Als "eine zentrale Herausforderung" für die Unternehmen bezeichnet die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) die Karriere-Perspektiven für Projektmanager. Ihre fünfte Studie "Gehalt und Karriere im Projektmanagement in Deutschland und Österreich" zeigt Verbesserungsbedarf auf. Das gilt geschlechtsunabhängig für alle Beschäftigten in diesem Bereich und in puncto Bezahlung besonders für die Frauen. Grundlage der Studie sind Angaben von mehr als 1.000 Teilnehmern in der Bundesrepublik und Österreich.
Anlässlich des "Equal Pay Day" betonen Yvonne Schoper und Brigitte Schaden, Vorstandschefinnen von GPM und PMA (Projekt Management Austria): "Aktuell verdienen die Frauen im Projektmanagement in Deutschland im Durchschnitt 23,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, in Österreich liegt der Wert bei 14,4 Prozent." In ganzen Zahlen heißt das für Deutschland: Männer kommen im Schnitt auf rund 83.000 Euro im Jahr, Frauen auf gut 63.000 Euro. Schoper und Schaden appellieren an die Unternehmen, diese Ungleichheit zu beseitigen.
Der Equal Pay Day, eine Initiative aus den USA, soll anhand des Kalenders aufzeigen, bis zu welchem Datum Frauen quasi umsonst arbeiten, während ihre männlichen Kollegen bereits verdienen. Österreicherinnen zogen 2016 demnach am 10. März gleich, Deutsche am 19. März.
Geschlechtsunabhängig untersucht die GPM die Situation im Projektmanagement anhand verschiedener Kriterien. So sollten die Befragten ihre Zufriedenheit einschätzen. Auf einer Skala von Eins ("trifft überhaupt nicht zu") bis sieben ("trifft voll und ganz zu") ging es um ihre Karriere-Perspektiven.
Die Aussage "Mein Unternehmen bietet mir mittel- bis langfristige Karrieremöglichkeiten im Projektmanagement" erreicht mit dem Wert 4,0 noch das beste Ergebnis (Österreich: 3,7). Die Befragten kritisieren, dass die angebotenen Perspektiven nicht zu ihren persönlichen Zielen passen. Außerdem seien Karrierepfade nicht ausreichend klar und transparent definiert. Wechsel zwischen unterschiedlichen Karrierepfaden im Projektmanagement seien zu wenig möglich.
Daten über die Zufriedenheit mit dem Gehalt legt die Studie nicht vor. Wieviel ein Projektmanager verdient, hängt neben dem Geschlecht von Berufserfahrung und Branche sowie von den erworbenen Zertifikaten ab.
Stichwort Zertifikate: Eine relative Mehrheit von 48 Prozent verfügt über ein Zertifikat (Österreich: 59 Prozent), eine Minderheit von 29 Prozent über mehrere (Österreich: 32 Prozent). Die verbleibenden 23 Prozent (Österreich: neun Prozent) haben keines erworben.
Die am häufigsten absolvierten Zertifikate sind die von GPM und IPMA (Level D: 33 Prozent, Level C: 23 Prozent, Level B: 13 Prozent und Level A: ein Prozent). Weitere drei Prozent verfügen über das Basiszertifikat. Elf Prozent der Befragten können einen Abschluss als MBA oder M.Sc. vorweisen. Sieben Prozent sind Scrum-Master.
Glaubt man den Befragten, verbinden sie mit Zertifizierungen nicht unbedingt Erwartungen an das Gehalt. Lediglich 36 Prozent streben mit einem Zertifikat die Verbesserung des Gehalts an. Insgesamt 77 Prozent geben an, ihr praktisches Wissen dokumentieren zu wollen, 70 Prozent sprechen allgemein von verbesserten Karrierechancen.
GPM-Vorstandschefin Schoper erwartet zunehmenden Fachkräftebedarf in Projektmanagement-Berufen und Wachstum der Projektwirtschaft in Deutschland. Sie appelliert nun an Unternehmen, Frauen die gleichen Konditionen zu bieten wie Männern.
Schoper und ihre österreichische Amtskollegin Schaden sind den geschlechtsabhängigen Unterschieden in einer gesonderten Studie nachgegangen. Demnach verfügen Frauen über höhere Bildungsabschlüsse als Männer und übernehmen immer öfter Führungspositionen. In den ersten drei bis fünf Jahren verdienen sie denn auch mehr als ihre männlichen Kollegen.
Frauen nutzen ihre Netzwerke viel zu wenig
Dann aber kehre sich die Situation um. Unternehmen stellen Frauen demnach weniger Geld für die Weiterbildung zur Verfügung. Projektmanagerinnen werden meist als Spezialistinnen oder Sachbearbeiterinnen eingesetzt. Männer steigen eher zum Abteilungsleiter auf und übernehmen größere Projekte.
Nicht zuletzt stellen GPM und IPMA fest, dass Frauen ihre beruflichen Netzwerke weniger stark nutzen als Männer. In dem Punkt sind sie selbst gefragt.