Frau Rövekamp, wenn eine junge Informatikerin gerade ihren Hochschulabschluss abgelegt hat und Sie fragt, warum sie beruflich zur Deutschen Bahn kommen sollte, was antworten Sie ihr?
Marion Rövekamp: Ich frage sie, was sie gerne machen würde. Mit unseren insgesamt über 500 Jobprofilen haben wir unseren gut 300.000 Mitarbeitern auch international viele Entwicklungsperspektiven zu bieten. Auf die junge Frau bezogen: Wir haben allein in diesem Jahr etwa 200 IT-Stellen zu besetzen - vom Softwarearchitekten bis zum Projektleiter. Den Großteil suchen wir im Frankfurter Raum für unsere Tochter DB Systel, die mit 3400 Mitarbeitern für alle IT- und TK-Projekte der Deutschen Bahn zuständig ist. Aber auch in meinem Geschäftsfeld, dem Personenverkehr, gibt es spannende Chancen für junge Informatikerinnen. Denn die Digitalisierung treibt uns um.
Das klingt, als hätte Ihr Unternehmen einen gewissen Nachholbedarf.
Marion Rövekamp: Wir wollen mehr junge Frau für technische Berufe begeistern. Dafür werben wir beispielsweise am Girls'Day und auf Messen. Auch entwickeln wir immer wieder besondere Aktionen wie etwa eigene Recruiting-Veranstaltungen für Frauen.
Warum müssen die Mädchen so aus der Reserve gelockt werden?
Marion Rövekamp: Unter anderem deshalb, weil ihnen leider immer noch in vielen Familien weniger technische Begabung zugetraut wird als den Jungen.
Mal geketzert: Was ist schlimm daran, wenn Technik im Wesentlichen Männersache ist? Das läuft doch ganz gut.
Marion Rövekamp: Wir brauchen angesichts des demografischen Wandels in Zukunft viele gut ausgebildete Fachkräfte - Männer wie Frauen gleichermaßen. Außerdem ändern sich mit der Digitalisierung viele Berufsbilder in hohem Tempo. Darauf müssen wir uns einstellen. Wir denken daher auch intensiv darüber nach, wie sich die Arbeitswelten umgestalten werden.
In fünf Jahren soll jede fünfte Führungskraft eine Frau sein
Wie viele Frauen möchte die Deutsche Bahn in Zukunft beschäftigen?
Marion Rövekamp: Im Jahr 2020 soll jeder vierte Mitarbeiter und jede fünfte Führungskraft bei der DB eine Frau sein. Das wäre ein schöner Erfolg, ist aber auch eine Herausforderung. Denn bisher ist ja zum Beispiel in der Instandhaltung und bei den Lokführern der Frauenanteil wesentlich niedriger.
Wen sollen die neuen Mitarbeiterinnen ersetzen?
Marion Rövekamp: Zum einen scheiden viele Kollegen in den nächsten Jahren altersbedingt aus. Unsere Mitarbeiter sind im Durchschnitt 46 Jahre alt. Es geht aber auch darum, sich in Teams aus Jung und Alt gemeinsam für die neuen Berufsbilder und Aufgaben, die da kommen werden, vorzubereiten.
Gibt es auch Frauen, die gar nicht führen wollen?
Marion Rövekamp: Das ist vielfach eine Frage der Vereinbarkeit. Ich möchte begabten, leistungsstarken Frauen, auch wenn sie ein Kind bekommen, gerne sagen: Arbeitet Vollzeit! Aus meiner Sicht stellen noch zu viele auf Teilzeit um. Deshalb braucht es einerseits gezielte Talentförderung und andererseits innovative Arbeitszeitmodelle.
Aber auch wer zu Hause arbeitet, kann sich in dieser Zeit nicht um seine Kinder kümmern.
Marion Rövekamp: Die Unternehmen können diese Probleme nicht alleine lösen. Wir können nur Angebote machen, beispielsweise durch Kita-Plätze unterstützen. Vieles hängt aber auch davon ab, auf wie viele Schultern die Familienarbeit verteilt wird. Wenn zum Beispiel Männer und Frauen gleichzeitig befristet in Teilzeit gehen, ist das etwas anderes, als wenn es nur die Frauen trifft. Männer, die sich für solch ein Modell entscheiden, sind ein guter Fall von gelebtem Diversity-Management.
Machen das viele?
Marion Rövekamp: Sabbaticals sind recht beliebt. Allerdings beschränken sich die meisten Männer auf ein bis drei Monate.
Was halten Sie von der Frauenquote?
Marion Rövekamp: Die Quote in Aufsichtsräten hilft in den konkreten Fällen, über die wir jetzt gesprochen haben, nicht viel.
Die Selbstüberschätzer der Generation Y, die Arbeitszeitverkürzer und Urlaubsverlängerer der Generation Z - gibt`s die auch im wirklichen Leben oder nur in den Medien?
Marion Rövekamp: Es gibt im entsprechenden Alter sicherlich freizeitbetonte Typen, aber ich erlebe auch sehr leistungswillige und engagierte junge Menschen. Pauschal halte ich nicht so viel von solchen Generationen-Schubladen. Auch älteren Kollegen ist eine vernünftige Balance von Beruf und Privatleben nicht egal.
Was empfehlen Sie jemandem, der so viel arbeitet wie Sie?
Marion Rövekamp: Mir macht meine Arbeit Spaß, sonst würde ich sie nicht machen. Ich versuche meinen Mitarbeitern möglichst viel Freiraum einzuräumen.
Fünf Tipps für Managerinnen
Zonta, ein Netzwerk berufstätiger Frauen in verantwortlicher Position, will Frauen in Beruf und Gesellschaft fördern. Es ist in mehr als 60 Ländern vertreten und von der UNO als konsultative Nichtregierungsorganisation anerkannt. In einem Vortrag im Zonta Club München City gab Marion Rövekamp Frauen fünf Tipps:
Von Anfang an netzwerken. Bienenfleiß findet selten den verdienten Lohn, wenn er nicht ins rechte Licht gerückt wird.
Position beziehen, immer wieder zeigen, wofür man steht.
Mitarbeiter fordern und fördern. Erfolg haben kann man auf Dauer nur mit einem leistungsstarken, loyalen Team. Bloßer Druck bringt hier wenig.
Das Umfeld im Blick haben: Auf welche Stakeholder ist man angewiesen, mit wem sollte man sich verbünden, mit wem vor jeder Entscheidung sprechen? Wo sollte man sich sehen lassen? Wann ist es förderlich, auch mal an der Bar zu diskutieren?
"Bleib du selbst, nutze deine Chance als Frau": Frauen, denen bunte Farben stehen, sind nicht verpflichtet, sich in graue Herrenanzüge zu kleiden. "Männer können besser sehen als hören."
IT-Experten gesucht
Die Deutsche Bahn will in nächster Zeit rund 200 IT-Stellen besetzen. Gesucht werden ITK-Berater, Projekt-Manager, Softwarearchitekten, Entwickler sowie Mitarbeiter für Betriebsführung und Wartung. Für die ITK-Tocher DB Systel sind rund 3400 Mitarbeiter tätig, darunter viele (Wirtschafts-)Informatiker, Mathematiker und andere Naturwissenschaftler. Sie kümmern sich um mehr als 500 produktive IT-Verfahren der Deutschen Bahn und betreuen ein konzernweites Bürokommunikationssystem mit 96.000 Nutzern.