Den Umgang mit digitalen Medien am Arbeitsplatz empfinden die meisten subjektiv nicht als Stress, zu dem Ergebnis kommt eine Lünendonk-Studie. Die Marktforscher aus dem Allgäu haben zusammen mit der als "Dr. Stress" bekannten Ärztin und Unternehmensberaterin Sabine Schonert-Hirz rund 600 Berufstätigen in Deutschland befragt, wie sie digitale Medien am Arbeitsplatz nutzen.
Smartphone bringt Freude und Stress
"Unsere Studie zeigt, dass wir es in allen Alters- und Berufsgruppen mit selbstverantwortlichen Nutzern digitaler Medien zu tun haben, die jedoch Informationen über deren versteckte Stresspotentiale und Unterstützung bei der Entwicklung individueller Strategien des Umgangs mit diesen Medien brauchen," analysiert Sabine Schonert-Hirz. Thomas Lünendonk, Senior Advisor von Lünendonk & Hossenfelder, ergänzt: "Tablet und Smartphone machen Menschen Freude, lösen gleichwohl Stress aus. Wir gehen professionell mit der jungen Technik um, aber noch nicht professionell mit den Folgen für unsere körperliche und mentale Belastung."
Vor allem die Jüngeren empfinden kaum Stress durch die Nutzung von Social Media, auch Multitasking, also mehrere Aktivitäten gleichzeitig, entweder auf einem oder auf mehreren Geräten zu erledigen, scheint für sie üblich zu sein. 42 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und 40 Prozent der 30- bis 39-Jährigen praktizieren es ständig und oft. Ab dem Alter von 50 Jahren sinkt dieser Anteil ganz rapide. Über 80 Prozent der über 50-Jährigen geben an, selten oder nie Multitasking zu praktizieren.
"Zur gravierenden Belastung kommt es, wenn Multitasking gewohnheitsmäßig ausgeführt wird. Dann macht es unzufrieden, fördert Konzentrationsstörungen, steigert die Stressbelastung und kann sogar massive Schlafstörungen hervorrufen. Deshalb sind auch hier Aufklärung und ein systematisches Konzentrationstraining die angezeigten Maßnahmen", erläutert Medizinerin Schonert-Hirz.
Die Hälfte der Befragten fühlt sich durch Social Media kaum bis gar nicht gestresst. Noch weniger Stress empfinden die Befragten beim Smartphone, E-Mail, dem Internet und dem Tablet. Je stärker die von dem Medium selbst ausgelöste Aufforderung zur Beachtung neu eingegangener Informationen ist, desto größer scheint die empfundene Stressbelastung zu sein.
Selbstkontrolle statt digitaler Null-Diät
"Dass es zu negativen Auswirkungen kommen kann, wird nur ganz vereinzelt wahrgenommen, wenn es zu einer massiven Überbelastung, Schlafstörungen oder gar einer Abhängigkeitsentwicklung gekommen ist. Dass das bereits bei 5 bis 7 Prozent der Jugendlichen diagnostiziert werden kann, ist ein wichtiges Warnsignal", erläutern die Studienautoren.
Auch wenn sich nur eine Minderheit mittelmäßig bis stark gestresst fühlt, sei das ein deutliches Signal an die Gesundheitsbeauftragten der Unternehmen, hier für Entlastung und Abhilfe zu sorgen. Sie sollten jüngere Mitarbeiter über die neurobiologischen Vorgänge bei der Entstehung von digitalem Stress informieren und sie für die Anzeichen sensibilisieren.
In den Augen der Befragten ist Selbstdisziplin das häufigste Mittel, um sich gegen digitalen Stress durch digitale Endgeräte und Kommunikationsmittel zu wehren. Das klappt aus medizinischer Sicht aber auch nicht ohne entsprechende Information und ein gut aufgebautes Training. "Selbstdisziplin ist an ein gutes Funktionieren bestimmter Hirnregionen gebunden. Ermüdung, Langeweile, Erschöpfung oder Unterzuckerung schwächen die Willenskraft und lassen ungünstige gewohnheitsmäßige Verhaltensmuster, wie zu viel Multitasking, immer wieder durchbrechen", so die Studienautoren.
Ein eigenes Zeitfenster zur Nutzung digitaler Medien oder strenge medienfreie Zeiten ("Digital Detox") werden nur von 13 Prozent der Befragten gewünscht. Unternehmensregeln und gesetzliche Vorgaben liegen mit 4 beziehungsweise 5 Prozent ganz weit hinten in der Präferenz der Berufstätigen.