Um die Potenziale des technischen Wandels herauszuarbeiten, ist zunächst zu definieren, was überhaupt darunter zu verstehen ist. Was, mit anderen Worten gesagt, spielt sich da draußen gerade am Markt eigentlich ab? Leider wird die Diskussion hierüber in aller Regel auf das Buzzword "Cloud" reduziert und mit dem Hinweis auf die damit verbundenen vermeintlichen Sicherheitsrisiken abgetan.
Was also sind die technischen Megatrends?
Neue technologische Möglichkeiten haben zu Marktverschiebungen geführt und ganze Branchen ergriffen - mit dem Ergebnis, dass vormals klare Branchenabgrenzungen mehr und mehr verwischen. Ein Beispiel hierfür ist der Google-Konzern, der mittlerweile sogar Autos produziert. Gleichzeitig entstehen völlig neue Unternehmensmodelle, die teilweise rasant wachsen und gewachsene Strukturen angreifen, wie gerade erst zu sehen bei mytaxi, das die Taxizentralen vor eine enorme Herausforderung stellt.
Auch leidet der stationäre Buchhandel unter dem Aufkommen und der steigenden Beliebtheit von E-Book-Readern. Web-Konferenzen ersetzen zunehmend die herkömmlichen Präsenz-Meetings und zum Leidwesen der CD-Industrie laden die Konsumenten heute ihre Lieder lieber im mp3-Format herunter. Doch damit nicht genug, reguliert SMARTHome das Wohnhaus automatisch, und statt Autos zu besitzen, setzen sich in Großstädten App-basierte Car-Sharing-Modelle wie car2go oder DriveNow zunehmend durch.
Bereits aus diesen wenigen Beispielen lässt sich tendenziell ableiten, dass die technologische Innovation nicht nur Mittel zum Zweck, sondern weit darüber hinaus auch Treiber ist für eine Vielzahl an neuen Angeboten, Services und Geschäftsmodellen, die Anbieter mit traditionellen Strukturen immer mehr vor große Herausforderungen stellen werden.
Die Industrie versieht zunehmend jedes Gerät, jedes Fahrzeug, schlichtweg jedes "Ding" mit einer eigenen IP-Adresse, man spricht daher heute in diesem Kontext auch vom "Internet der Dinge".
Letztlich entstehen durch diese Vernetzung von Geräten riesige neue Datenmengen, was zum sogenannten Big-Data-Phänomen führt.
Die aufkommenden Datenmengen werden zunehmend in großen Rechenzentren zentral gespeichert und genutzt - Stichwort Cloud-Computing.
Der Zugang zu diesen extern gespeicherten Daten erfolgt dann über mobile Endgeräte, also Smartphones, Tablets und Laptops.
Und schließlich ändert sich die Art des Zusammenarbeitens über moderne Kollaborationsplattformen, die sich an Vorbildern wie Facebook orientieren.
Vor diesem Hintergrund spricht man von der Digitalisierung der Wirtschaft, ja sogar des gesamten Lebens. Dabei stehen zunehmend nicht mehr länger die Produkte im Mittelpunkt des Interesses, sondern einzelne Services, die individuell und bedarfsgerechnet konsumiert werden können und entsprechend zu bezahlen sind. Wo sich heute noch einzelne Unternehmen auf die gesammelten Bedürfnisse aller Kunden oder großer Kundengruppen konzentrieren, erfüllt künftig eine Vielzahl von Zulieferern die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden.
Cloud-Computing in aller Munde
Der wohl am meisten diskutierte Trend in der IT-Industrie ist das Cloud-Computing. Darunter versteht man den Ansatz, abstrahierte IT-Infrastrukturen wie Rechenkapazität, Datenspeicher, Netzwerkkapazitäten oder auch fertige Software dynamisch an den Bedarf angepasst über ein Netzwerk zur Verfügung zu stellen (Quelle: Wikipedia). Das betrifft nicht zwangsläufig immer komplette Systeme, sondern kann sich durchaus auch auf modularisierte Einzelservices beziehen.
Die Zahlen belegen, dass sich cloudbasierte Systeme rasant verbreiten. Folgt man den Prognosen der Analysten, dann werden reine Cloud-Systeme und hybride Ansätze zusammen im Jahr 2016 bereits über drei Viertel aller IT-Anwendungen ausmachen. Laut Saugatuck sind es in Nordamerika 88%, Europa 83%, Asien/Pazifische Region 86%.
Überzeugende Argumente für "die Wolke"
Für die Kunden sind solche Cloud-basierten Systeme in gleich mehrfacher Hinsicht äußerst attraktiv. Aber damit sich diese Modelle durchsetzen, bedarf es eines Anstoßes, der den Impuls für einen Wechseln in die Cloud gibt. Dieser liegt in der überzeugenden Einfachheit der Handhabung: Die Kunden zahlen im SaaS-Modell in der Regel eine monatliche Subskriptionsgebühr, die sich in ihrer Höhe nach der Anzahl von Nutzern oder dem Verbrauch richtet.
Die geeigneten Zugänge via Mobile, Web oder Desktop sind dabei inklusive Hardware, Datenbanken, Anwendungssoftware, Wartungsgebühren, Upgrade-Kosten und allen erdenklichen Betriebskosten meist komplett enthalten. Damit lässt sich allerdings noch keine dezidierte Aussage darüber treffen, welches Modell preiswerter ist. Jedes Unternehmen kalkuliert hier aufgrund der individuellen IT-Situation und der Vielzahl der vorhandenen Systeme anders.
Den vielen Vorteilen stehen allerdings auch immer Herausforderungen gegenüber. Dass die Cloud andere Problemstellungen mit sich bringt als traditionelle On-Premise-Anwendungen, liegt dabei auf der Hand. Die wichtigsten sind:
Die Einführung Cloud-basierter Systeme erfordert oftmals prozessuale Änderungen, die es bei den Unternehmen umzusetzen gilt. Das kann unter Umständen auch eine Wandlung von Rollen und eine Verlagerung von Mitarbeiterkompetenzen einschließen.
Bei hybriden Systemen muss stets an die Importschnittstelle und den Datentransfer vom On-Premise-System in die Cloud gedacht werden.
Sowohl die Verfügbarkeit als auch die Performance müssen über entsprechende Service-Level-Agreements (SLA) und Service-Level-Objectives (SLO) geregelt werden, und auch auf ein permanentes Löschen der Daten nach Kündigung eines Services ist bereits bei Vertragsabschluss zu achten.
Im Rahmen von Sicherheit und Datenschutz sind Vereinbarungen zu treffen - und zwar sowohl von der legalen Seite als auch hinsichtlich der Technik und Produktarchitektur.
Relevanz im Bereich Konsolidierung
Was aber bedeuten nun diese neuen Möglichkeiten für die Arbeit im Accounting, hier insbesondere mit Blick auf das Beispiel des Konsolidierungsprozesses? Zuallererst bieten die technologischen Entwicklungen die Möglichkeit, anders und dabei effektiver als bisher zusammenzuarbeiten und dabei auch andere Schwerpunkte zu setzen:
Hardware, Produkt-Updates, Release-Wechsel und Patches spielen faktisch keine Rolle mehr.
Im Sinne eines Software Asset Managements (SAM) erfolgen Zahlungen nur noch nach Bedarf und Nutzung oder Anzahl der Nutzer. Hingegen gehören Lizenzen und Wartungsverträge herkömmlicher Art der Vergangenheit an. Außerdem können bei Nutzungsspitzen jederzeit weitere Ressourcen per Mausklick flexibel hinzugeschaltet werden.
Sämtliche Daten und Informationen können - die Berechtigung vorausgesetzt - über alle zur Verfügung stehenden Endgeräte wie PC, Laptop, Tablet oder Smartphone unabhängig vom Betriebssystem abgerufen werden. Die Anbieter garantieren bis zu 99,9% Verfügbarkeit.
Eine produktübergreifende Online-Kollaboration wird möglich, entweder auf Ebene von Accounting/Controlling oder beispielsweise auch extern mit den Lieferanten.
Die Zusammenführung verschiedener Kommunikationswege wie Telefonie, E-Mail und Mobiltelefonie schafft Effizienz.
Big Data und Predictive Analytics: Aus der Vielzahl von Daten lassen sich neue Erkenntnisse ableiten und gegen branchenbezogene Benchmarks laufen.
Externe Erkenntnisse und Experten können netzwerkartig in relevante Frage- und Problemstellungen mit einbezogen werden.
Blick auf die Praxis
Diese allgemeinen Vorteile wirken sich in vielen Detailaufgaben der täglichen Arbeit gewinnbringend im Accounting aus. Wie weit die neuen Möglichkeiten reichen, zeigt ein ganz konkretes Beispiel aus dem prozessualen Umfeld: So könnte zum Beispiel im Bereich der Datenandienung und -validierung das Intercompany-Clearing in eine separate Applikation ausgelagert werden, so dass der Prozess vor der eigentlichen Konsolidierung und direkt zwischen den betroffenen Unternehmenseinheiten geklärt werden kann.
Beim Einholen der Daten ist der Prozess von der Holding beziehungsweise Zentrale aus per App steuerbar. Dabei kann der Zugriff von überall strukturiert sowie prozessgesteuert erfolgen und mit Alerts versehen werden. Auch ein Status-Monitoring der Einzelabschlüsse wäre jederzeit möglich.
Denkbar ist zudem ein weiterer Statusmonitor als App über alle Einzelschritte des Konzernabschlusses, und genauso hilfreich wäre es, mit den Daten aus dem Accounting ein Financial Reporting für zusätzliche Ad-hoc-Analysen zu nutzen. Schließlich würde eine gemeinsame Datenbasis für die unterschiedlichen Anforderungen und Aufgaben von Accounting und Controlling etabliert.