denke, das ist gut und richtig so."
Plan B - der Umweg über den COO
Hinzu kommt, dass andere C-Suite-Führungskräfte, wie etwa der CFO, versuchen, ein tieferes Verständnis für die Auswirkungen des technologiegestützten Wandels zu entwickeln. Somit werden CIOs, die eine CEO-Rolle anstreben, auf erhebliche Konkurrenz stoßen.
Daher sei es für Aspiranten laut Vogel wichtig, Verantwortung zu übernehmen, Werte zu schaffen und ihren Einfluss zu vergrößern. Dies können sie etwa indem sie eine COO-Rolle übernehmen oder einen umsatzbringenden Teil des Unternehmens leiten.
"Ich halte das für einen großartigen Schritt", sagt Gartner-Analystin Vogel. "CIOs werden zu CEOs, wenn sie eng mit dem Wertversprechen des Unternehmens verbunden sind." Fleming von Harvey Nash ergänzt, dass die Rolle des COO ein gutes Sprungbrett für ambitionierte CIOs sein kann. Die Erkenntnisse ihres Unternehmens legen nahe, dass digitale Führungskräfte ihr Ansehen steigern, indem sie zeigen, wie Technologie und Betrieb Hand in Hand gehen: "Der Weg vom CIO über den COO zum CEO wird immer üblicher und ist eine natürliche Entwicklung. Sie verwalten größere Teile des Unternehmens und leiten größere Teams. Dieser Einfluss stärkt ihre Position."
Im Fokus: Innovation und Transformation
Auch wenn der Aufstieg vom CIO zum CEO eine Herausforderung bleibt, werden immer mehr digitale Führungskräfte die Spitze erreichen. Nigel Richardson, Chief Digital and Information Officer bei PepsiCo Europe, ist der Meinung, dass die Chancen dafür davon abhängen, wie sich IT-Verantwortliche positionieren.
"CIOs, die sich auf ERP-Systeme, Infrastruktur, Betrieb und die Bereitstellung von Punktlösungen für funktionale Anforderungen konzentrieren, werden tendenziell nicht zum CEO aufsteigen", so der CDIO. "Aber diejenigen Manager, die sich auf Innovation und geschäftliche Transformation konzentrieren, haben jedes Recht, den Spitzenjob anzustreben."