DieRolle des CIOs ist bekanntlich einem stetigen Wandel unterworfen. Doch wie ist sie aktuell definiert? Andreas Rebetzky, CIO der Sto AG in Stühlingen, hat eine klare Vorstellung: „Die größte Herausforderung ist es, Collaboration zwischen unseren Mitarbeitern, Kunden und Stakeholdern zu ermöglichen – in globalen Projekten innerhalb eines IT-Rahmens, der aus Social-On-Premise-Media und den Sicherheitsbeschränkungen im Internet besteht.“ Rebetzky ist eine deutsche Stimme unter knapp 2500 IT-Profis weltweit, die Harvey Nash für die mittlerweile 14. CIO-Umfrage befragte. Repräsentativ kann eine einzelne Stimme da gar nicht sein, aber Rebetzkys Aussage beinhaltet in jedem Fall einige der momentan prägenden Entwicklungen.
Die Studie der Personalberater ist prall gefüllt mit spannenden Meinungsbildern auf internationaler und deutscher Ebene – zur Gehalts- und Karriereperspektiven beispielsweise, zu aktuellen Prioritäten und zur Rolle von Frauen in der IT. Die allgemein wohl wichtigste Erkenntnis ist allerdings, dass der CIO allen Unkenrufen zum Trotz innerhalb der Firmen an Gewicht gewinnt. „DieRelevanz der CIOs und IT-Führungskräfte in Deutschland steigt“, berichtet Udo Nadolski, Geschäftsführer von Harvey Nash Deutschland.
Berichtsweg an den CEO steigt
Fast jeder zweite deutsche CIO verantwortet mittlerweile globale Aufgaben in seinem Unternehmen. Im vergangenen Jahr gaben das nur 35 Prozent zu Protokoll. Außerdem berichten 37 Prozent der befragten Manager aus der Bundesrepublik jetzt direkt an den Vorstandschef – ein Zuwachs von 11 Prozentpunkten.
Gleichwohl besteht im internationalen Vergleich noch mancherlei Nachholbedarf. So bekleiden hierzulande nur noch 45 Prozent der Befragten einen Posten im operativen Vorstandsbereich gegenüber 49 Prozent in 2011. Global stieg dieser Wert von 42 Prozent in 2010 über 50 Prozent im vergangenen Jahr auf jetzt 52 Prozent. Weltweit berichtet außerdem eine Mehrheit direkt an den CEO. Im internationalen Trend liegt die Überzeugung, dass die Aufgaben des CIOs immer strategischer ausgerichtet sind. Sie wird in Deutschland von 69 Prozent vertreten – Tendenz leicht steigend.
Fast zwei Drittel der deutschen CIO beklagen die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Sie sagen, dass ein Engpass an technologischen Fertigkeiten ihr Unternehmen daran hindere, sich so schnell wie nötig zu verändern. Die absolute größte Nachfrage besteht mit 46 Prozent nach wie vor bei den Projektmanagement-Skills. Gestiegen ist der Personalbedarf aber vor allem in zwei anderen Bereichen: Ein Viertel sucht Fachkräfte für mobile Lösungen (Vorjahr: 13 Prozent), 21 Prozent sind auf der Suche nach ERP-Experten (Vorjahr: 12 Prozent).
Hausaufgaben gemacht
Während 47 Prozent der deutschen IT-Führungskräfte im kommenden Jahr einen Ausbau flexibler Arbeitslösungen planen, zeigen sie sich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich zufrieden mit dem Ausschöpfen der technologischen Innovationsmöglichkeiten in ihrem Unternehmen. Die Hälfte sieht hier einen Großteil der Hausaufgaben als gemacht an, global tut das nur ein Drittel.
45 Prozent der deutschen IT-Verantwortlichen erwarten weiter steigende IT-Budgets, während 18 Prozent mit Einschnitten rechnen. Auffallend ist der große Anstieg von 18 auf 36 Prozent, die von keinerlei Veränderungen ausgehen.
Das steht in gewissem Widerspruch zum globalen Harvey Nash-Befund, der die höchste Zuwachsrate bei den IT-Budgets seit 2007 feststellt. 44 Prozent der CIOs weltweit rechneten mit einem Anstieg, insgesamt stünden die Zeichen endlich wieder auf Wachstum und 56 Prozent der CIOs konzentrierten sich auf Projekte zum Geldverdienen statt auf Sparen. Die Auflösung dieser gegenläufigen Entwicklung dürfte schlicht darin liegen, dass die Bundesrepublik bekanntlich geschmeidiger durchs Krisenfahrwasser schiffte und die wirtschaftlichen Folgen hierzulande schon länger ausgestanden sind als anderswo.
Mehr Outsourcing
Deutlich gestiegen ist in Deutschland der Anteil von CIOs, die ins Outsourcing investieren wollen. 41 Prozent waren es vor einem Jahr, jetzt sind es 54 Prozent. Deutsche Firmen weisen vor allen Dingen den Weg ins Nearshoring-Gebiet Osteuropa. 61 Prozent der Befragten verfügen über zumindest kleinere Ressourcen dort.
Richtig in Bewegung geraten ist laut Harvey Nash zuletzt der Arbeitsmarkt für IT-Führungskräfte in Deutschland. 16 Prozent wechselten im vergangenen Jahr den Job, der Vorjahreswert lag bei lediglich 4 Prozent. Jeder Fünfte der Befragten plant einen baldigen Wechsel. 29 Prozent begründen dies damit, ihren Einfluss auf die Geschäftsstrategie sichern zu wollen. 28 Prozent sagen schlicht, sie suchten eine neue Herausforderung.
9 Prozent wollen CEO werden
Mit ihrem Dasein als CIO sind zwei Drittel beruflich am Ziel ihrer Wünsche, nur 9 Prozent streben einen Aufstieg zum CEO an. Auf der globalen Ebene sind es mit 14 Prozent deutlich mehr, die diese schwer zu erklimmende Sprosse auf der Karriereleiter unbedingt mitnehmen wollen. Gehaltsabstriche mussten deutsche CIOs zuletzt kaum machen, ein Drittel konnte sich über eine Steigerung der Bezüge freuen. „Das liegt im Wesentlichen auf einer Linie mit den globalen Trends, vor allem in Europa“, heißt es in der Studie.
Global ist ein großer Nachfrageanstieg nach digitalen und mobilen Lösungen zu verzeichnen. Die digitalen Medien sind ein fixer Bestandteil auf der Agenda der CIOs. 58 Prozent aller CIOs arbeiten weltweit aktiv an der Entwicklung von Smartphone- und Tablet-Lösungen. Unter den zentralen Handlungsfeldern der CIOs ist die Optimierung der Produkteinführungszeit aktuell die bedeutendste Kategorie. „Dies ist ein klarer Indikator dafür, welchen Stellenwert die Wachstums- und Expansions-Planung bei den Unternehmen einnimmt“, kommentiert Nadolski.
DNA der IT-Führungskräfte
„Wir beobachten, dass sich die DNA der IT-Führungskräfte in dem Maße verändert, in dem sie sowohl bei internen als auch bei externen Kunden Interessen wahrnehmen und verstärkt Verantwortung tragen“, ergänzt Michael Tobin, CEO der TelecityGroup. „In der heutigen Zeit ist es sehr spannend, als CIO unterwegs zu sein.“
Das sind immer noch viel zu wenige Frauen. 93 Prozent der CIOs, die in der Studie erfasst wurden, sind männlich. Diese Zahl ist seit der Harvey Nash CIO Umfrage im Jahr 2005 fast unverändert hoch geblieben. In Deutschland ist die Männerdominanz mit 97 Prozent sogar noch größer. 41 Prozent geben an, keine Frau im IT-Management zu beschäftigen. 29 Prozent haben überhaupt keine weiblichen Mitarbeiter im technologischen Bereich.
Frauenfeinde sind die deutschen IT-Chefs trotzdem nicht. „Trotz dieser Statistiken denken deutsche CIOs sehr positiv über den Einfluss, den Frauen in ihrer Abteilung nehmen könnten“, bemerkt Harvey Nash. Eine Mehrheit der Befragten denkt beispielsweise, dass Mitarbeiterinnen die Beziehung zum Business verbessern, Kreativität und Innovation fördern, den Teamzusammenhalt stärken und das Fällen von einvernehmlichen Entscheidungen begünstigen würden. 80 Prozent der Befragten sagen, Frauen seien in der IT unterrepräsentiert, 90 Prozent beklagen indes einen Mangel an qualifizierten Bewerberinnen.
Facebook macht IT sexy
„Das Ergebnis stellt eine große Herausforderung für Technologie-Unternehmen und IT-Abteilungen auf der ganzen Welt dar“, sagt Albert Ellis, CEO der Harvey Nash Group. „Es hat schon fast Tradition, dass die Ingenieursberufe bei Frauen unter einem Imageproblem leiden. Auch eine Karriere in der Informationstechnologie galt nicht als attraktiv oder erstrebenswert.“ Der Erfolg von Unternehmen wie Facebook könne das ändern. Es werde attraktiver, ein Teil der Erfolgsgeschichte des Technologiesektors zu sein.
Die Studie „Harvey Nash CIO Survey 2012“ ist bei Harvey Nash erhältlich.