Ohne die "Outsourcing Readiness" der Technologie, Prozesse und Governance sicherzustellen, überstürzen manche Unternehmen die Auslagerung, andere überschätzen die Risiken und brechen Outsourcing-Initiativen trotz positiver Business Cases ab. Studien zeigen, dass Unternehmen so bis zu 20 Prozent der Wertschöpfung verlieren und der Nutzen von Outsourcing hinter Benchmarks zurückbleibt.
Technologien und Prozesse
Für die Outsourcing Readiness von Technologien und Prozessen haben Unternehmen und Sourcing Advisories in den vergangenen fünf Jahren differenzierte Kriterien entwickelt.
Technologien. Technologisch standardisierte Plattformen bleiben am besten für Outsourcing geeignet, obwohl Outsourcing-Verträge zunehmend starke Transformationskomponenten beinhalten.
Um Outsourcing-Verträge ohne Risikoaufschläge abzuschließen, sollten Unternehmen mit einer stark fragmentierten Technologiebasis Konsolidierung und Outsourcing trennen. Portfolios mit mehr als 20 Plattformen und jeweils weniger als zehn Prozent der Benutzer binden zu viele spezialisierte Ressourcen des ESP und haben deshalb zu geringe Kostenhebel.
Prozesse. Manuelle Prozesse haben gegenüber bereits automatisierten einen höheren Werthebel. Für Outsourcing geeignet sind hoch standardisierte, in der Erbringung zeitlich flexible, gut dokumentierte und einfach schulbare Prozesse.
Vor dem Outsourcing sollten Wert- und Kostenhebel von Prozessvarianten untersucht werden: In manchen Fällen sind Varianten regulatorisch notwendig oder z. B. im Kundendienst wertschöpfend; in den meisten Fällen sollten sie vor dem Outsourcing standardisiert werden.
Unternehmen lagern mit wachsendem Verständnis der Outsourcing-Hebel gezielt geschnittene Technologie- und Prozess-Pakete zu verschiedenen Providern aus. Die Komplexität der einzelnen Pakete wird reduziert und die Verhandlungsposition der Kunden wird durch "Commodification" gestärkt. Ein solcher Mix hat das Potenzial für niedrigere Kosten, erfordert jedoch ausgeprägte Sourcing-Kompetenz und die "Outsourcing Readiness" der Governance.
Governance
Unternehmen fokussieren noch immer mehr auf den Vertragsabschluss als das spätere Provider-Management. In KPMGs 2007 erstellter Outsourcing-Studie "Strategic Evolution" wurden 659 Unternehmen befragt, die Hälfte mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar oder mehr:
42 Prozent der Verträge werden nicht durch ein Validierungssystem unterstützt.
72 Prozent der Unternehmen haben zudem keine Key Performance Indicators (KPIs) für die Messung ihrer Verträge etabliert.
79 Prozent der Studienteilnehmer konnten die Kosten des Auswahlprozesses nicht beziffern.
Eine Reihe praxiserprobter Aktivitäten hilft, die Readiness der Outsourcing Governance und Provider-Steuerung sicherzustellen.
Outsourcing Delivery Model. Unternehmen sollten als Startpunkt für Outsourcing neben einem Business Case ein eigenes "Delivery Model" entwickeln. Das Outsourcing Delivery Model sollte abstrahiert den "Scope" und die "Solution" beschreiben. Der Scope sollte die IT-, Dienstleistungs- und Verwaltungsprozesse, betroffene Abteilungen und Geografien beschreiben.
Die Solution sollte die geplante IT-Plattform, die angestrebte Prozess-Innovation und für Offshoring zulässige Länder beschreiben. Unternehmen können abweichende Modelle eines ESP während eines Request-for-Information (RfI) evaluieren; über das eigene Modell sollten sie jedoch bereits während des RfI und des Request-for-Proposal (RfP) die Richtung der Outsourcing-Transformation steuern.
Pricing. Outsourcing mit wertorientierten Zielen erfordert eine "Partnerschaft" zwischen Unternehmen und ESP. "Transaktionale" Verträge sollten "kostenorientiert" gesteuert werden. Am Markt hat sich ein Spektrum von Preismodellen entwickelt, die Kostenorientierung (z. B. Unit-Based/Usage, Time and Materials) oder Wertorientierung (z. B. Shared Risk/Shared Reward, Incentive Based) abbilden. Aus dem Delivery Model sollte ein marktgängiges Preismodell mit der richtigen Inzentivierungsstruktur abgeleitet werden.
Service Quality Management. Unternehmen sollten im nächsten Schritt die relevanten KPIs festlegen. Diese sollten SLAs, für Multi-Sourcing-Verträge, Operating Level Agreements und Messgrößen für Innovation, Financials und Risiko/Compliance enthalten.
Service Level Agreement (SLA). Obwohl SLAs das am meisten etablierte Instrument sind, um Leistungsbeziehungen transparent zu gestalten, werden diese noch nicht durchgängig genutzt. Nur jedes vierte Unternehmen hat SLAs umfassend beschrieben, überprüft diese und steuert sie nach.
Operating Level Agreement (OLA). Durch Multi-Sourcing-Verträge, also die Auslagerung zu verschiedenen Providern, gewinnt die Definition von Operating Level Agreements an Bedeutung. OLAs müssen die Grenzen dieser Pakete so definieren, dass die "Peer-to-Peer"-Beziehungen zwischen ESPs nur strategisch (nicht im operativen Tagesgeschäft) gesteuert werden müssen. Ziel ist ein Marktplatz für die Leistungen der ESPs.
Contractual Change. Ohne Flexibilisierung "wechseln" langlaufende Outsourcing-Verträge "die Seiten": Mit steigender Anzahl von vertraglichen Changes und durch Preisverfall über die Laufzeit wird ein "harter" Vertrag zum Hebel des ESP. Eine Reihe von Werkzeugen kann dem entgegen wirken: Multi-Source-Strategien, kürzere Vertragslaufzeiten und Benchmarking-Klauseln erhalten die Steuerungsfähigkeit des outsourcenden Unternehmens. Verträge mit Laufzeiten von mehr als drei bis fünf Jahren sollten diese Mechanismen nutzen.
Risiko und Compliance. Governance und Provider-Steuerung müssen schließlich Risiko-Mitigation und Compliance-Planung sicherstellen. Die Compliance-Planung sollte mindestens regulatorische Aspekte, Sicherheit und Datenschutz/Datensicherheit umfassen. Für diese Risiko-Mitigation und Compliance-Planung sollten neben Technologie-Frameworks wie ITIL auch Compliance-Frameworks wie CoBIT und SAS70 herangezogen werden.
Fazit
Governance und Provider-Steuerung sind in deutschen Unternehmen noch wenig entwickelt. Mit einer verstärkten Konzentration auf den strategischen Erfolg von Outsourcing-Verträgen sind Governance und Provider-Steuerung von entscheidender Bedeutung. Die Zielerreichung muss sowohl mit quantitativen als auch mit qualitativen Kriterien messbar gemacht werden, und Unternehmen und ihre ESPs müssen aktiv die regelmäßige Überprüfung der Zielerreichung betreiben.
Gernot Gutjahr ist Senior Manager im Bereich IT Performance & Strategy bei der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft.