IT-Manager wetten

Product Owner verdienen mehr als Key Accounter

09.11.2012 von Heiko Scharnberg
IT-Chef Heiko Scharnberg von der Funk Gruppe wettet, dass sich 2023 ein Product Owner in der IT auf gleichem Gehaltsniveau befindet wie ein Key Account Manager.

"Ich wette, dass sich 2023 ein Product Owner auf gleichem Vergütungsniveau befindet wie ein Key Account Manager adäquaten Levels."

Heiko Scharnberg ist Bereichsleitung EDV, Funk Gruppe GmbH.
Foto: Funk Gruppe

Die Zeiten sind vorüber, in denen graue Eminenzen die Geschicke der EDV auf Technologie- und Anwenderseite lenkten, in denen sie - und nur sie - wussten und definierten, was geht und was nicht. Die Zeiten sind vorüber, in denen die grauen Eminenzen festlegten, was die Anwender benötigen und was nicht. Die Festlegungen selbst erfolgten übrigens anhand weitgehend unbekannter, intransparenter Kriterien. Und zwar nach Gutdünken und in Gutsherrenart, wie die Kritiker meinten.

Diese grauen Eminenzen suchten nicht das Rampenlicht. Die Wirkung ihrer Entscheidungsmacht reichte weit bis in die operativen Details hinein, aber sie artikulierte sich nicht auf großer Bühne. Sie entfaltete sich entweder am Gesprächstisch vis-à-vis mit der obersten Führungsriege oder ganz unmittelbar im Grad und in der Art der IT-Unterstützung für die Geschäftsprozesse.

Durchlässige Kommunikationsschnittstelle

Diese Zeiten sind wirklich vorüber, denn die Forderung nach Transparenz in den Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen hat sich schon lange durchgesetzt. Organisationsformen, die sich eine moderne Governance und ein besseres Business-IT-Alignment zum Ziel gesetzt haben, erfordern zwangsläufig eine in beide Richtungen durchlässige Kommunikationsschnittstelle.

So wie die reine Technologie in immer höherem Maße zur "Commodity" reüssiert, wird ein immer stärkeres Verständnis des "Business" erforderlich, um über IT einen echten Mehrwert zu generieren, der sich nicht nur intern in der Senkung der Prozesskosten zeigt, sondern vor allem beim Endkunden erlebbar wird.

Weitere Wetten finden Sie im CIO-Jahrbuch 2013. Die CIO-Redaktion stellt das Buch am 22. November anlässlich der Gala zum CIO des Jahres 2012 vor.
Foto: cio.de

Andererseits ist Technologieverständnis kein Herrschaftswissen mehr, und das wird es zum Glück auch nie wieder werden, denn nun bevölkern Digital Natives den Arbeitsmarkt. Diese digitalen Eingeborenen, die mit E-Technologien wie Notebooks, Internet, Mobiltelefonen und MP3-Player aufwuchsen, sind längst keine Exoten mehr, sondern haben mittlerweile den Eintritt in die große Gruppe der Normalbefindlichkeit vollzogen. Mit den Digital Natives und wegen der digitalen Eingeborenen kann es doch für graue Eminenzen gar keinen Platz mehr geben, sollte man meinen!

Fachkräftemangel: Stellen immer schwerer zu besetzen

Die Digital Natives sind natürlich nur ein Aspekt des allgegenwärtigen demografischen Wandels. Eine weitere, dominante Konsequenz aus der sich verändernden Altersstruktur unserer Gesellschaft ist der immer deutlicher hervortretende Fachkräftemangel. Derzeit erleben wir in dieser Hinsicht nur die ersten Vorboten dessen, was in zehn Jahren sein wird.

Manche Unternehmen spüren es bereits jetzt hautnah: Es wird immer schwieriger, offene Stellen qualifiziert zu besetzen. Die Anzahl der geeigneten Bewerber nimmt kontinuierlich ab. Das ist zumindest der vorherrschende Eindruck aus den vergangenen 48 Monaten. Die Konkurrenz unter den Arbeitgebern ist groß, und die kleineren Companies spüren dies als Erste. Natürlich wird es Unternehmen geben, die sich aufgrund ihrer exzellenten Reputation und ihrer Marktmacht gegen den Trend stellen können, aber die generelle Tendenz des markanten und zunehmenden Fachkräftemangels insbesondere im IT-Bereich lässt sich nicht leugnen.

Mittelfristig wird sich dieses Phänomen vehement verstärken. Dann spüren auch die renommierten Marken im Consumer- und IT-Markt die Mangelsituation. Die guten Spezialisten können exakt passend zu ihren persönlichen Top-Kriterien aus einer Vielzahl potenziell geeigneter Kandidaten in aller Ruhe den bevorzugten Arbeitgeber wählen: Standort, Tätigkeitsspektrum, Gehalt - die Entscheidungsparameter sind ja hinlänglich bekannt.

Auch das untere Mittelmaß kommt durch

Auch das untere Mittelmaß der Fachleute wird noch problemlos eine zufriedenstellende berufliche Heimat finden, Einsteigerpositionen mit Einsteigergehältern wird es nur noch im Consulting geben, die Zahl der freien IT-Berater wird entsprechend weiter zunehmen.

Wie lässt sich seitens der Unternehmen bereits jetzt, aber noch viel mehr in Zukunft erfolgversprechend auf diesen Trend reagieren? Es gibt wohl grundsätzlich nur drei seriöse Möglichkeiten einer adäquaten Entgegnung:

3 Möglichkeiten gegen den Fachkräftemangel

  1. Vollständige strategische Ausrichtung auf Buy-Entscheidungen. Diese Variante funktioniert lediglich für Unternehmen, die ihr Alleinstellungsmerkmal / USP (Unique Selling Proposition) nur zu einem geringen Anteil in der IT abgebildet haben und sich fachlich und prozessual im Standard bewegen.

  2. Erheblich stärkeres Outsourcing in der Softwareentwicklung. Bei diesem Modell gibt es zum einen die Ausprägung, lokal zu sourcen und Entwicklerkapazitäten auf dem freien Markt einzukaufen, sei es bei Freelancern oder bei Beratungshäusern. Die andere Konzeption geht eher in Richtung globales Sourcing, indem eigene oder fremde Entwicklerkapazitäten aus Ländern mit Programmierer-Überangebot genutzt werden.

  3. Wenn Outsourcing keine Option ist und im lokalen (Unternehmens-)Bereich geeignete Anwendungsentwickler schwer zu finden und kaum verfügbar sind, müssen Know-how und Man Power "importiert" werden. Dieses Modell kennen und leben wir ja bereits seit einiger Zeit - Stichwort: "IT Green Card".

Die beiden letztgenannten Varianten stellen besonders hohe Anforderungen an die Personen in Funktion eines Product Owners. Denn aufgrund der Sourcing-Situation wird es, anders als in der Vergangenheit, nahezu unmöglich sein, den wünschenswerten Optimalfall herzustellen, dass die Anwendungsentwickler ein sicheres, erfahrenes Verständnis der Fachdomäne besitzen. Es muss jedoch zwingend intern eine Humanressource geben, die die Softwareentwicklung fachlich steuert sowie Feature Requests priorisiert und vermutlich sogar in hohem Maße selbst erdenkt. Die wenigsten Unternehmen werden diese hochstrategische und sensible Rolle dauerhaft "nach draußen" vergeben wollen.

Und es muss eine Person geben, die die beiden unterschiedlichen Begriffs- und Denkwelten - Anwendungsentwicklung einerseits und Fachdomäne andererseits - gleichermaßen beherrscht. In internationalen, verteilten Teams sind hier die Anforderungen besonders hoch.

Gleiches gilt übrigens in abgewandelter Form auch für das Szenario, in dem vollständig auf Standardsoftware in den Kernprozessen gesetzt wird. Denn auch in diesem Fall wird es Applikationsverantwortliche geben, die die Nutzungsszenarien und die Roadmap ihrer Anwendung bestimmen.

Der Product Owner bekommt Schlüsselposition

So werden die Product Owner zu Figuren mit Schlüsselfunktion. Sie müssen Ideen entwickeln, moderieren, kanalisieren, priorisieren und übersetzen können, um die fachlichen Anforderungen entstehen zu lassen und sie sinnvoll in die Entwicklung zu überführen und zu begleiten. Sie müssen die Software- und sicherheitstechnischen Argumente und Rahmenbedingungen verstehen und anwenden können. Sie müssen fach- und regional übergreifend Konsens herstellen können. Kurz gesagt: Es werden höchste Ansprüche an diese Rolle gelten.

Und der Lohn und die Anerkennung für die Mühen des Product Owners? Statussymbole im klassischen Sinne wird es nur wenige geben, der disziplinarisch geführte Head Count dürfte gering sein, und im üblichen Organigramm der Stabsstellen, Positionen und Funktionen wird die immense Bedeutung des "PO" nicht sichtbar sein. Das verwaltete Budget allerdings - und die damit verbundene Möglichkeit, an der Gestaltung der Zukunft erheblich mitzuwirken - wird sich absolut auf Management-Niveau bewegen. Wenig Sichtbarkeit, viel Einfluss - das sind Insignien der grauen Eminenzen.

Die Rückkehr der grauen Eminenzen

In zehn Jahren werden wir, unter anderem wegen des demografischen Wandels, in der Funktion des Product Owners eine Renaissance der grauen Eminenzen erleben. Die "POs" werden wesentlich dazu beitragen, die IT im jeweiligen Unternehmen zu einer Erfolgsgeschichte zu machen - oder zu einer schlichten Kostenstelle. Manche Product Owner werden ihre Macht und Verantwortung annehmen und versuchen, sie zum Wohle des Unternehmens einzusetzen. Einige Repräsentanten dieser speziellen Klientel werden sich in ein rein betriebsorientiertes Verständnis ihrer Aufgabe zurückziehen.

Die enorme Verantwortung, die hochstrategische Bedeutung sowie die Einzigartigkeit und Unverzichtbarkeit dieses Tätigkeitsspektrums bringen es mit sich: In zehn Jahren werden kompetente, versierte und erfolgreiche Product Owner ein Gehaltsniveau erreicht haben, das dem der Sales-Division entspricht.

Ich wette, dass die 2023er-Gehaltsumfrage des CIO-Magazins zu folgendem Ergebnis kommt: Ein Product Owner wird prinzipiell im gleichen Gehaltskorridor vergütet wie ein Key Account Manager adäquaten Levels.

Von der Qualität der Product Owner hängt viel ab

Denn eines ist klar: Von der Qualität der Product Owner wird künftig eine Menge abhängen, möglicherweise mehr, als wir uns heutzutage vorstellen können, denn ihrer Schnittstellenfunktion zwischen Fachbereich und IT wird eine ganz besondere Bedeutung zukommen. Die "POs" werden viel stärker als bislang und viel intensiver, als wir es heute vermuten, sowohl den Fachbereich als auch die externen, möglicherweise sogar fremdsprachlichen Entwickler steuern. So wie die eigene IT sich zunehmend zum Wettbewerbsfaktor entwickelt, so entwickelt sich im Gleichschritt die Bedeutung der Product Owner für die jeweiligen Systeme. Und schließlich:

Spannend wird es sein mitzuerleben, ob es dieser IT-fokussierten Reinkarnation von "Graue-Eminenz-Mentalität" gelingt, ihre substanziellen Schwächen wie Intransparenz und Willkürlichkeit weitgehend abzustreifen und stattdessen ihre immanenten Stärken vehement zu leben: Zielorientierung, Betonung des Wesentlichen, Sorgfaltspflicht.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

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