Die Begriffe sind komplex, aber das, was dahintersteht, ist einfach: Die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte (DID-Richtlinie) und die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs (WK-Richtlinie) wollen den grenzüberschreitenden Handel mit (digitalen) Produkten und digitalen Medien in der EU für den Verbraucher erleichtern, und mehr Transparenz und Sicherheit schaffen.
Online-Handel – stets mit Risiken behaftet?
Schon seit Langem nutzen Verbraucher die Vorteile des E-Commerce: Erreichbarkeit rund um die Uhr, eine breite Angebotspalette, günstige Preise. Und mittlerweile bedeutet E-Commerce nicht nur, körperliche Produkte zu kaufen, sondern mehr und mehr auch immaterielle Nutzungsrechte, wie zum Beispiel bei Streaming-Diensten. Wo sich für den Verbraucher einerseits so immer mehr Möglichkeiten ergeben, steigt auch die Intransparenz und das Risiko von Online-Transaktionen. Weil der Handel mit digitalen Produkten für den EU-Binnenmarkt aber floriert, hat sich der europäische Gesetzgeber dieses Themas mit der DID- und der WK-Richtlinie angenommen.
Für wen und für welche Produkte gelten die neuen Richtlinien?
Die neuen Vorgaben gelten für alle Verbraucherverträge – teils auch dann, wenn der Verbraucher nicht mit Geld, sondern mit seinen persönlichen Daten zahlt. Die DID-Richtlinie umfasst digitale Inhalte, digitale Dienstleistungen und Waren mit digitalen Elementen. Das können zum Beispiel Streaming-Dienste für Musik und Videos, Cloud-Dienste und Datenaustauschdienste und soziale Netzwerke wie YouTube und Facebook sein. Auch DVDs fallen darunter. Die WK-Richtlinie umfasst vor allem Geräte des IoT, beispielsweise intelligente Kühlschränke oder Smartwatches.
Was ändert sich durch das neue EU-Recht?
Digitale Inhalte und Dienste müssen zukünftig unverzüglich bereitgestellt werden, und die Leistungen müssen vertragsgemäß sein. Das kann einerseits durch eine Vereinbarung zwischen Unternehmer und Verbraucher geregelt werden, falls dies aber nicht der Fall ist, wird die Vertragsmäßigkeit gesetzlich bestimmt.
So muss das gelieferte Produkt vergleichbaren Produkten entsprechen, es müssen Zubehör und Anleitungen beigelegt werden, und regelmäßig Software-Aktualisierungen, einschließlich der notwendigen Security-Updates, bereitgestellt werden, und dies so lange, wie das Produkt üblicherweise genutzt wird. Daraus erwächst auch ein Anspruch des Verbrauchers, dass ihm digitale Inhalte und Leistungen grundsätzlich in der aktuellsten Version zur Verfügung gestellt werden.
Neue Fristen für die Gewährleistung
Die WK-Richtlinie schreibt fest, dass eine Verantwortlichkeit des Verkäufers für jede Vertragswidrigkeit eines digitalen Inhalts oder einer digitalen Dienstleistung besteht, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt der Lieferung von Waren mit digitalen Elementen eintritt oder offenbar wird, soweit im Kaufvertrag eine fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum hinweg vorgesehen ist.
Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Verlängerung der Beweislastumkehr bei Vertragswidrigkeiten: Bisher war diese ein halbes Jahr lang, und durch das EU-Recht wird die Frist nunmehr auf ein Jahr ab Warenlieferung ausgedehnt. Gerade für komplexe Produkte wie Smartphones und IoT war es für den Verbraucher immer schwieriger, nach Ablauf der Beweislastumkehr deren Fehlerhaftigkeit gegenüber dem Verkäufer nachzuweisen. Den EU-Mitgliedstaaten ist sogar freigestellt, diese Frist auch auf zwei Jahre ab Warenlieferung auszudehnen.
Wie geht es weiter?
Zwar wurden die neuen EU-Regeln zum Verbraucherschutz schon vor mehr als einem halben Jahr verabschiedet – noch gelten sie allerdings nicht, da sie von den Mitgliedstaaten zuvor in das nationale Recht umgesetzt werden müssen. Vorgeschrieben ist von der Europäischen Union, dass das entsprechende Gesetz bis zum 1. Juli 2021 zu erlassen ist – anzuwenden sind die Vorschriften aber erst ab dem 1. Januar 2022, sodass noch ein wenig Geduld gefragt ist.