Analysten-Kolumne

Open Source - eine echte Alternative für den IT-Markt?

17.01.2007 von Mathieu Poujol
"Revolutionär" wäre eine zu starke Bezeichnung für die Art und Weise, wie Open-Source-Technologie in den IT-Märkten Europas Fuß gefasst hat. Wie so manch andere technische Neuerung entwickelte sich Open Source, indem es einige IT-Prozesse wesentlich veränderte, die Marktteilnehmer dementsprechend zur Anpassung veranlasste und letztendlich dem IT-Markt starken Aufwind verlieh. Warum aber wirkte sich Open Source derart stimulierend auf den IT-Markt aus? Und hält die Technologie wirklich, was sie verspricht?

Open Source stellt zahlreiche Segmente des IT-Marktes vor eine Herausforderung, indem es eine echte Alternative zur Vormachtstellung einiger Unternehmen und ihrer Produkte bietet. So ist es bedeutend an der Preissenkung für Software beteiligt und unterstützt ganz generell Innovation im IT-Umfeld.

Wie der Name schon sagt, steht Open-Source-Technologie allen offen, die ihre Lösungen darauf aufbauen wollen bzw. sie in ihre Lösungen integrieren wollen; auf diese Weise fördert es die Standardisierung. Außerdem bietet Open Source Lösungen in Marktsegmenten an, wo es schon lange keine Konkurrenz mehr gibt und veranlasst Software-Anbieter so zu Preissenkungen. Zudem bekamen dadurch Basisangebote zusätzlichen Auftrieb: Open-Source-Software und kommerzielle Lösungen, die an die Preisstruktur von Open Source angepasst sind, ermöglichen es nun Kunden, nur das zu kaufen, was sie wirklich brauchen. Sprich, sie bezahlen nicht für überflüssige Funktionalitäten.

Außerdem definierte Open Source die Begriffe "Criticality" und "Commodity" im IT-Umfeld neu. Konfrontiert mit Open-Source-Software haben die alteingesessenen Software-Anbieter nicht nur ihre Preise gesenkt, sondern erneuern nun auch ihre Angebote und reichern diese mit hochwertigeren und verlässlicheren Lösungen - in anderen Worten konkurrenzfähigeren Produkten - an.

Mit seiner kooperativen und gemeinschaftlichen Prägung vertrieb Open Source Software-Hersteller aus ihren Elfenbeintürmen und brachte sie näher an die Kundenerwartungen heran, indem es kundenspezifischen Entwicklungen Auftrieb verlieh. Dies führte letztendlich zur Innovation von IT-Systemen. Schließlich und endlich stellt Open-Source-Software ein großartiges Spielfeld dar, um IT-Konzepte zu testen, ohne großen finanziellen Aufwand zu riskieren.

Frankreich ist Spitzenreiter im Open Source-Markt

Nichtsdestotrotz ist auch Open Source keine Wunderwaffe, die sämtliche IT-Bedürfnisse mit niedrigstem Aufwand erfüllen könnte; denn es ist mit einer ganz anderen Kostenstruktur verbunden als klassische Software. Was auf den ersten Blick als vorteilhaft erscheint, kann sich als Lösung entpuppen, die gegenüber traditioneller Software nur begrenzt Wettbewerbsvorteile bringt.

Während Open-Source-Software für weniger strategische und einfache Bedürfnisse eine überlegenswerte Alternative darstellt, wird es am oberen Ende der Skala, d.h. bei äußerst komplexen Bedürfnissen, weniger interessant. Je weiter man in die einzelnen Ebenen eines IT-Systems vordringt und je komplexer, spezifischer und kritischer das System ist, umso mehr nimmt die Dienstleistungskomponente zu. Mit Open Source aber steigt der Preis jener Komponente statt zu fallen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist Zeit: Software-Pakete können schlichtweg schneller implementiert werden.

Letztendlich hängt es von den individuellen IT-Bedürfnissen eines Unternehmens ab, wie viele Vorteile Open Source ihm bringt. Ganz allgemein ist Open Source eine gute Wahl für Anwender mit entweder recht einfachen oder aber sehr spezifischen Erfordernissen an Software-Infrastruktur. Das Unternehmen selbst sollte große Erfahrung in spezifischer IT-Entwicklung sowie relativ große und/oder sehr spezialisierte interne IT-Teams haben. Schließlich und endlich gilt der allgemeine Grundsatz für Software natürlich auch für Open Source: Um strategisch, effektiv und verlässlich zu sein, muss Open-Source-Software im Gesamtzusammenhang der IT-Prozesse eines Unternehmens konzipiert werden.

Frankreich und Deutschland bleiben die größten Open-Source-Märkte in Europa. Aufgrund des hohen Stellenwerts von kundenspezifischen Entwicklungen und IT-Dienstleistungen führt Frankreich den europäischen Open-Source-Markt an. Zweifellos stellt auch Deutschland einen großen Markt mit bedeutenden Open-Source-Software-Zentren dar, jedoch ist dieser weniger dynamisch als der französische. Langsam findet Open-Source-Software auch in Großbritannien seine Anhänger; einen richtigen Boom - wie übrigens in den USA auch - erlebt das Thema dort im Zusammenhang mit Software-Innovation.

Mathieu Poujol ist Senior Consultant bei Pierre Audoin Consultants (PAC).