NOCH STAND NICHT FEST, wie der neue Mini-Cooper aussehen sollte, da hatten sich bereits mehr als 100000 Interessenten auf den Mini-Websites von BMW registrieren lassen. Vom vierzigsten Geburtstag des Klassikers im August 1999 an betrieb der Autohersteller ein Jahr lang den gezielten Aufbau der Marke Mini im Internet. „Ziel war, eine weltweite Community für den Mini zu gewinnen und aus Usern Mini-Fans zu machen“, sagt Michael Braekler, bei BMW für die Kundenbindungsprogramme auf dem deutschen Markt zuständig. „Die Daten werden für spätere Kampagnen, zum Beispiel Mailings, verwendet. Allerdings wird zuvor jede einzelne Registratur gecheckt.“ Wer angibt, den Mini zur Familienkutsche machen zu wollen, fällt wieder aus der Kundenliste heraus. Junge, solvente Singles hingegen gehören zur Kernzielgruppe und werden auf jeden Fall angemailt. Kurz: Die Angaben müssen plausibel sein. Am 8. September kam der neue Mini dann auf den deutschen Markt; und die ersten Kunden, davon ist BMW überzeugt, stammen aus den Reihen der Onliner.
Deutsches Pilotprojekt als globaler CRM-Test Der Weg zu einem neuen BMW ist einfach: Das ist – ob es um den Mini, einen 3er, 5er oder 7er geht – die Botschaft, die der bayerische Autokonzern seinen Kunden vermitteln will. Deshalb flossen in das Projekt zur Kundenbindung, intern „Top Drive“ genannt, zwölf Millionen Mark – für Software-Lizenzen, Implementierungen und Beratung. Zunächst ist das Ganze ein Pilotprojekt für den deutschen Markt. Stellt sich Erfolg ein, ist eine Übertragung auf Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Spanien geplant. Über zwanzig verschiedene Software-Systeme und die CRM-Software Clarify führte BMW in Kooperation mit der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers (PWC) zwischen November 1999 und Mai 2001 zusammen. So soll etwa verhindert werden, dass ein Kunde eine Broschüre zweimal erhält. Auch gegen andere Gefahren sieht sich BMW gewappnet: „Ruft ein Student bei der Hotline an, um zum dritten Mal einen 5er-BMW zur Probefahrt zu bestellt, fällt das auf“, so der Münchner PWC-Berater Rainer Mehl. Erklärung: Die Daten liegen einheitlich vor. So lässt sich die zentrale Oracle-Datenbank von BMW beispielsweise auch von Händlern in ihren Dealer-Management-Systemen einsehen. Im Callcenter sind die Agenten auf einen Blick über die Vorgeschichte des Anrufers in Sachen Auto, die letzten Werkstattbesuche und Anrufe informiert. „Das vereinfacht die Beratung“, sagt Mehl, der vor dem Startschuss zu Top Drive vor zwei Jahren an der Prozessentwicklung beteiligt war.
Über Registrierungen Neukunden gewinnen
Seit kurzem fließen nun auch die Registrierungsdaten der Kunden, die seit 1999 im „Car Configurator“ gesammelt wurden, in das zentrale System mit ein. Etwa 200000 Sitzungen zählen die Statistiker derzeit – jeden Monat. Toledoblauer Lack, eine Lordosenstütze für den Beifahrer und ein Navigationssystem mit TV und Bordcomputer: So könnten einige Komponenten eines BMWs der 5er-Reihe aussehen, den sich ein Kunde online zusammenstellt.
Bestellungen laufen allerdings noch nicht übers Netz. Die Auswahl endet in recht groben Mustern. Erwünschter Effekt: Neukunden über das Internet zu gewinnen. An einem online georderten und individuell gefertigten Neuwagen ist BMW derzeit nicht interessiert – anders als die Konkurrenz aus Rüsselsheim (Opel) oder Wolfsburg (VW).
Nächster Schritt: die Probefahrt. „Die erforderlichen persönlichen Daten fragt entweder ein Callcenter-Agent ab, oder sie fließen aus der Registratur in die Datenbank ein“, erläutert Braekler. Die nahe liegenden Händler werden via Extranet von BMW über neue Interessenten informiert und organisieren eine Probefahrt. Vergisst der Kunde den vereinbarten Abholtermin, wird er automatisch daran erinnert – per Mail, SMS, Fax oder Anruf aus dem Callcenter. Und auch mit der Probefahrt reißt der Kontakt zu BMW nicht ab: „Wer etwa einen Z3 getestet hat, wird danach im Rahmen des Kampagnen-Managements auch mit allen Neuheiten über das Fahrzeug versorgt“, sagt Braekler.
Das Kunden-Management ist gleichwohl nie perfekt. „Wir entwickeln unsere Informationssysteme ständig weiter“, so Braekler. Die Vorteile von CRM liegen für ihn auf der Hand: Die direkten Kontakte zum Kunden hätten sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt, etwa 520000 Kunden per Mail, Fax oder Telefon Kontakt zu BMW aufgenommen. Das ist vor allem in Hinsicht auf die Kosten wichtig, denn allein die Versendung von Prospekten habe BMW mehr als 100000 Mark gekostet. „Durch die E-Mail-Anfragen, die wir fast alle innerhalb eines Tages beantworten, und den elektronischen Versand sparen wir heute etwa dreißig bis fünfzig Prozent der früheren Kosten ein.“ Genug, um die Investitionen zu rechtfertigen, die das CRM weiter verbessern sollen.
„Das Ziel ist fast erreicht“, sagt PWC-Berater Mehl, „BMW kennt jetzt viele seiner Kunden, deren Marotten und Vorlieben.“ Zum modernen Tante-Emma-Laden fehlt eigentlich nur noch die Möglichkeit, online zu bestellen.
Kennzahlen: BMW und CRM
Erfolge des Projekts
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