Die Zahlen schwanken je nach Studie, aber Einigkeit herrscht dennoch: Der Stress bei der Arbeit zu nimmt. Über- oder Unterforderung können dafür ebenso die Ursache sein wie Unterbrechungen durch den Ausfall der IT, schlechtes Betriebsklima oder Angst um den Arbeitsplatz. Die Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen.
Einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom lässt befürchten, dass sich der Stress nun auch außerhalb der Arbeit fortsetzt, wenn er das nicht sowieso schon tut. Der Studie zufolge nimmt nämlich die Zahl der Beschäftigten, die auch außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit zuhause zu erreichen sind, ständig zu.
Zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung über 14 Jahre sind nach einer Umfrage unter 1.000 Personen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte per Internet und Handy erreichbar. Ein Drittel davon ist sogar jederzeit erreichbar, also auch am Abend oder am Wochenende. Das fehlende Drittel (32 Prozent) der Berufstätigen ist in seiner Freizeit dagegen nur in Ausnahmefällen oder gar nicht erreichbar.
Frauen und Männer sind davon unterschiedlich betroffen: Während fast drei Viertel (73 Prozent) der berufstätigen Männer auch während der Freizeit ansprechbar sein müssen, beträgt der Anteil bei den Frauen 59 Prozent.
"Die neuen Kommunikationsmittel bringen es mit sich, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen", kommentiert Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer die Umfrage. Forciert werde dieser Trend durch den Erfolg von modernen Smartphones, die an praktisch jedem Ort die Bearbeitung beruflicher E-Mails und das Surfen im Internet ermöglichen.
Smartphones begünstigen die Rund-um-die-Uhr-Arbeit
"Internet und Handy beschleunigen die betrieblichen Prozesse und bringen mehr Flexibilität und Mobilität", sagte Scheer. So könnten dringende Arbeiten auch schnell im Home-Office oder unterwegs erledigt werden.
Damit die Erreichbarkeit in der Freizeit nicht überhand nimmt, fordert der Bitkom-Präsident klare Regelungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern. Unter anderem sollte festgelegt werden, wann und aus welchem Anlass die Angestellten erreichbar sein sollten.
Den Ergebnissen der Umfrage zufolge existieren bei der Mehrheit der Befragten (56 Prozent) bereits solche Vereinbarungen. Ein Drittel hat eine Vereinbarung im Rahmen einer individuellen Absprache mit dem Vorgesetzten abgeschlossen, bei 22 Prozent existiert eine Vorgabe des Arbeitgebers für alle Mitarbeiter. Immerhin bei 41 Prozent der Berufstätigen gibt es allerdings keine klaren Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber.
Der Bitkom weist darauf hin, dass es arbeitsrechtlich keine Verpflichtung für den Arbeitnehmer gebe, während der Freizeit per E-Mail oder Handy für den Arbeitgeber erreichbar zu sein. Anders verhält es sich aber, wenn eine sogenannte Rufbereitschaft vereinbart wurde. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer auf Abruf zur "unverzüglichen Arbeitsaufnahme" in der Lage sein. Das kann im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder auch mündlich vereinbart werden.
Rufbereitschaft gehört zum Job
Bei vielen Werktätigen ist die Rufbereitschaft Teil des Jobs, zum Beispiel im technischen Support. Bei normalen Bürotätigkeiten kommt es auf die Art der Tätigkeit und die Bezahlung an. In den Arbeitsverträgen von gut bezahlten Experten sowie bei Führungskräften kann eine Rufbereitschaft pauschal abgegolten werden.