Der Mercedes Benz, den Janis Joplin 1970 besang, die weltweit bekannten Mikroskope von Carl Zeiss, das Kinderspielzeug Artur Fischers - die Deutschen gelten als innovationsfreundliches Land. Eigentlich, sagt Nicolai Andersen. Er leitet das Innovations-Management bei Deloitte. Andersen kommentiert die Ergebnisse der internationalen Studie "Millennial Innovation Survey". Knapp 5000 junge Menschen haben weltweit daran teilgenommen, darunter 304 Deutsche. Als Millennials gelten nach 1982 Geborene.
Andersen erkennt "ernstzunehmende Zeichen" dafür, dass Deutschland seine Innovationskraft verliert. Nur 57 Prozent der jungen Bundesbürger erklären, das Unternehmen, für das sie arbeiten, sei innovationsfreundlich. Damit landet Deutschland auf Platz 13 von insgesamt 18. Etwa zwei Drittel der Millennials (65 Prozent) geben zu bedenken, Innovationen seien für das Wachstum eines Unternehmens essentiell.
Kritik an der Arbeitswelt
Immerhin 58 Prozent der Befragten nehmen für sich in Anspruch, selbst ein innovativer Mensch zu sein. An der Arbeitswelt äußern sie deutliche Kritik: 44 Prozent der Studienteilnehmer wünschen sich eine Führungsriege, die das Entwickeln von Ideen fördert und diese Ideen unabhängig von Alter oder Betriebszugehörigkeit beurteilt. Aber nur 20 Prozent erleben das auch.
Damit präsentieren sich deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich schwach. Denn im globalen Durchschnitt attestieren 26 Prozent der Millennials dem Arbeitgeber, Ideenreichtum aller Angestellten zu fördern.
39 Prozent wünschen sich außerdem, ihr Arbeitgeber ließe den Mitarbeitern Zeit für das Erlernen neuer Dinge. Damit zeigen sie sich ungewöhnlich lernwillig, denn im internationalen Vergleich sagen das "nur" 34 Prozent der Millennials.
Die Praxis sieht anders aus: Lediglich 30 Prozent der Unternehmen gewähren solche Lernphasen. Damit sammeln die deutschen Unternehmen aber noch Pluspunkte - laut den internationalen Angaben lassen im Schnitt nur 17 Prozent der Firmen ihrer Belegschaft Zeit zum Lernen.
35 Prozent der jungen Deutschen halten es für wichtig, dass Kreativität gefördert und belohnt wird (internationaler Schnitt: 39 Prozent). Lediglich 18 Prozent bescheinigen ihrem Unternehmen, das zu tun (international: 20 Prozent).
Innovationen scheitern nicht nur am Geld
Die jungen Deutschen sollten angeben, was die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens blockiert. Sie nennen zunächst finanzielle Hürden (19 Prozent). Ebenso gravierend sind aber weiche Faktoren wie die Unternehmenskultur (18 Prozent) und Defizite bei den Führungskräften (16 Prozent).
Unabhängig vom Thema Innovation wollte Deloitte wissen, nach welchen Kriterien deutsche Millennials Firmen beurteilen. Mehr als sieben von zehn (72 Prozent) nennen Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung. Ebenso viele geben Kundenzufriedenheit an.
Darüber hinaus machen 57 Prozent Nachhaltigkeit zum Maßstab. Sie achten darauf, welche Spuren ein Unternehmen in der Umwelt hinterlässt.
Unternehmer als Verbesserer der Gesellschaft
Die Ansprüche der jungen Mitarbeiter sind hoch. 38 Prozent halten es für eine Aufgabe der Wirtschaft, die Gesellschaft zu verbessern. Von einer Ego-Generation kann also keine Rede sein. Auf die Frage, was die größte Herausforderung Deutschlands in den kommenden 20 Jahren sein wird, nennen 40 Prozent "soziale Unruhen". 35 Prozent sorgen sich wegen knapper Ressourcen und 33 Prozent wegen der Überalterung der Gesellschaft.