In fast allen Firmen ist die Organisation und Koordination der Entsendung von Mitarbeitern durch eine entsprechende Richtlinie geregelt. Nur vier der 35 Antwortenden haben kein solches Regelwerk. Bei acht von zehn Unternehmen gibt eine weltweit gültige Richtlinie die Rahmenbedingungen für die Entsendung vor. In etwas weniger als der Hälfte dieser Betriebe enthält die Richtlinie regionale Abwandlungen. Die übrigen Firmen regeln die Entsendung eher fallbezogen. Bei ihnen gibt es entweder nur allgemeine Standardvorgaben, oder bei der Entsendung werden individuelle Verträge ausgearbeitet.
Nur knapp ein Drittel der Befragten gab an, dass vorhandene Richtlinien ausnahmslos angewendet würden. Gleichzeitig zeigen sich die Firmen bei der Regelung von Ausnahmefällen restriktiv. Grundsätzliche Ausnahmeregelungen gibt es nur bei wenigen, die meisten entscheiden im Einzelfall über Ausnahmen. Deloitte zufolge haben die Firmen erkannt, dass Richtlinien zusehends untergraben werden, je mehr Ausnahmen grundsätzlich zugelassen werden. Zugleich erweisen sich viele entsendende Unternehmen flexibel, insofern als sie für spezielle Arten von Auslandseinsätzen ihrer Mitarbeiter oft eigene schriftliche Vorgaben ausgearbeitet haben.
Völlig zufrieden sind viele Unternehmen mit dem derzeitigen Stand ihrer Entsende-Richtlinien offenbar noch nicht. Mehrere gaben an, dass sie ihr Regelwerk weiter standardisieren wollen. Bei einigen steht auch auf der Agenda, die Vorgaben zu differenzieren, je nachdem ob es sich um eine Langzeit- oder Kurzzeit-Entsendung handelt.
In der Frage, ob die Entsendung von Angestellten sich besser zentral oder dezentral organisieren lässt, ist in der Umfrage von Deloitte kein Trend zu erkennen. Die eine Hälfte der Befragten wickelt Entsendungen weltweit in der Personalabteilung ihres Hauptsitzes ab, die anderen über die betroffenen Geschäftsbereiche oder in regionalen Personalabteilungen. Einer der Umfrageteilnehmer tanzt aus der Reihe: Das Unternehmen hat die Verwaltung an einen Dienstleister ausgelagert.
Einen Zusammenhang zwischen der Art der Organisation und der Branchenzugehörigkeit einer Firma zeigt die Befragung nicht auf. Allerdings gibt es in fast allen Betrieben, die dezentral mit dem Thema Entsendung umgehen, auch keine weltweit gültige Richtlinie dafür. Das führt nicht selten dazu, dass die betroffenen Mitarbeiter unterschiedlich behandelt werden. Dass dieser Zustand verbesserungswürdig ist, haben laut eigener Aussage die meisten dieser Unternehmen erkannt.
Kostenberechnung schwierig
Der größte Verbesserungsbedarf besteht indes bei der Berechnung der Kosten für eine Entsendung. Dass dieses Thema von hoher Bedeutung ist, zeigt der große Anteil von 86 Prozent der Befragten, die vorab die Entsendungskosten berechnen. Allerdings scheinen viele dabei an ihre Grenzen zu stoßen. So ist nur etwas mehr als ein Drittel der Betriebe überzeugt, die entstehenden Kosten vollständig hochrechnen zu können. An ihre Grenzen stoßen viele Unternehmen zum Beispiel, wenn sie die steuerliche Belastung berechnen wollen, die sich aus Gehalt, Zulagen und sonstigen Vergütungen für den Mitarbeiter ergibt. Unsicher sind viele auch in Fragen nach den Kosten etwa von Schulgebühren, Umzugskosten, Sprachkursen oder interkulturellen Training für ihre entsandten Mitarbeiter. Die Firmen zeigten sich gewillt, sich um eine korrekte Erfassung aller Kosten zu bemühen. Viele halten das schon deshalb geboten, weil sie andernfalls nachteilige Folgen befürchten, beispielsweise Nachzahlungen.
Informationstechnologie unterstützt nur in jedem zweiten Betrieb die Entsendung von Mitarbeitern. Drei der untersuchten Firmen nutzen eine Software, die Entsendeprozesse abbildet. 17 Prozent übermitteln die Daten über entsendete Mitarbeiter mit einem speziellen Computer-Programm. Im Zuge der Standardisierung und einer besseren Kostenberechnung wollen allerdings die meisten Firmen künftig stärker auf IT setzen. Gerade Firmen, die Mitarbeiter in großer Zahl ins Ausland schicken, wollen mittels Technologie den Überblick behalten.
Betreuer organisieren Sprachkurse
Mitarbeiter, die ausschließlich für die Betreuung von Mitarbeitern im Ausland zuständig sind, gibt es in vier von zehn Firmen. Bei den anderen erledigen Mitarbeiter die Betreuung neben anderen Aufgaben. Unternehmen aus Europa, dem Nahen Osten oder Afrika setzen durchschnittlich drei Vollzeitkräfte für die Betreuung ein, die Firmen aus den anderen Regionen der Welt nur eine. Die Zuständigen führen in den meisten Fällen Informationsgespräche mit den Mitarbeitern, die entsendet werden sollen (94,3 Prozent). Häufig koordinieren sie auch Dienstleistungen wie den Umzug oder buchen Sprachkurse.
Danach gefragt, ob sie genug Zeit und Personal haben, um zu entsendende oder entsendete Mitarbeiter zu betreuen, gaben 43 Prozent zu, dies sie nicht der Fall. Nur gut die Hälfte der Firmen zeigte sich in der Lage, mit den vorhandenen Kräften in der Personalabteilung schnell reagieren zu können, wenn mit einem Mal deutlich mehr Mitarbeiter entsandt werden sollen.
Auch wenn sie Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten erkannt haben, wollen die meisten Firmen ihre Prozesse rund um die Entsendung nicht grundsätzlich umstrukturieren. Mehr als zwei Drittel beurteilen ihre Abläufe als effizient oder sogar sehr effizient. Der überwiegende Anteil der Befragten gab an, seine Entsendeprozesse möglichst bald verbessern zu wollen. Dies scheint nicht zuletzt daran zu liegen, dass die Entsendung künftig noch wichtiger werden könnte. So wollen 40 Prozent neue Standorte in Asien oder Osteuropa aufbauen. Insgesamt 83 Prozent der Firmen sehen für die Zukunft steigenden Bedarf, Mitarbeiter ins Ausland zu schicken.
Die Ergebnisse der Umfrage hat die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte unter dem Titel "Nahe liegend. Expatriate Management in Deutschland" veröffentlicht. 500 der umsatzstärksten deutschen Unternehmen wurden angeschrieben. 35 schickten die Fragebögen ausgefüllt zurück. Repräsentative Aussagen lassen sich bei einer Rücklaufquote von knapp sieben Prozent aus den Antworten zwar nicht ableiten, wie Deloitte einräumt. Allerdings entsprächen die Ergebnisse den Erfahrungswerten der Berater und zeigten Entwicklungen auf. 42 Prozent der Umfrageteilnehmer gehören zur Fertigungsindustrie.