Analysten-Kolumne

Project Services vor neuen Herausforderungen

16.06.2004 von Tobias Ortwein
Noch zu Beginn des Jahres schien es, als ob der Markt für Project Services das Schlimmste überstanden hätte. Viele Anzeichen deuteten darauf hin, dass 2004 unter dem Strich sogar wieder ein leichtes Wachstum bringt. Doch rückläufige Umsätze vieler Unternehmen im ersten Quartal brachten die Ernüchterung. Zumindest quantitativ kann von einer Trendwende noch nicht die Rede sein. Und qualitativ?

Das Erbe von 2003 war nicht ohne: Viele Projekte waren, wenn nicht vollends gestoppt, dann zumindest aufgeteilt oder verschoben worden, sodass der Markt für Project Services nach den Analysen von Pierre Audoin Consultants (PAC) 2003 um über zehn Prozent fiel. Teilweise entstanden bei den Anbietern erhebliche Überkapazitäten, was wiederum – nach dem vollzogenen Wandel des Marktes für Project Services in einen Käufermarkt – die Preise der Honorarsätze drückte. PAC sieht mittlerweile zwar eine deutliche Entspannung, aber die Dynamik des Marktes reicht wohl noch nicht aus, um für wirkliches Wachstum zu sorgen. Das hat mehrere Gründe:

Der starke Preisverfall von 2003 zeigt seine Auswirkungen auch 2004. Obwohl sich die Tagessätze seit Mitte 2003 sequentiell stabilisierten, liegen sie spürbar unter dem Vorjahresniveau. Der erwartete Anstieg des nachgefragten Projektvolumens (in Stunden) von etwa fünf Prozent wird nicht ausreichen, das Marktvolumen (in Euro) 2004 wachsen zu lassen. Dazu ist der Preiseffekt zu groß.

Offshoring bremst Umsatzwachstum

Obwohl führende IT Services Anbieter wie SBS oder T-Systems seit Anfang 2004 wieder von steigenden Auslastungsraten berichten und PAC mit weiterhin wachsenden Projektvolumina (in Stunden) rechnet, bremst der Preisdruck durch Offshore ebenfalls das Wachstum des Marktvolumens (in Euro). Inzwischen wissen Anwender, dass sie für weniger Geld mehr Leistung bekommen können. Dies ermöglicht ihnen, trotz stagnierender Budgets neue Projekte zu starten. Daher holen sie Themen wie SCM oder CRM langsam wieder aus der Schublade.

Während 2003 die großen Anbieter von Project Services interne Umstrukturierungen in den Vordergrund stellten, gehen sie 2004 wieder mit voller Kraft auf den Markt. Damit wird der Wettbewerb noch härter, was Offshore-Anbieter aus Indien und neue Niedrigpreis-Anbieter wie Dell noch verstärken.

Verschärft wird die Lage zudem durch den Trend zu Outsourcing, insbesondere zu Application Management (AM). In Deutschland noch relativ neu, kannibalisiert diese Form des Outsourcings den Markt für Project Services 2004 voraussichtlich in dreistelliger Millionenhöhe. Damit hat eine der sichersten Einnahmequellen des Projektgeschäfts, das klassische Application Maintenance eine ernstzunehmende Konkurrenz bekommen.

Wie setzt sich der AM Markt in Deutschland derzeit zusammen? Aktuell wird noch ein Großteil der AM-Projekte aus Bestandskundensituationen (d.h. die Anbieter hatten vorher schon eine Geschäftsbeziehung in dem spezifischen Umfeld zu dem Anwender, z.B. als Implementierungspartner, Entwicklungspartner, usw.) generiert. PAC schätzt, dass dieser Anteil heute noch bei rund 70 Prozent des AM Marktes liegt. Der Anteil ist sogar noch höher, wenn man nur das SAP Geschäft betrachtet. Mit einer weiteren Etablierung von AM wird sich dieser Anteil aber sukzessive reduzieren.

Diese Umverteilung trifft besonders den Teilmarkt "Contract Staff", zumal die enge Kundenbindung durch AM Anbieter kleineren Anbietern von Project Services und klassischen "Bodyleasern" zu schaffen machen wird. Indes haben größere Anbieter bereits ein AM Offering in ihr Portfolio aufgenommen, sodass sie lediglich eine interne Umschichtung erfahren.

Fazit

Ganz nach dem Motto "back to the roots" müssen sich die großen Anbieter von Project Services laut PAC aber in diesem Umfeld trotzdem wieder verstärkt auf die Kernkompetenz, die Integration, Implementierung und Entwicklung von Software, konzentrieren, was sich auch qualitativ auszahlen wird. Anspruchsvollere, wenngleich zeitlich befristete Projekte werden hier wieder einen Hauptteil der Umsätze generieren, während das Sicherheitspolster des klassischen Application Maintenance sukzessive wegfällt. Das heißt natürlich auch, dass Anbieter von Project Services hier ihre Geschäftsstrategie überdenken müssen.

Tobias Ortwein ist Senior Consultant bei der Pierre Audoin Consultants (PAC) GmbH.

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