Die künftige Rolle des CIOs – Teil 3

Produkt- und Prozesstechnik verschmelzen

02.03.2020 von Patrick Naef
Durch die Verschmelzung von Prozess- und Produkt-IT muss der CIO in der Lage sein, in Netzwerken zu arbeiten und zu denken. In vernetzten Strukturen zählen nicht Berichtslinien, sondern der Einfluss, den man auf das Unternehmen ausüben kann.

In den meisten Unternehmen ist die Verantwortung für Produkttechnologie und Prozess-IT immer noch strikt getrennt. Produkttechnologie (oder operative Technologie, OT) ist die Technologie, die Teil der Produkte und Dienstleistungen ist, die vom Unternehmen produziert und angeboten werden. Die Prozess-IT hingegen ist die Technologie, mit der interne und externe Prozesse automatisiert und optimiert werden. Dazu gehören etwa ERP- und Supply-Chain-Systeme. Typischerweise ist der CIO für die Prozess-IT, und jemand anderes (Produktentwicklung, CTO etc.) für die Produkttechnologie verantwortlich.

Der CIO der Zukunft muss auch Produktinnovationen vorantreiben.
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Da die Produkttechnologie immer mehr digitalisiert wird, beispielsweise mit softwaredefinierten Produkten, wird es zusehends schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, die beiden Bereiche zu trennen. Die enge Interaktion und Abstimmung zwischen den beiden Bereichen ist heute essentiell. Die in der Prozess-IT etablierten Methoden und Muster müssen an die Produkttechnologie angepasst werden. Das betrifft zum Beispiel die Cybersicherheit oder die Fähigkeit, mit den Produkten zu interagieren und diese weit über die Auslieferung der Produkte an die Kunden hinaus softwaremässig zu aktualisieren oder zu erweitern (Update und Upgrade).

Ein gutes Beispiel dafür ist der Automobilhersteller Tesla, der erkannte, dass seine Fahrzeuge nicht "fertige" Produkte sind, wenn sie das Fliessband verlassen, sondern ständig aktualisiert und daher auch ständig an das Produktlebenszyklus-Management-System (PLM) des Back-End-ERP-Systems angeschlossen sein müssen.

Der Wechsel von Hardware zu Software (softwaredefinierte Produkte) verstärkt diesen Effekt. Ein neues Modell ist für Tesla oft nur ein Software-Upgrade und Kunden können zusätzliche Leistung und Funktionen (etwa zusätzliche Batteriekapazität, höhere Motorenleistung etc.) online kaufen und diese Funktionalität sofort und online in ihr Fahrzeug eingespeist bekommen, ohne das Auto zu einer Servicestelle oder Werkstatt fahren zu müssen.

Diese Entwicklungen zeigen auf, dass die Zeiten der Trennung von Produkt- und Prozess-IT vorbei sind. Mit der Digitalisierung von Produkten nähern sich die beiden Disziplinen an und verschmelzen zu einer untrennbaren Einheit. Daher wird die traditionelle Trennung der Rolle des CIOs als Verantwortlicher nur für die Prozess-IT, während ein CTO für die Produkttechnologie zuständig ist, verschwinden. Entweder gelingt es dem CIO der Zukunft, sich als die Person zu positionieren, die auch Produktinnovation durch Informationstechnologie vorantreibt, oder sie/er wird irrelevant und kümmert sich zukünftig nur noch um Teile der Infrastruktur und der alten Back-End-Systeme.

Mit einem Business-orientierten CIO, der auch die digitale Agenda seines Unternehmens vorantreibt, einschliesslich der Innovation und Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen, verlagert sich die Rolle des CIO aus dem Back-Office heraus in den Kern der Produkte und Dienstleistungen. Eine stärkere Fokussierung auf strategische Themen der Technologie als Wegbereiter für neue Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen sowie die Förderung von Innovation durch Technologie (einschliesslich Produktinnovation) ist eine der wichtigsten Prioritäten des CIOs der Zukunft.

Dies setzt aber auch voraus, dass der CIO in der Lage ist, in Netzwerken zu arbeiten und zu denken, anstatt nur traditionell hierarchisch zu agieren. In vernetzten Strukturen zählen nicht Berichtslinien, sondern der Einfluss, den der CIO auf das Unternehmen ausüben kann.

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