Sonntagnachmittag: Im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst sitzt eine fröhliche Familie um einen Tisch mit Papier, Farbe und Kleber. Hingebungsvoll bastelt Oliver Henrich (37) mit seiner neunjährigen Tochter und dem zwei Jahre älteren Sohn an einem Roboter.
Montagmorgen: Henrich parliert am Telefon französisch mit einem Kollegen. Er hat einiges gesehen von der Welt. In Sydney hat er studiert, Jobs in Phoenix (Arizona) und in Paris gemacht. Inzwischen arbeitet der Wirtschaftsingenieur in der Deutschland-Zentrale des Software-Herstellers Sage, eines Anbieters von betriebswirtschaftlichen Programmen für den Mittelstand.
Die reichhaltige Auslandserfahrung hat Henrichs Blick auf die Heimat verändert. Statt der immer noch verbreiteten Zukunftsskepsis im Land fallen ihm nun vor allem die Stärken ins Auge: "Im Ausland habe ich die Vorzüge Deutschlands zu würdigen gelernt." Als Vater schätze er kulturelle Vielfalt und soziale Sicherheit im Lande. Als Führungskraft profitiere er von nationalen Tugenden wie Ehrgeiz, Fleiß und Verlässlichkeit.
Und dann sagt er einen Satz, bei dem die Vorgängergeneration noch zusammenzuckt: "Wir können stolz sein auf unsere Leistungen." Henrichs aufgeklärter Patriotismus steht - stellvertretend für die Generation junger Führungskräfte - mitten im Deutschland-Trend, den eine aktuelle Umfrage ermittelt hat.
Wie ticken die jüngeren Manager? Was ist ihnen wichtig im Leben und im Job? Wie denken sie über die Bundesrepublik, wie urteilen sie über andere Weltwinkel? Wohin wird diese Generation von Führungskräften - Leute, die in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten an den entscheidenden Stellen der deutschen Wirtschaft sitzen werden - dieses Land und seine Unternehmen lenken?
Fragen, denen McKinsey in einer Studie auf den Grund gegangen ist. Das Meinungsforschungsinstitut Psephos hat dazu rund 350 Topführungskräfte bis 40 Jahre befragt.Die Ergebnisse sind erstaunlich. Skepsis und Fundamentalkritik am Standort D sind beim Führungsnachwuchs hoffnungslos out. Trotz Kenntnis deutscher Schwächen dominiert eine positive und selbstbewusste Sichtweise. So optimistisch wie derzeit war die junge Elite wohl seit der Aufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.
Auf Stärken besonnen
Der Standort Deutschland: klasse. Die Zukunftsaussichten: rosig. Die Erfahrung: international. Die Werte: familienorientiert. Mit dieser Grundhaltung dürfte die nächste Generation im Topmanagement die deutschen Unternehmen radikal verändern.
Die neue deutsche Welle rollt. Statt über deutsche Schwächen zu klagen, konzentrieren sich die jungen Führungskräfte auf die Stärken.
Natürlich, sagt Stefan Groß-Selbeck (39), Deutschland-Chef des Online-Marktplatzes Ebay, die verbreitete Risikoscheu und die detailverliebte Regulierungswut - "Schräubchen hier, Schräubchen dort" - das sei schon ein Manko der Deutschen. Den krassen Unterschied zur zupackenden Mentalität der Chinesen erlebte er hautnah, als er ein Jahr lang Ebay in China aufbaute.
Doch gerade der Aufenthalt im fernöstlichen Wirtschaftswunderland, derzeit Fluchtpunkt vieler Manager-Träume, hat seine Sicht auf die Heimat positiv verändert: "Im Ausland sprechen die Menschen mit enorm viel Respekt von Deutschland. Das hat mir die Augen geöffnet."
Seither betont der Volljurist und am französischen Insead-Institut ausgebildete Master of Business Administration (MBA) die deutschen Vorzüge: Eins-a-Infrastruktur, Sicherheit, Lebensqualität, Bildung, gesellschaftliche Balance und vor allem die hohe Wettbewerbsfähigkeit vieler deutscher Unternehmen.
Deutscher Standort: Besser als der Ruf
Das durch Auslandsaufenthalte veränderte Bewusstsein für die deutschen Eigenheiten teilt Groß-Selbeck mit der überwältigenden Mehrheit seiner Altersgenossen. Zwar bemängeln 84 Prozent die Überalterung der Bevölkerung, 73 Prozent die starren Strukturen der Verwaltung und 59 Prozent die Politik der Großen Koalition. Dennoch sehen 82 Prozent der jungen Manager Deutschland als einen "für wirtschaftlichen Erfolg geeigneten" Standort.
Die neue Heimatliebe der Nachwuchselite beruht nicht nur auf schlechten Erfahrungen mit exorbitanten Gesundheitskosten in den USA, chaotischer Infrastruktur in Indien oder rauen Spucksitten in China. Die deutsche Wirtschaft steht in der Tat besser da als die der meisten Industriestaaten.
"Die hiesige Industrie hat sich die Globalisierung am besten zunutze gemacht", jubelt Thomas Mayer. In einer aktuellen Studie hat der Wirtschaftsforscher der Deutschen Bank analysiert, wie Siemens, MAN und Co. ihre Gesamtkosten durch eine internationale Reorganisation der Produktionsprozesse besonders erfolgreich minimiert haben. Dadurch avancierten sie zur besten "Montage-Plattform" der Welt und profitieren nun nachhaltig vom enormen Wachstum der globalen Ökonomie.
Die Vorteile der deutschen Wirtschaft wollen die Jungmanager weiter ausbauen. 49 Prozent der Befragten planen, die Investitionen ihrer Unternehmen in Deutschland zu erhöhen. Weitere 41 Prozent wollen die Volumina immerhin konstant halten.
Matthias Schmidt (37) etwa, Finanzchef von Hewlett-Packard (HP) in Deutschland, setzt auf Investitionen in die deutschen Dependancen des US-Computerherstellers. Von der heftigen Standortkritik der vergangenen Jahre hielt er nicht viel. "Zu lange haben wir in Deutschland nur das Negative wahrgenommen. Wir sehen, dass eine Firma 1.000 Leute entlässt, aber nicht, dass eine andere 1.500 einstellt", sagt der Wirtschaftsinformatiker und verweist darauf, dass nur Wettbewerbsfähigkeit die Voraussetzungen für Wachstum schaffe, auch bei HP: 1999 hatte das Unternehmen 5.500 Mitarbeiter in Deutschland; durch Restrukturierungen musste auch HP Stellen abbauen. Heute aber hat die deutsche Niederlassung 8.200 Mitarbeiter - und 300 offene Stellen.
HP-Mittel sollen vor allem in Standortstärken und internationale Vernetzung fließen. Schmidt glaubt, die hiesigen Firmen könnten gegenüber der internationalen Konkurrenz hauptsächlich durch innovative Lösungen und globale Zusammenarbeit punkten.
Jawohl, echot die Mehrheit der Befragten: 56 Prozent halten die deutsche Wirtschaft für innovationsfreundlich. Die Hälfte sieht sie gar als Hort von Spitzenforschung.
Angenehme Lebens- und Arbeitsbedingungen, hohe Wettbewerbsfähigkeit, große Innovationskraft - angesichts solch vorteilhafter Standortfaktoren prognostiziert die junge Elite Deutschland eine gute Zukunft. Horrorszenarien vom langen ökonomischen Abstieg der Republik, vor denen sich noch unlängst Spitzenkräfte in ihren Luxuszirkeln wohlig gruselten, stimmen nur 16 Prozent der neuen Elite zu. Die überwältigende Mehrheit hält solche Schwarzmalerei für Quatsch. Stattliche 53 Prozent sehen die deutsche Wirtschaft "am Beginn eines nachhaltig höheren Wachstumspfades".
Als Kernelement der neuen deutschen Dynamik nennen die Jung-Manager - man höre und staune - ihre Mitarbeiter. Virtuell verbeugen sie sich vor den bislang oft als Kostenfaktor geschmähten Beschäftigten. Fast zwei Drittel des Elite-Nachwuchses zählen die hohe Leistungsbereitschaft der Beschäftigten und deren industrielle Tradition zu den größten Stärken Deutschlands.
"Die nationalen Tugenden Gründlichkeit, Verlässlichkeit und Fleiß kommen uns im weltweiten Wettbewerb extrem zugute", weiß Udo Waibel (34), der bei SAP die Entwicklung neuer Produkte leitet. "Für deutsche Ingenieure gibt es kein "gut genug", für sie muss die Qualität einfach perfekt sein."
Kooperativer Führungsstil
Ähnlich sieht das auch Antje von Dewitz (34), Marketingchefin von Vaude: "Unsere Mitarbeiter sind technisch extrem versiert und kreativ - echte Tüftler und Bastler eben." Auch dank deren Erfindungsgeist sei der Hersteller von Outdoor-Ausrüstungen aus dem oberschwäbischen Tettnang gut gegen die Billigkonkurrenz aus Asien gewappnet.
Der neue Respekt vor den Leistungen der Mitarbeiter spiegelt sich auch im Führungsstil der Jung-Manager wider. Beispiel Vorwerk. Ein Ölporträt des Firmenpatriarchen Werner Mittelsten Scheid dominiert den Besprechungsraum "Werner" in der Wuppertaler Zentrale des Staubsaugerherstellers. Der Blick aus dem klotzartigen Gebäude geht auf Schornsteine, Fabrikgebäude, eine Stadt, die sich ins Tal drängt. Neben dem schweren runden Holztisch, dem wuchtigen Einbauschrank wirken Konferenztelefone und Beamer wie ein zögerlicher Vorstoß in die Moderne.
Was aber Michael Kabilka (39) im weichen Sound des Bergischen Lands erzählt, klingt nach Revolution in der Leitungsetage: "Wir führen anders als die Generation 50 plus", sagt der kaufmännische Leiter des Geschäftsbereichs Thermomix. Der Mixer, der auch garen und kochen kann ("Die kleinste Küche der Welt") beschert Vorwerk im Jahr 250 Millionen Euro Umsatz.
Seine Altersgruppe lege keinen Wert auf Statussymbole, wolle sich nicht von den Beschäftigten abgrenzen. "Wir holen die Mitarbeiter ins Boot, wir wollen kein Herrschaftswissen horten oder einsame Entscheidungen treffen", beschreibt der Kaufmann seinen kooperativen Management-Stil.
"Wir hören auf unsere Leute", formuliert Daniel Szmigiel (31) den Team-Geist seiner Altersklasse. Der Geschäftsführer und Gründer der Firma Trekstor, die im südhessischen Lorsch MP3-Spieler und Festplatten fertigt, glaubt fest, dass "wir ohne die Kreativität und das penible Qualitätsbewusstsein unserer 120 Mitarbeiter niemals zum Marktführer in Deutschland aufgestiegen wären". Um die Motivation seiner Truppe aufrechtzuerhalten, sorgt Szmigiel für einen fröhlichen Umgangston. Man duzt sich, jeder Vorschlag werde ernst genommen, Fehler als Erfahrung und nicht als Katastrophe verbucht.
Offen, locker, uneitel - so wie sich Szmigiel darstellt, charakterisiert auch Tiemo Kracht, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum, die nächste Generation im Topmanagement. "Die jungen Manager definieren sich nicht über Hierarchien, sondern über Leistung und Inhalte", sagt Kracht, "sie sind extrem gut ausgebildet und haben auch mit Ende 30 noch eine außerordentliche Lernbereitschaft und Neugier."
Ihre entspannte Flexibilität werden die jungen Führungskräfte in die noch immer konservativen Chefetagen mitnehmen - und genau mit diesem unkonventionellen Verhalten ihre Unternehmen im globalen Wettbewerb an die Spitze lenken. Die international erfahrene Garde - die Hälfte hat laut manager-magazin-Umfrage einen Teil der Ausbildung und der ersten Berufsjahre im Ausland verbracht - vernetzt auf tolerante und kulturell sensible Art Mitarbeiter, Kunden oder Partner in aller Welt.
Martina Hermenau (36) zum Beispiel leitet als Projekt-Managerin bei Lufthansa Systems ein 25-köpfiges europaweit verstreutes Team. "Die Zusammenarbeit funktioniert nur mit viel Feingefühl für die unterschiedlichen nationalen Mentalitäten", weiß die Informatikerin. Dank Kommunikationstalent und Sozialkompetenz gelinge ihr die Anpassung an die Diversität aber ziemlich gut - und Spaß habe sie an der weltweiten Kooperation ohnehin.
Typisch für die Top-Manager von morgen. "Sie nutzen die Vorteile der Globalisierung, sind weltoffen, passen sich leicht an andere Kulturen an", sagt Professor Jürgen Weigand, Chef des MBA-Programms an der WHU in Vallendar.
Die team-orientierten Netzwerker entwickeln sich zum Vorteil für die weltweit agierenden deutschen Firmen. Da sie auch die Vorzüge anderer Kulturen kennen, kombinieren sie die unterschiedlichen Stärken diverser Standorte miteinander. So profitieren die Unternehmen zwischen Ostsee und Alpen noch stärker als bisher von der internationalen Arbeitsteilung.
Beruf mit Leidenschaft
Mit der Generation Global zieht ein frischer Geist in die Top-Etagen ein - weltgewandt, sympathisch und organisiert. Udo Kopka (38) sitzt nur selten in seinem Büro an Hamburgs Kehrwiederspitze, einem Edelstandort mit Hafenblick. Der Partner der Unternehmensberatung McKinsey, gebürtig aus der fränkischen Provinz, reist ständig zu Klienten in aller Welt, immer erreichbar, perfekt organisiert.
Dass die Jung-Manager in ihren 60-Stunden-plus-Wochen mehr unterbringen, als es sich mancher Manager vom alten Schlag vorstellen mag, resultiert aus einer veränderten Einstellung zum Job: "Privates und Berufliches vermischt sich immer stärker", sagt Kopka und wirkt dabei mit seiner gepflegten Bräune, dem rosa Hemd und dem gemütlich gerollten "R" überraschend entspannt. "Deshalb muss der Job selbst möglichst viel Spaß machen."
Die Lebens- und Arbeitswelt seiner Generation werde in erster Linie durch den "riesigen Spielraum an Möglichkeiten" bestimmt, meint der Betriebswirt: "Das heißt aber auch, dass man sein Leben ständig neu ausrichten muss."
Als BWL-Student schon war Kopka rastlos, lernte in den USA und Chile, arbeitete als Berufsanfänger in Hongkong und Buenos Aires. Feste, eingefahrene Jobs langweilten ihn oft schon nach kurzer Zeit. Deshalb hat ihn McKinsey fasziniert, weil "ich hier alle drei Jahre etwas total anderes machen kann".
Wie Kopka lieben die meisten Manager seiner Altersklasse die Vielfalt der Möglichkeiten, die ihnen erstklassige Ausbildung und Internationalität bieten. Flexibel stellen sie sich auf die sich schnell ändernden Bedingungen ihres Jobs und ihres Lebens ein. Alles scheint ihnen machbar, nichts unmöglich.
"Ich will nicht nur mein Brot verdienen, in meinem Beruf muss Leidenschaft stecken", verkündet programmatisch Claudia Rosenberger (40). Der Marketingleiterin beim Bankhaus Wölbern ist "ein interessanter Job wichtiger als ein dickes Gehalt". Vor einem guten Jahr hat Rosenberger ihre Arbeit am Image der Bank begonnen - derart beseelt, dass der Chef ihr bisweilen einen Rüffel erteilt, weil sie zu viel arbeitet.
Rosenbergers Sichtweise des Berufs als Passion teilen laut manager-magazin-Studie 78 Prozent aller Jungmanager. Für die Erfüllung ihrer Berufung rackert die neue Elite ordentlich: 61 Prozent der Befragten nannten eine Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Stunden den Regelfall.
Trotz ihres starken Engagements verzichten die Topleute von morgen nicht auf eine Familie. Nur sieben Prozent geben an, keine Kinder zu wollen. 55 Prozent haben bereits Nachwuchs. "Heute gilt es als Statussymbol, beruflich erfolgreich zu sein und gleichzeitig Kinder zu haben", hat Professor Armin Trost, Experte für Personal-Management an der Hochschule Furtwangen, beobachtet. Die starke Familienbindung der jungen Manager deutet er als Teil des Machbarkeitsanspruchs dieser Generation: "Sie sehen ihr Leben als Projektplan, denken pragmatisch und prozessorientiert", sagt Trost. Ehe und Kinder würden als klar definierte Vorhaben aufgefasst, genau wie Sport und Erholung.
Dabei sind die Probleme, die sich in der praktischen Umsetzung des hehren Anspruchs ergeben, dieser Generation durchaus bewusst - besonders den Frauen. "Bei wichtigen Entscheidungen habe ich meist dem Job den Vorzug gegeben", sagt Marketingchefin Rosenberger. Von den in der Studie befragten männlichen Führungskräften sind zwei Drittel verheiratet, jedoch nur 29 Prozent der weiblichen Manager. Jede fünfte Befragte ist Single, bei den Männern nur jeder Zehnte. Frauen stehen also mittlerweile die gleichen Karrierewege offen wie Männern. Allerdings müssen sie sich wie Rosenberger oft zwischen Beruf und Familie entscheiden. Immer noch.
Beruf und Familie im Einklang
Trotz dieser Schwierigkeiten zählt die Erkenntnis, dass der Mensch nur bei einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben Höchstleistungen erbringen kann, bei der jungen Elite längst zum Allgemeingut. Schließlich haben viele in ihren ersten Berufsjahren so hart geschuftet, dass sie sich schon mit Anfang 30 ausgebrannt und müde fühlten.
Rudolf Kuhn (35), Mitglied der Geschäftsleitung beim IT-Dienstleister LogicaCMG, musste die Folgen seines übermäßigen Engagements sogar noch schmerzlicher erfahren. Seine Ehe scheiterte vor drei Jahren, auch weil er Frau und Tochter viel zu selten zu Gesicht bekam. Heute verlässt der junge Vater - so keine wichtigen Meetings anstehen - sein Büro vor 18 Uhr, um zu Hause mit der neuen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind zu essen und zu spielen. Ein- bis zweimal pro Woche trifft er sich mit seiner achtjährigen Tochter aus erster Ehe abends im Schwimmbad.
Nach 21 Uhr geht Kuhn wieder online ins Büro: "In der Ruhe des Abends kann ich richtig kreativ arbeiten", erzählt der Betriebswirt, sein neuer Arbeitsrhythmus sei enorm effizient. Dank der elektronischen Vernetzung schaffe er heute mehr als früher und könne sich dennoch stärker seiner Familie widmen.
So wie Kuhn entwerfen die meisten Jung-Manager ihre Work-Life-Balance mindestens so akribisch wie ihre Power-Point-Präsentationen. Der elektronische Kalender listet die Abteilungsbesprechung genauso auf wie den Elternabend oder die Yogastunde.
Anders als frühere Führungsgenerationen, die das Private zur Tabuzone erklärten, geht die junge Elite das Thema Familie offensiv als Managementaufgabe an - so das Ergebnis einer Studie, die die Wirtschaftsprofessorin Ruth Stock-Homburg an der TU Darmstadt gemeinsam mit der Psychologin Eva-Maria Bauer erstellte.
"Für die ältere Generation war Familie etwas, das im Hintergrund mitläuft. Die Jüngeren suchen ebenbürtige Partnerinnen, die ebenfalls beruflich erfolgreich sind", sagt Stock-Homburg. "Die daraus resultierenden Koordinierungsprobleme gehen die Jungmanager sehr pragmatisch an, sie verbessern ihr Zeitmanagement oder lassen sich coachen."
Dass ihnen ihre Work-Life-Balance wichtig ist, heißt nicht, dass die Jungen fauler sind als ihre Väter. Sie sind einfach besser organisiert. Familie und Beruf - alles eine Frage des Managements. So sehen das Karrierefrauen und -männer gleichermaßen. Funktionieren die ausgefuchsten Pläne aber einmal nicht, räumen sie ganz klar Partnern und Kindern Priorität ein. "Eine intakte Familie ist mir im Zweifel wichtiger als die Karriere", sagen 90 Prozent der Befragten. 54 Prozent würden sogar auf Einkommen verzichten, um mehr Zeit für ihre Lieben zu haben.
Die Chancen des Standorts nutzen, Erfolge in globalen Teams feiern, Zeit mit der Familie haben - die jungen Manager von heute werden die Wirtschaft in Zukunft nach diesen Wünschen gestalten. Sie wissen, wie begehrt ihre Fähigkeiten in den Unternehmen sind. Und sie verlassen Firmen, die ihnen verknöcherte Methoden und starre Mentalitäten zumuten wollen.
So kommt es, dass der Führungsnachwuchs geradezu euphorisch ist. 95 Prozent der Befragten erklären: "Ich bin zurzeit zufrieden mit meinem Leben." 90 Prozent blicken mit "großer Zuversicht" in die Zukunft. Es ist die Art von Optimismus, die aus dem Vertrauen in die eigenen Kräfte erwächst. "Wir gestalten unser Leben selbst und suchen einen neuen Job, wenn wir im alten unzufrieden sind. Die ältere Generation war eher von Pflichterfüllung geprägt und hielt oft aus Angst vor Gesichtsverlust an Konventionen fest", glaubt Manuela Landwehr (40), Geschäftsführerin Strategische Planung bei McCann Erickson Deutschland.
Dass sich die Jungen bei aller Individualität und Internationalität auch wieder einem so altmodischen Gefühl wie der Heimatverbundenheit hingeben, erscheint der Werberin völlig logisch: "In den hektischen Zeiten von Virtualisierung und Globalisierung gewinnt das Lokale, Bodenständige, Vertraute als ruhender Gegenpol an Bedeutung." Da ist etwas dran: 69 Prozent der Befragten geben an, "Heimat" sei ihnen wichtig.
So sieht das auch Sage-Manager Oliver Henrich. Er fühle sich am glücklichsten, "wenn ich im Obsthain meiner Schwiegereltern Äpfel pflücken darf".