Trotz des Hypes um Cloud- und Utility-Computing haben viele Unternehmen nach wie vor nur unklare Vorstellungen von SaaS-Nutzungsmodellen (Software as a Service). Eine aktuelle Studie des auf ERP spezialisierten Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Trovarit aus Aachen belegt, dass der überwiegende Teil der Unternehmen den Begriff „Software-as-a-Service“ nicht kennt oder nur eine unklare Vorstellung davon hat. Lediglich 31 Prozent sehen sich in der Lage, den Begriff genau zu erklären.
Dabei zeigt sich, dass dass On-Demand-Services von Anwendern positiver beurteilt werden, je besser sie mit dem Konzept vertraut sind. Ebenso sehen die Unternehmen mit gutem Verständnis von SaaS weniger Risiken als die übrigen Studienteilnehmer. Für die Studie hatte die Trovarit AG in Kooperation mit dem FIR (Forschungsinstitut für Rationalisierung der RWTH Aachen) Ende letzten Jahres 539 deutsche Unternehmen befragt.
Im Fokus der Studie „Software-as-a-Service - Die schlanke Zukunft für ERP/Business Software?“ stand die Frage, wie die Unternehmen das Software-Mietmodell im Bereich von Unternehmenskernapplikationen – speziell ERP-Systemen – einschätzen. Dabei zeigte sich, dass die Beurteilung in hohem Maße von der Branchenzugehörigkeit und der Unternehmensgröße abhängt. Faustformel: Je kleiner das Unternehmen, desto größer die Affinität zu SaaS. Dienstleister sind dem SaaS-Ansatz gegenüber insgesamt deutlich aufgeschlossener als Handel und Industrie.
Kleine Unternehmen und Dienstleister vorn
So können sich rund 30 Prozent der kleineren Unternehmen bis 100 Angestellten den Einsatz von ERPaaS-Systemen vorstellen, bei Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern jedoch nur 15 Prozent. Ein ähnliches Verhältnis findet sich im Branchenvergleich: Deutlich über 30 Prozent der befragten Dienstleistungsunternehmen stufen ERP als geeignetes Einsatzgebiet für SaaS ein; in Industrie und Handel sind es jeweils nur etwa 15 Prozent der Befragten. „In Industrie und Handel werden mit integrierter ERP-Software neben dem Finanz- und Personalwesen meist auch die logistischen Aufgaben abgedeckt, so dass die Prozesskomplexität und -individualität hier oft stärker ausgeprägt ist“, kommentieren die Studienautoren.
Als wichtigste Argumente für „ERP-as-a-Service“ sehen die Teilnehmer die Unterstützung verteilter Unternehmensstrukturen (etwa bei mehreren Standorten, Mitarbeitern im Vertrieb und Home Office, mobiler Außendienst), die hohe Kostentransparenz, die Flexibilität im Hinblick auf Nutzungsumfang und -dauer sowie die Verlagerung des Betriebsrisikos auf den Dienstleister. Bei jeweils mehr als die Hälfte der Befragten trafen entsprechende Aussagen auf Zustimmung. Dagegen waren nur vergleichsweise wenige Befragte der Ansicht, dass sich durch den SaaS-Ansatz die Einführungszeit (34 Prozent) und -kosten (28 Prozent ) erheblich reduzieren lassen.
„Es ist im Allgemeinen unstrittig, dass mittels des SaaS-Ansatzes ERP-Anwendungen flächendeckend und zu transparenten Kosten bereit gestellt werden können. Ebenso billigt man dem SaaS-Ansatz Flexibilität im Hinblick auf Nutzungsumfang und –dauer zu, so dass im Bedarfsfall Kapazitäten und Kosten angepasst werden können“, resümieren die Studienautoren. Weiterhin sähen die Teilnehmer Potenzial zur Entlastung der IT durch ein reduziertes Betriebsrisiko, geringeren Personalaufwand und einfachere Updates und Release-Wechsel.
Als wichtigste Argumente gegen SaaS führen die Unternehmen die große Abhängigkeit vom Service-Anbieter, Schnittstellenprobleme, Bedenken bezüglich der Datensicherheit sowie die eingeschränkte Flexibilität von SaaS-Lösungen an. Deshalb wurden besonders Anwendungsfelder mit hoch formalisierten oder relativ einfachen Abläufen wie etwa HR/Lohn- und Gehaltsabrechnung, Finanzbuchhaltung, CRM oder Projektmanagement als am besten für SaaS-Lösungen geeignet angesehen. Dagegen sehen deutlich weniger Firmen die inner- und überbetriebliche Logistik (SCM, PPS, WWS) als ideales Anwendungsfeld für SaaS. Entsprechend zurückhaltend stufen sie integrierte ERP-Lösungen ein, weil hier in vielen Fällen neben administrativen Aufgaben Teile der Logistik mit abgedeckt werden müssen.
Nach der Studie setzen derzeit 11 Prozent der befragten Unternehmen SaaS-Lösungen im Bereich von Business-Software ein. Am weitesten verbreitet sind HR/Entgelt-, CRM- und Finanzlösungen. Konkrete SaaS-Planungen mit einem Einführungstermin vor Ende dieses Jahres hegen weitere 12 Prozent der befragten die Unternehmen – hauptsächlich in den Bereichen CRM, Projektmanagement und Finanzwesen.
Altbekannte Diskussion unter neuen Vorzeichen
Insgesamt konstatieren die Studienautoren eine gewisse „Zerissenheit“ der Anwender:
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Einerseits wird in der „Übernahme des Betriebsrisikos durch den Dienstleister“ ein starkes Pro-Argument gesehen, andererseits fürchtet man die damit verbundene „Abhängigkeit vom SaaS-Anbieter“.
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Einerseits billigt man SaaS „hohe Datensicherheit“ im Sinne regelmäßiger Datensicherungen, Ausfallsicherheit und Recovery-Services zu. Andererseits fürchtet man „Mangelnde Datensicherheit“ im Sinne der Preisgabe von vertraulichen Geschäftsinformationen aufgrund der Tatsache, dass die Daten außerhalb des Unternehmens gehalten werden.
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Einerseits begrüßt man die flexiblen Nutzungskonzepte von SaaS, während man andererseits die „Mangelnde Anpassbarkeit der Software“ an individuelle funktionale Anforderungen bzw. den daraus resultierenden „Zwang zur Adaption der Geschäftsprozesse an die Software“ fürchtet.
Insofern handele es sich bei der Diskussion von SaaS-Modellen um die Neuauflage einer altbekannten Fragestellung: „Beim Thema „ERP-as-a-Service“ findet sich ein Spannungsfeld wieder, das bereits vor circa 20 bis 25 Jahren die Diskussionen im Bereich von Business Software befeuert hat: Das Für und Wider der Standard-Software“, schreiben die Studienautoren.