Kommentar zu IT-Ausgaben

Pick IT like Beckham

06.10.2003 von Dieter Eckbauer
Return on Investment hat keine schlechten Chancen, 2003 zum Marketing-Unwort des Jahres der IT-Industrie gekürt zu werden. Die für die Nominierung wichtigsten Kriterien sind locker erfüllt: Wer die RoI-Beschwörungsformel herunterbetet, will sich weder festlegen noch genau verstanden werden.

Wer investiert, möchte irgendwann sein Geld zurückhaben, plus Gewinn - logisch. Eine RoI-Rechnung ist mit Unsicherheiten behaftet - auch klar. Die K.o.-Frage ist also, wie der Einzelne sein unternehmerisches Risiko einschätzt und was er trotz Risiko einsetzt. Alles andere ist Marketing-Marmelade, die den IT-Entscheidern um den Bart geschmiert wird.

Im Fall des Fußball-Popstars David Beckham sagt Real Madrid: "Wir sind sicher, dass er 35 Millionen Euro wert ist" - obwohl die Vereinsoberen sich natürlich nicht sicher sein können. Abwarten oder investieren ist für sie offenbar eine Frage der richtigen Einstellung, nicht des Rechenschiebers.

Die Marketiers der IT-Branche scheren sich nicht um das Real-Vorbild: "Die Entscheider lassen sich die Wirtschaftlichkeit der Investitionen nachweisen", lobt etwa das Beratungshaus Mummert Consulting aus Hamburg in einer Presseinformation den "Sparkurs bei IT-Budgets". Das PR-Papier will sogar wissen, dass "die IT-Entscheider auf Return-on-Investment-Argumente vonseiten der Hardware- und Softwarehersteller warten". Und die IT-Anbieter tun alles, um das Meinungsklima in diesem Sinne zu beeinflussen.

Mit IT-Chefs, die aus der Technik und nicht aus dem Business kamen, hatten die Sales-Leute einst leichtes Spiel. Früher verkaufte sich immer etwas: eine XXL-Speichererweiterung, ein Super-Netzwerkmodul, ein Tuning-Paket. Und niemand brauchte die Investition groß zu begründen. Was für eine tolle Zeit - aus und vorbei.

Tatsächlich hat das simple Klischee von den wirtschaftlich ignoranten IT-Spezialisten nie wirklich gestimmt. Wahr ist vielmehr: Informationstechnik besitzt selbst keinen RoI; eine nachprüfbare RoI-Rechnung ist also gar nicht möglich. IT ist ein Muss, für das der Wirkungsnachweis nicht geführt werden kann.

Produktvorstand Wolfram Jost von IDS Scheer drückt es am Beispiel CRM folgendermaßen aus: "Die Frage ist nicht, ob man ein System einführen soll; daran kommt kein Unternehmen vorbei." Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit könne "mit Zahlenakrobatik nicht beantwortet werden".

Trotzdem setzen sich die CIOs dem RoI-Lärm ohne Murren aus. Eine gewachsene Zunft mit Selbstgefühl würde anders reagieren; die IT-Szene hat also offenbar (noch) keines. Wie es entwickelt werden kann, ist eine andere Geschichte.