Alle Arbeitsverträge sind gleich? Stimmt nicht. Gerade auf Vorstands- und Geschäftsführerebene gibt es viele Klauseln, von denen die Manager profitieren können - oder die ihnen das Leben sehr schwer machen. Gleiches gilt für die Entscheider eine Ebene darunter.
Im ersten Teil unserer Serie haben wir erklärt, welche Kündigungsfristen man verhandeln sollte und was man im Falle eines neuen Eigentümers tun kann. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Hauptvogel von der Kanzlei Graf von Westphalen und Vizepräsident des Verbandes deutscher Arbeitsrechtsanwälte VdAA e. V. hat uns weitere wichtige Fragen zu Arbeitsverträgen für Manager beantwortet.
Antrittsprämie
Das waren noch goldene Zeiten für Manager: Sie bekamen dicke Antrittsprämien in Millionenhöhe. "Das ist Jahre her, heutzutage gibt es das kaum noch", sagt Hauptvogel. Wer geschickt verhandelt und sich sich in einer guten Verhandlungsposition befindet, kann aber einen solchen Sign-In-Bonus noch heraus handeln. "Ein absoluter Spezialist kann vielleicht einige Prozent als Antrittsprämie verlangen", sagt Hauptvogel. Ansonsten müssen Manager heutzutage schon sehr große Talente haben, wenn sie eine Antrittsprämie heraushandeln können.
Schützen Sie Ihr Vermögen
Top-Manager sollten unbedingt darauf achten, dass ihnen im Vertrag eine so genannte Directors & Officers-Versicherung (D&O) zugesichert ist. Falls sie einen Vermögensschaden verursachen (sprich: Ein Projekt oder eine Verhandlung läuft nicht wie geplant und ein Schaden entsteht), haften sie in der Regel nicht mit ihrem Privatvermögen, erklärt der Jurist.
Firmen sind nicht dazu verpflichtet, eine solche Versicherung abzuschließen, daher sollten Manager darauf achten, dass sie im Vertrag enthalten ist. "Immer häufiger fordern Unternehmen heutzutage von ihren ehemaligen Vorständen Schadenersatz", erklärt Hauptvogel. "Denken Sie nur an den Fall der Bayerischen Landesbank."
Ganz fein raus ist ein Vorstand auch mit Versicherung nicht: Entsteht ein Schaden, muss der Geschäftsführer trotz der Versicherung zahlen - nur eben nicht in voller Höhe. Er muss für zehn Prozent der Schadenssumme oder aber maximal dem Anderthalbfachen seines Jahresgehalts aufkommen.
Verringern Sie die Haftung
"Es gibt noch andere Möglichkeiten, die Haftung zu erleichtern", sagt Hauptvogel. Zum Beispiel kann im Vertrag zugesichert werden, dass der Manager nur für grobe Fahrlässigkeit haftet und nicht für leichte. Dadurch wird die Haftung verkleinert.
Im Fall der BayernLB hat sich das auch in Vertragsänderungen niedergeschlagen. Ab 2015 werden die Aufsichtsräte schon haftbar gemacht, wenn ihnen leichte Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Vorher musste man ihnen grobe Fahrlässigkeit nachweisen.
Kein Recht auf Abfindung
Immer wieder ist zu lesen, dass Vorstände und Geschäftsführer Millionensummen als Abfindung einstreichen, etwa Peter Löscher von Siemens, der rund neun Millionen kassierte. Aber ist das wirklich so? "Eine echte Sozialabfindung wird in Deutschland auf Vorstandsebene gar nicht so oft gezahlt", erklärt Hauptvogel. "Werden Geschäftsführer oder Vorstände entlassen, bekommen sie zwar oft Riesensummen - aber da ist kein Euro Sozialabfindung dabei."
Tatsächlich erklärt sich die Summe aus dem Vertrag. "Ich hatte mal einen Mandanten, der einen Fünfjahresvertrag als Vorstand abgeschlossen hatte. Aber er wurde nach zwei Jahren schon freigestellt", erzählt Hauptvogel. Beide Parteien waren sich nicht mehr grün - das allein ist aber kein Kündigungsgrund. Für eine fristlose Kündigung braucht es einen wichtigen Grund - und den hatte die Firma nicht. "Dann hat der Entlassene aber vertragliche Ansprüche", sagt Hauptvogel. Der Entlassene konnte darauf pochen, das Gehalt zu bekommen für die drei Jahre, die ihm entgangen waren. "Inklusive Boni und Dienstwagenansprüche. Da kommt schnell eine Millionensumme zustande", sagt Hauptvogel. Eine Abfindung ist es nicht, auch wenn es so aussieht.
Der Dienstwagen
Der Deutschen liebstes Kind bleibt das Auto. Rund um den Dienstwagen können Top-Manager einiges erhandeln. Hauptvogel rät, im Arbeitsvertrag genauestens zu regeln, ob eine private Nutzung erlaubt ist, wer ihn fahren darf und ob man jemanden mitnehmen darf. "Es sollte auch geregelt sein, was im Falle einer Freistellung mit dem Wagen geschieht", rät er.
Kann der Arbeitgeber dem entlassenen Vorstand schon am ersten Tag den Dienstwagen entziehen oder erst mit Ende des Arbeitsverhältnisses? "Eigentlich hat der Arbeitnehmer weiterhin Anspruch auf seinen Dienstwagen, bis zum letzten Tag", sagt Hauptvogel. Es sei denn, im Vertrag steht etwas anderes. "Wird der Dienstwagen entzogen, obwohl das nicht vertraglich geregelt ist, dann muss das Unternehmen eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen", sagt Hauptvogel. Das heißt: Die Firma muss etwa die Kosten eines Leasing-Autos übernehmen.
Dann geh ich eben zur Konkurrenz!
Zwar hat nicht jeder Mitarbeiter die berühmte Geheimformel für Coca-Cola im Kopf. Trotzdem wollen Firmen nicht, dass ihre Angestellten nach einer Kündigung sofort zur Konkurrenz wechseln. "Stellen Sie sich vor, der Entwickler eines Automobilunternehmens baut ein ganz entscheidendes Teil für ein neues Auto und verschafft damit der Firma einen Wettbewerbsvorteil", erklärt Hauptvogel den Sachverhalt. "Es wäre eine Katastrophe, wenn er dann sofort zur Konkurrenz wechselt."
Also vereinbart die Firma im Vertrag ein so genanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Während eines Zeitraums von maximal zwei Jahren darf der Arbeitnehmer nicht zur Konkurrenz wechseln. Das soll Wettbewerbsverzerrungen verhindern. Während dieser Zeit muss der Arbeitgeber aber mindestens die Hälfte der letzten Bezüge zahlen, die sogenannte Karenzentschädigung. Er verdient ja kein Geld, oder zumindest nicht bei Arbeitgeber, zu dem er möchte. "Dauert das Verbot zwei Jahre, bekommt der Arbeitnehmer also mindestens ein Jahresgehalt", erklärt Hauptvogel.
Karenzentschädigung bei Managern?
Für Geschäftsführer und Vorstände (juristisch "Organe") ist das allerdings ein wenig anders. Denn bei Organen ist zwar keine Karenzentschädigung Pflicht, das Verbot muss aber auf das wirklich notwendige Maß beschränkt sein, also zum Beispiel auf bestimmte direkte Konkurrenten. "Ein Vorstand soll nicht von einer Pharma-Firma in die nächste wechseln können", erläutert Hauptvogel. "Aber einer, der bei BMW im Vorstand saß, kann ohne Weiteres danach ein IT-Unternehmen leiten. Die kaufmännischen Aufgaben sind unabhängig von der Branche", sagt Hauptvogel.
Wer trotzdem zur direkten Konkurrenz will, sollte in seinem Vertrag nachsehen, wie die Klausel genau aussieht. "Viele dieser Klauseln sind nicht richtig formuliert und damit ungültig", sagt der Münchner Jurist. Ist nämlich die Karenzentschädigung zu niedrig - weniger als 50 Prozent des Jahresgehaltes - oder steht gar keine Zahl darin, ist die Klausel ungültig: Schon kann ein Vorstand zur Konkurrenz wechseln.
Manager, Vorstände und Geschäftsführer sollten ihren Arbeitsvertrag also genauestens prüfen, bevor sie unterschreiben. Wer weiß, was ihnen entgeht.
Umgekehrt gilt auch für Unternehmen, die Verträge neuer Mitarbeiter genauestens zu prüfen. Im dritten Teil unserer Serie verraten wir, wie sich eine Firma zum Beispiel vor säumigen Kandidaten schützen kann.
Serie: Worauf Manager achten müssen |