Dass man mit Pfennig- oder Cent-Beträgen etwas werden kann, beweisen nicht zuletzt die drei reichsten Familien Deutschlands: die Familie Schwarz (Lidl) und die Gebrüder Albrecht (Aldi Nord und Süd). Mit einem Vermögen von jeweils über 10 Milliarden Euro liegen sie an der Spitze der deutschen Einkommensskala – zusammengetragen durch die Billig-Artikel aus ihren Discountgeschäften, die den Retail-Lebensmittelmarkt dominieren.
Auch bei Lidl und Aldi wird hauptsächlich in bar bezahlt. Wer in Deutschland zum Einkaufen geht, hat immerhin durchschnittlich 118 Euro in seinem Portemonnaie. Dies hat eine Studie von Frost & Sullivan ergeben. In anderen europäischen Ländern sind es dagegen im Durchschnitt deutlich weniger: 33 Euro. Dies kann als weiterer Beleg dafür gelten, dass das Risikobewusstsein hierzulande bei den Konsumenten wesentlich größer ist. Man bevorzugt Bares und ist gegenüber Kreditkarten prinzipiell skeptisch. Das gilt nicht nur für den direkten Einkauf beim Händler vor Ort, sondern auch im Internet.
Micro-Payment-Systemen wie Prepaid-Karten, online-basierten Zahlungsmethoden oder kontaktlosen Lösungen wird dennoch auch in Deutschland eine glanzvolle Zukunft vorausgesagt. Hierzulande wird aber wohl viel Überzeugungsarbeit notwendig werden, damit sich solche alternativen Bezahlweisen in breiteren Bevölkerungskreisen durchsetzen werden.
Das Beratungshaus Frost & Sullivan schlägt in einer neuen Studie mit dem Titel "Opportunities in the Micropayments Market" optimistische Töne an: "Der Europa-Markt für Mikrozahlungen und -produkte wird voraussichtlich rasant wachsen und befeuert die Umstellung auf das digitale Geld." Barzahlungen entwickeln sich laut der Untersuchung bereits in der gesamten europäischen Region rückläufig. Doch würden sie erst einmal das bevorzugte Zahlungsmittel bleiben.
Es komme jetzt darauf an, die institutionellen und gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausdehnung von Micro-Payments zu schaffen. Eine „festgelegte und vordefinierte Richtung des europäischen Marktes, verbunden mit optimierter Gebührenstruktur, verbessertem Risikomanagement sowie einer erweiterten Anwenderfreundlichkeit" könnte dann den Einsatz für solche alternativen Bezahlmethoden erleichtern. In diesem Zusammenhang spielten auch die neuen SEPA-Bezahlregeln (Single European Payment Area) der Europäischen Union (EU) eine Rolle, die neben der EU auch die Schweiz, Monaco, Island, Lichtenstein und Norwegen umfassen.
Kleine Zahlungen ohne Bargeld und Kreditkarte erledigen
Die Analysten von Frost & Sullivan sehen bereits jetzt Entwicklungen, die ihre These bestätigen. So erwarte man in Polen für das Jahr 2015 einen Anteil von 4,9 Prozent für NFC-Payments (Near Field Communication), der bis 2018 auf 10,3 Prozent steigen soll. Und für kontaktlose Bezahlsysteme sieht man in Europa in den Jahren 2011 bis 2017 insgesamt ein durchschnittliches Wachstum pro Jahr (CAGR) von 28,7 Prozent.
Weitere Ergebnisse der Studie sind: Im Jahr 2018 werden laut Frost & Sullivan etwa 38 Prozent aller verkauften Smartphones NFC-fähig sein. 2012 wurden bereits in den großen europäischen Ländern (Frankreich, Schweden, Polen, Deutschland, Großbritannien) durchschnittlich 171 Euro für Online-Einkäufe über Smartphones getätigt. Und in Russland werde sich die wachsende Bedeutung von Online-Einkäufen ebenfalls positiv auf Micro-Payments auswirken.
Frost & Sullivan sieht in Prepaid-Karten oder -Konten einen besonderen Treiber der Entwicklung. Konsumenten würden in wachsendem Masse solche Guthabenkonten anlegen und diese dann nach und nach in Geschäften oder im Internet aufbrauchen. An Geldautomaten oder über Online-Banking könnten diese Prepaid-Konten jederzeit und ohne Umstände wieder aufgeladen werden. Frost & Sullivan liefern allerdings keine konkreten Zahlen darüber, wie weit diese Technologie schon von den Konsumenten angenommen wird.
Vorteile für Banken und Regierungen
Die Umstellung auf digitales Geld biete auf jeden Fall einen "beträchtlichen Vorteil für Banken und Regierungen gleichermaßen", heißt es darüber hinaus bei Frost & Sullivan. Denn in Europa seien die Kosten für den Barzahlungsverkehr hoch. Der Europäische Zahlungsverkehrsausschuss (EPC) arbeite deshalb an Entwürfen zur Prozessverbesserung sowie zur Verringerung der Gesamtkosten. Jean-Noël Georges, IKT Global Program Director bei Frost & Sullivan, betont: "Die Prozesse für Produktion, Transport, Schutz und Zerstörung von Barmitteln sind komplex und teuer, und da sich nur 30 Prozent der produzierten Geldmittel tatsächlich im Umlauf befinden, wollen die Regierungen die nationalen Barmittelkosten verbessern."