Vier von zehn IBM-Mitarbeitern haben in den vergangenen 20 Jahren ihren Arbeitsplatz verloren. Warum das trotzdem eine Erfolgsmeldung ist? Ganz einfach: Die Angestellten wurden nicht entlassen, sondern nutzen lediglich die Unternehmensangebote zu flexibler Arbeitszeitgestaltung. Für IBM bedeuten die flexiblen Arbeitszeitverhältnisse einer Studie "HR Trends 2010" von Hewitt Associates zufolge Ersparnisse von einer Milliarde US-Dollar in den letzten fünf Jahren.
Auch Sun Microsystems, Accenture und der Finanzdienstleister Capital One bieten ihren Mitarbeitern flexibles Arbeiten an, wie Hewitt berichtet. Sun spart 50 Millionen Dollar pro Jahr durch das vielseitige "Open Work"-Programm, bei Accenture beträgt das Verhältnis von Angestellten und Arbeitsplätzen 4:1 und bei Capital One hat nur jeder vierte einen festen Schreibtisch, während mehr als 60 Prozent der Mitarbeiter flexible Arbeitsmodelle in Anspruch nehmen.
"Das Angebot einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung ist eine klassische Win-Win-Situation, mit der Arbeitgeber ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und Arbeitnehmer Zeitsouveränität gewinnen", kommentiert Charles Donkor von Hewitt die Ergebnisse.
Vier von fünf weiblichen (79 Prozent) und mehr als zwei Drittel aller männlichen Mitarbeiter (68 Prozent) würden demnach gerne flexible Arbeitszeiten in Anspruch nehmen. Hauptursache für den Wunsch nach Flexibilisierung ist in den meisten Fällen die bessere Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf.
Diesen Wunsch befürworten auch drei Viertel der Personalverantwortlichen in den Unternehmen und immerhin noch 46 Prozent der Führungskräfte. Sie sind der Meinung, dass flexible Arbeitsbedingungen ein erfolgskritisches Unternehmensinstrument sind.
Die Gründe für das Angebot flexibler Arbeitszeitgestaltung sind vielfältig: Drei Viertel der Arbeitgeber sind der Meinung, damit die Verweildauer ihrer Angestellten im Unternehmen zu verlängern, 58 Prozent glauben, mit flexibleren Rahmenbedingungen die Mitarbeitermotivation zu erhöhen. Weitere 53 Prozent erhoffen sich zudem Vorteile bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter.
Zwei Drittel der befragten Mitarbeiter gaben an, dass flexible Arbeitszeiten ihre Einsatzbereitschaft für den Arbeitgeber erhöhten. Mit 64 Prozent sind fast zwei Drittel der Meinung, dass sie sich dadurch stärker an den Arbeitgeber gebunden fühlen. Die Hälfte (49 Prozent) empfindet die angebotene Flexibilität als "attraktiv und positiv" bei der Auswahl des Arbeitgebers.
Zwar nehme die Mitarbeiterfluktuation in unsicheren Krisenzeiten tendenziell ab, betont Charles Donkor. "Dennoch ist es unerlässlich, die Mitarbeitermoral zu stärken", weil flexible Arbeitsbedingungen auf dem Bewerbermarkt ein wichtiges Auswahl- und Entscheidungskriterium sein können.
Vorbehalte auf Unternehmensseite
Auch wenn Hewitt-Analyst Donkor von einer Win-Win-Situation für Arbeitgeber und -nehmer spricht: Gegen die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen gibt es auf Unternehmensseite noch Vorbehalte. So glauben 61 Prozent der befragten Unternehmen, dass es durch Flexibilisierung zu einer Abnahme des Arbeitsvolumens der Mitarbeiter komme. Weitere 37 Prozent sind der Meinung, dass sich dadurch ein Defizit an Führung einschleiche und 31 Prozent befürchten, dass sich die Haltung der Mitarbeiter negativ verändert.
Die Befürchtungen der Arbeitgeber sind unbegründet
Diese Vorbehalte will Hewitt aber nicht gelten lassen: "Flexible Arbeitszeiten ermöglichen ein aufeinander abgestimmtes Berufs- und Privatleben, ohne dass Arbeitgeber einen Abfall der generellen Leistungskapazitäten zu befürchten haben", meint Charles Donkor. "Es geht schließlich nicht darum, weniger zu arbeiten, sondern die Arbeit zeitgemäß und individuell zu organisieren".
Wie flexible Arbeitsorganisation aussehen kann, führt Hewitt in einer Übersicht über "Flexible Work Arrangements" (FWA) auf. In einer komprimierten Arbeitswoche erledigen die Mitarbeiter einen Vollzeitjob zum Beispiel in weniger als fünf Arbeitstagen mit einer verlängerten täglichen Arbeitszeit. "Flextime" bietet die seit langem bekannte Möglichkeit, Arbeitsbeginn und -ende außerhalb der Kernzeiten selber bestimmen zu können.
Zu den Optionen für flexibles Arbeiten gehören ferner das "Job-Sharing" genannte Aufteilen eines Arbeitsplatzes auf zwei oder mehr Personen, die Teilzeitarbeit und der allmähliche Übergang in den Vorruhestand. Den umgekehrten Weg geht das Modell "Phased Return from Leave", das sich speziell an Rückkehrwillige wendet, die sich zum Beispiel für die Erziehung ihrer Kinder eine Auszeit genommen haben. Schließlich zählt Hewitt Telework und virtuelles Arbeiten zu den Möglichkeiten der flexiblen Gestaltung von Arbeitsverhältnissen.