Markus Jotzo ist sich sicher: Nicht jeder Kumpelchef ist auch eine gute Führungskraft. Ganz im Gegenteil! "Chefs kommen immer wieder in Situationen, in denen sie ihren Mitarbeitern etwas sagen müssen, das den Mitarbeitern nicht gefallen wird. Das muss wertschätzend passieren, aber auch konfrontativ. Da kann man nicht der Kumpelchef bleiben." Jotzo meint damit nicht, dass ein Chef laut und meckernd auftreten soll, wenn es zu konfrontativen Situationen kommt.
"Seine klaren Ansagen sollten Daten und Fakten enthalten und dem Mitarbeiter genau verständlich machen, was kritisiert wird", erläutert er und nennt dies den "wertschätzenden Schmerz". Während des Gesprächs mit dem Chef mache es dem Mitarbeiter keinen Spaß. Aber mit der Zeit werde er feststellen, dass er durch das klare und zeitnahe Feedback etwas gelernt hat.
Mitarbeiter individuell entwickeln
Nicht selten sind es die unbequemen Chefs, die bei den Ergebnissen und der Mitarbeiterentwicklung nicht zu toppen sind, so Jotzo, der acht Jahre als Führungskraft bei Unilever gearbeitet hat und heute als Speaker und Trainer tätig ist. Sein Buch "Der Chef, den keiner mochte" enthält Handwerkszeug für den Sprung zur exzellenten Führungskraft. Es zeigt den Weg vom konventionellen konsensorientierten Führungsstil hin zur individuellen Mitarbeiterentwicklung und zur Steigerung des Gesamtnutzens fürs Unternehmen.
"Ein exzellenter Chef beobachtet seine Mitarbeiter und ihr Verhalten genau. Er sieht sich an, welche Ergebnisse der Mitarbeiter abliefert, wie sein Schreibtisch aussieht und wie er seine Protokolle strukturiert", sagt Jotzo. Dann gehe es darum, Stärken zu stärken und Schwächen auszubügeln. Er selbst hatte zum Beispiel mal eine Mitarbeiterin, die sich ständig für alles entschuldigt hat. "Ich habe sie gebeten, damit aufzuhören, weil ich mir eine selbstbewusste Mitarbeiterin wünsche, die sich nicht ständig entschuldigt", so Jotzo.
Feedback für den Chef
Als Chef ist es ihm nicht nur wichtig, Feedback zu verteilen sondern auch für sich selbst einzuholen. "Zweimal im Jahr sollte man seine Mitarbeiter um Feedback bitten", empfiehlt Jotzo. "Da wird am Anfang nicht viel kommen und man wird als Chef auch nie alles erfahren. Doch wenn die Mitarbeiter merken, dass man ihnen zuhört und auf ihr Feedback eingeht, werden sie offener." Er lässt seine Mitarbeiter zum Beispiel auf einer eins bis zehn bewerten und fragt sie dann ganz gezielt, was ihnen zur zehn fehlt. So erhalte er konstruktive Antworten.
Aufgaben priorisieren
Eine weitere Empfehlung bezieht sich auf die Themen Arbeitszeit und -organisation: "Als Chef hat man Einfluss darauf, wie viel gearbeitet wird. Immer mal wieder ein paar Überstunden, besonders in heißen Phasen, halte ich für normal. Doch das sollte keineswegs die Regel werden. Deshalb sollte man sich regelmäßig mit dem Team überlegen, wo die Prioritäten liegen", so Jotzo. Dann wird entschieden, welche Aufgaben in welchem Umfang erledigt werden und welche liegenbleiben. "Es ist immer mehr Arbeit da, deshalb muss man immer wieder Prioritäten setzen", findet er.
"Der Chef, den keiner mochte" von Markus Jotzo ist im Gabal Verlag erschienen (2014; 240 Seiten; broschiert 24,90 Euro).