Gehaltsverzicht der Millionäre

Manager als unglaubwürdige 1-Euro-Jobber

18.05.2009 von Anja Tiedge
Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin tun es, AIG-Chef Edward Liddy tut es, und Postbank-Primus Wolfgang Klein bald auch, wenn er unbedingt muss: Sie sind Topmanager, die für das symbolische Gehalt von einem Euro im Jahr arbeiten. Bloße Bescheidenheit oder peinliche PR-Maßnahme?

"Ich arbeite 2009 für ein Jahresgehalt von einem Euro." Die Worte aus dem Mund von Postbank-Chef Wolfgang Klein klingen fest entschlossen - wäre da nicht der Nebensatz: "Wenn der Aufsichtsrat es will." Soll heißen: Wenn es unbedingt sein muss, verzichte ich eben auf mein Gehalt.

Schließlich gehe es dem Manager, der 2008 einen Sonderbonus von 2,4 Millionen Euro eingestrichen hat, nach eigener Aussage um das Wohl der Bank und nicht um seine eigenen Interessen. Seitdem Klein diese Botschaft verlauten ließ, sind knapp zwei Wochen vergangen - ohne dass der Aufsichtsrat den Postbank-Primus offiziell zum Lohnverzicht aufgefordert hätte.

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Andere Unternehmenslenker, zumeist solche in den USA, lassen sich nicht so lange bitten. Sie üben sich seit Jahren in Verzicht, so wie Larry Page und Sergey Brin. Gerade läuteten die Google-Gründer eine neue Gehaltsrunde ein, und wieder kam nur ein mickriger Dollar für sie herum. Seit nunmehr fünf Jahren, also seit dem Börsengang des Internetkonzerns 2004, ist das regelmäßig der Fall.

Sorgen muss man sich um die Google-Guys aber nicht, denn mit der gleichen Regelmäßigkeit platzieren sie sich auf den vorderen Plätzen der Reichstenliste des US-Magazins "Forbes". Unter den wohlhabendsten Managern der Technologiebranche belegen sie aktuell Rang fünf. Allerdings verlor Brin demnach im vergangenen Jahr 6,7 Milliarden Dollar seines Vermögens und damit 35 Prozent; Page büßte mit vier Milliarden Dollar rund 27 Prozent seines Vermögens ein.

Damit hält man im Silicon Valley nicht hinterm Berg. "Trotz der Milliardenverluste mit ihren Google-Aktien infolge der Finanzkrise", so verlautet es aus der Google-Zentrale, "ist das Grundgehalt der Manager 2008 unverändert geblieben." Das Führungstrio, bestehend aus Page, Brin sowie Google-Chef Eric Schmidt, habe sich freiwillig dazu bereit erklärt, sein Grundgehalt bei einem Dollar zu belassen, betont der Konzern.

Bescheidenheit kommt nicht als solche an

Bezahlt würden die Manager weiterhin in Form von "Gewinnen durch den Besitz von Google-Aktien". Zwar hat auch diese in den vergangenen Monaten erheblich an Wert eingebüßt. Die Papiere werfen aber noch so viel ab, dass die Hauptanteilseigner damit über die Runden kommen: Unter dem Strich schätzt "Forbes" das Vermögen von Brin auf zwölf Milliarden, das seines Kompagnons Page auf elf Milliarden Dollar.

Doch das sind Hintergrundinformationen, die der Öffentlichkeit zumeist nicht bewusst sind. In den Köpfen bleiben lediglich die Schlagzeilen hängen: "Postbank-Chef Klein wird Ein-Euro-Jobber" oder "100 Cent als Jahresgehalt". Das Wörtchen "symbolisch", das den Minigehältern in den Schlagzeilen oft vorangeht, soll selbst als Symbol fungieren.

Ob die vermeintliche Bescheidenheit in der Öffentlichkeit tatsächlich als solche ankommt, bezweifelt Kommunikationsberater Peter Engel von der Agentur Engel & Zimmermann. "Dieser Gehaltsverzicht ist überdreht und peinlich", sagt er. "Niemand glaubt ernsthaft, dass jemand für einen Euro im Jahr arbeitet." Bislang habe jedenfalls noch kein Manager mit symbolischem Gehalt Hartz IV beantragen müssen.

Wie bei den milliardenschweren Gehältern, die sich einige Führungskräfte selbst in Krisenzeiten gönnen, und die immer wieder für einen Aufschrei der Empörung sorgen, fehle auch nach unten hin das richtige Maß. "Wenn die Bezahlung zu stark von dem abweicht, was als gerecht empfunden wird - egal ob nach unten oder nach oben - ist das unglaubwürdig und weckt Misstrauen", so Engel. Das könne dem Image Schaden zufügen.

Sie sollten sich angemessen bezahlen lassen

Will ein Manager auf sein Gehalt verzichten und damit ein Zeichen setzen, empfiehlt der Experte andere Maßnahmen: "Sie sollten sich angemessen bezahlen lassen und das Geld für einen wohltätigen Zweck spenden." Denn was die Öffentlichkeit vor allem zu schätzen weiß, sei ein nachvollziehbares und transparentes Gehalt.