Chefs sind Weltmeister im Delegieren und setzen ihren Willen durch, Managerinnen dagegen zeichnen sich durch Fleiß aus und sind kommunikationsstark, so die Ansicht der Deutschen. Auch kooperatives, partnerschaftliches Verhalten sehen Männer und Frauen als eine typisch weibliche Führungseigenschaft an. Männer halten weibliche Führungskräfte außerdem für sehr sensibel. Dies sind Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung zum Thema Manager-Qualitäten, die die Personalberatung InterSearch Executive Consultants im Frühjahr 2013 durchgeführt hat.
„Auch wenn man sich hüten sollte, Klischees unreflektiert zu übernehmen, zeigen sich in der Praxis kleine aber feine Unterschiede in den Führungsstilen von Männern und Frauen“, stellt Julia Böge, Partnerin der Personalberatung InterSearch Executive Consultants, fest. Doch welchen Einfluss hat weibliche Führung auf den Unternehmenserfolg? Einen positiven, wie das Familienministerium bereits 2011 nachgewiesen hat: Von einem „robusten positiv signifikanten Performance-Effekt von Frauen in Aufsichtsräten bei Unternehmen mit bestimmter Unternehmenscharakteristik“ ist in der Studie mit dem Titel „Frauen in Führungspositionen“ die Rede.
Diversity als Schlüssel zum Erfolg
Ob Frauen wirklich etwas besser machen als Männer – und wenn ja, was – ist nicht entscheidend. Es geht um den positiven Einfluss der im amerikanischen Raum schon lange gelebten „Diversity“. In einem Satz: „Die Mischung macht’s.“ Das hat inzwischen auch die deutsche Wirtschaft erkannt. Eine Erkenntnis, die sicher auch vom demografischen Wandel beschleunigt wurde.
„IT-Unternehmen sind traditionell Vorreiter in Sachen Diversity: Unterschiedliche Kulturen, verschiedene Geschlechter, Menschen mit Handicaps – sie alle werden hier vor allem nach ihrem Können bewertet“, sagt Böge, die sich auf Kundenunternehmen aus dem IT-Bereich spezialisiert hat. Um also in einem IT-Unternehmen erfolgreich zu sein, zählen Know-how und Kreativität weit mehr als oberflächliche Kriterien wie ein Universitätsabschluss mit Bestnote. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es in Technologieunternehmen um ein ständiges Neuerfinden geht und somit althergebrachtes Wissen allein nicht der Schlüssel sein kann. Stattdessen geht es um das Teilen unterschiedlicher Erfahrungen sowie das Sammeln von Ideen – und das wird dadurch bereichert, dass die Mitarbeiter verschiedene Hintergründe haben.
Auch in Deutschland haben IT-Firmen erkannt, dass sie mehr Frauen in ihren Führungspositionen brauchen. So rief der Bitkom-Verband 2011 die Initiative „Frauen in die IT“ ins Leben. Die angeschlossenen Unternehmen unterliegen seitdem einem freiwilligen Kodex zur Frauenförderung. Als Ziel hat der Verband die Marke 15 Prozent für das Jahr 2020 ausgerufen. Doch konnte der Anteil der Frauen in Führungspositionen innerhalb der Branche bisher noch nicht gesteigert werden – im Gegenteil, er ist sogar gesunken: von sechs Prozent 2011 auf aktuell vier Prozent. Der Grund: Das Programm hat in erster Linie dazu geführt, dass Unternehmen wie Microsoft, Hewlett-Packard und SAP bei der Rekrutierung von Frauen noch stärker miteinander konkurrieren. Und nicht nur sie: Immer mehr traditionelle Unternehmen gründen digitale Abteilungen und wünschen sich auch hier vorzeigbare Frauenquoten.
Managerinnen für technische Ressorts Mangelware
Personalberater wie InterSearch Executive Consultants, die viele Kunden aus der IT-Branche haben, erhalten immer häufiger die Vorgabe, auch qualifizierte Frauen für Führungspositionen vorzuschlagen. Laut einer Untersuchung des Bundesverbands der Unternehmensberater (BDU) unter 530 Mitgliedern registrieren 60 Prozent der Personalberater noch immer eine zunehmende Nachfrage in der TIMES-Branche (Telekommunikation, Informationstechnologie, Multimedia, Entertainment und Sicherheitsdienste). Doch die professionellen Vermittler können den Bedarf nur teilweise decken. Am besten gelingt das im Human-Resources-Bereich: Hier liegt der Anteil der bei TIMES-Unternehmen vorgestellten weiblichen HR-Führungskräfte bei fast 54 Prozent im Vergleich zu 34 Prozent über alle Branchen hinweg.
„Im HR-Bereich herrscht zurzeit ein Überangebot. Das liegt daran, dass es viele geeignete Personalmanagerinnen auf dem Arbeitsmarkt gibt und für diese Position nicht zwangsläufig technisches Know-how notwendig ist“, erklärt Rekrutierungsexpertin Böge. „Sicherlich spielen hier auch die Vorurteile der Männer eine Rolle, Frauen seien besonders sensibel und deshalb für den Personalbereich gut geeignet.“ Jedoch würden über hohe Manager-Posten nach wie vor meist Männer entscheiden, fügt sie hinzu.
Wesentlich komplizierter ist die Situation bei Management-Posten in technischen Verantwortungsbereichen: Unternehmen fordern auch hier, dass wenigstens eine Kandidatin auf der Shortlist steht – doch dem steht die Wirklichkeit entgegen: „Zwar hat sich der Anteil von Frauen in Informatik-Studiengängen 2012 deutlich erhöht und beträgt derzeit 22,5 Prozent. Doch benötigen diese Frauen nach ihrem Studienabschluss je nach Management-Ebene noch fünf bis zehn Jahre Berufserfahrung, um reif für die entsprechenden Führungspositionen zu sein“, sagt Böge. So wird es noch eine Weile dauern, bis die IT-Unternehmen in Deutschland ihren Frauenanteil in Top-Management-Positionen nennenswert steigern können.
Hoher Frauenanteil nicht um jeden Preis
Den IT-Unternehmen rät Böge daher, angesichts dieser schlechten Aussichten nicht „blind“ Manager-Posten an Frauen zu vergeben, nur um die Ziele zu erfüllen und keiner öffentlichen Kritik ausgesetzt zu sein. Dass das nicht zum Erfolg führt, hat die Telekom, die als erstes DAX-Unternehmen eine Frauenquote eingeführt hatte, Ende 2010 mit der Abberufung der ersten „Quotenfrau“ nach nicht einmal sechs Monaten Amtszeit gezeigt.
Für Technologie-Unternehmen, die ihren Frauenanteil erfolgreich und nachhaltig erhöhen wollen, hat InterSearch-Partnerin Böge folgende Tipps, um die wenigen geeigneten Kandidatinnen am Markt von sich zu überzeugen:
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Kandidatinnen das gleiche Gehalt gezahlt zahlen wie männlichen Anwärtern – und das auch aktiv kommunizieren. So erkennen sie: Diesem Unternehmen bin ich genauso viel Wert wie ein männlicher Kandidat.
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Arbeitgeber aktiv das Führen in Teilzeit beziehungsweise eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit in Aussicht stellen, auch wenn die Kandidatin noch keine familiären Verpflichtungen hat. Das hat laut Böge keinen wirtschaftlichen Nachteil für das Unternehmen, denn Personal, das in Teilzeit arbeitet, sei nachweislich effektiver als Vollzeitkräfte. Außerdem würden Frauen mit Karriereambitionen von allein schnellstmöglich wieder in Vollzeitpositionen wechseln.
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Mit unterstützenden Maßnahmen für eine Kinderbetreuung zusätzlich punkten. Dies gelte auch, wenn noch keine Kinder da sind, denn die Managerin soll dem Unternehmen möglichst lange erhalten bleiben.
Dass dies die wichtigsten Kriterien sind, bestätigt auch eine Studie des BDU zum Thema „Karriere von Frauen in Fach- und Führungskräfte-Positionen“. Sollten einem Unternehmen zu wenige Kandidatinnen für eine Manager-Position zur Verfügung stehen, kann es professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Personalberatungen, die sich den Kandidatinnen über Direktansprache und mit ausgeprägtem Branchen-Know-how nähern, gelingt es auch, Frauen für eine Stelle zu gewinnen, für die diese umziehen müssen.
Dies erfordert Personalexpertin Böge zufolge größtes Fingerspitzengefühl, weil Frauen, die in der Mitte ihres Lebens stehen und Familie haben, einen Umzug meist scheuen würden. „Verzichten die Unternehmen auf eine bundesweite oder gar internationale Direktsuche, werden sie ihr Ziel einer höheren Frauenquote schnell aufgeben müssen“, ist Böge sich sicher.