Nicht nur Mitarbeiter fallen der Wirtschaftskrise zum Opfer, auch langfristig angelegte IT-Projekte. "Kein Zweifel, die Firmen fahren Projekte dieses Jahr deutlich zurück", sagt John Gardner vom Marketing-Dienstleister Integrative Logic gegenüber unserer Schwesterpublikation InfoWorld.
Entscheidend für den CIO ist es deshalb, zu zeigen, dass ein Vorhaben nicht nur Geld verschlingt, sondern zum Umsatzwachstum beiträgt. Die InfoWorld hat sechs Ratschläge zusammengestellt, wie dem IT-Chef das gelingt.
1. Richtig mit IT-Kennzahlen arbeiten
Wichtig ist es zunächst, die passenden Kennzahlen auszuwählen und auf richtige Weise zu präsentieren. Die genaue Berechenung des Return on Investment ist entscheidend. "Je enger die Gürtel geschnallt werden, desto weniger werden ROI-Berechnungen noch ernst genommen", beobachtet Esteban Kolsky vom Beratungsunternehmen eVergence.
"Die meisten ROI-Berechnungen von Anbietern weisen einen viel zu guten ROI aus, die meisten Berechnungen von Anwendern sind zu vereinfachend", sagt er. Folge: CEOs und CFOs glauben ihnen nicht mehr. Lässt sich der ROI nicht seriös berechnen, können laut Kolsky Fallstudien zu ähnlichen Projekten in anderen Firmen eine Quelle glaubwürdiger Zahlen sein.
Mit welchen Zahlen der CIO zur Rechtfertigung eines Projekts arbeitet, muss davon abhängig gemacht werden, welche Ziele ein Vorhaben letztlich hat, betont Arabinda Roy vom Softwaredienstleistungs-Anbieter Data Inc. "Obwohl er an und für sich eine große Entscheidungshilfe ist, kann der ROI auch in die Irre führen, wenn über die Fortsetzung eines Projekt entschieden werden soll", sagt Roy.
Gehe es um Dinge wie Transaktionskosten oder die Senkung der Mitarbeiterzahl, könnten sogenannte harte ROI-Zahlen ausreichen. Doch für weniger leicht messbare Vorhaben wie Anpassungen an die Wettbewerbsbedingungen müsse man eine Art weichen ROI berechnen - einfließen müssen darin Parameter wie Wachstumspotenzial oder die Ergebnisse verbesserter Kundenbeziehungen.
Jon Rider, der CIO des Bauunternehmens Gilbane, will vom Return on Investment indes nichts wissen. Habe das Business ein Projekt bei der IT-Abteilung angefordert, reiche das als Rechtfertigung aus. "Die Notwendigkeit einer Maßnahme nimmt der IT-Abteilung den Druck, denen einen ROI zu präsentieren, die das Projekt in Auftrag gegeben haben", meint Rider.
2. Reden wie ein Finanzchef
Bruce Culbert, CEO des Personaldienstleisters iSymmetry, sagt, er habe unlängst einen Einzelhändler überredet, ein eigenes soziales Netzwerk aufzubauen, um mehr Anregungen von den Kunden zu bekommen. Obwohl die Firma dafür innerhalb von drei Jahren Ausgaben in siebenstelliger Höhe stemmen musste, baute sie die Netzwerk-Plattform. "Die Kosten, es nicht zu tun - ausgedrückt in unzufriedenen Kunden - wogen nämlich viel schwerer", berichtet Culbert. Gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten suchten Unternehmen nach Wegen, Kunden zu halten.
Wichtig sei es, die Sprache zu sprechen, die in einem Unternehmen den Ton angibt. Schon ein Begriff wie ROI werde in jedem Betrieb ein bisschen anders verwendet, sagt Culbert. Dem stimmt Greg Baker, CFO beim Managed Services-Anbieter Logicalis, zu. "Aussagen über den Business Case müssen in den Begrifflichkeiten gemacht werden, die der jeweilige Finanzchef versteht."
3. Optimismus ausstrahlen
Alle IT-Projekte fußen auf Annahmen. Manchmal kann der Schlüssel zur Billigung eines Vorhabens schon darin liegen, eher zu optimistische Aussagen über seinen Ausgang zu machen als zu pessimistische. Das meint zumindest IT-Berater Adam Nelson vom Analysten-Haus Keane. Er berichtet von einem ERP-Projekt, bei dem die Systeme von 50 US-Behörden auf eine einheitliche Plattform umgestellt werden sollten.
Der erste Dienstleister hatte 68 Millionen US-Dollar an Kosten veranschlagt und 117 Millionen an Einsparungen versprochen. Nach zwei Jahren verlangte das Unternehmen nach mehr Geld, die Behörden lehnten ab. Mit einem anderen Dienstleister wiederholte sich dasselbe Spiel. "Hätte der erste Anbieter gleich gesagt, das kostet 90 Millionen und dauert fünf Jahre, hätte er den Zuschlag wahrscheinlich nicht erhalten", sagt Nelson. Das zu optimistisch gezeichnete Bild von Kosten und Gewinn sei dafür notwendig gewesen.
Mittlerweile sei das ERP-Vorhaben auf einem guten Weg, betont der Berater. Ohne die blumigen Zahlen im Vorfeld wäre es womöglich gar nie angestoßen werden, gibt Nelson zu bedenken. Allerdings plädiert er nicht dafür, bewusst mit falschen Zahlen zu arbeiten. "Es ist besser, absolut realistisch zu kalkulieren, doch es spricht nichts dagegen, Raum für Eventualitäten zu lassen", meint er.
4. Bescheiden sein, um mehr zu bekommen
In manchen Fällen kann es besser sein, statt nach dem ganzen Kuchen nur nach einem Stück davon zu greifen, meint Steve Lewis, in Personalunion CIO und CFO bei der Thomaston Savings Bank. Als er im vergangenen Herbst wahrnahm, dass immer höhere Datenmengen das Rechenzentrum in geschätzt zwei Jahren an seine Grenzen bringen würden, beauftragte er den Managed Services Anbieter Presidio Network Solutions.
Der Dienstleister schlug eine Virtualisierungs-Lösung vor, die um die 300.000 US-Dollar kosten sollte. Anstatt diesen Preis einfach hinzunehmen und das Top-Management um Genehmigung für das Projekt anzusprechen, arbeitete er gemeinsam mit dem Dienstleister daran, das Projekt zusammenzustreichen. Hätte er hingegen das 300.000-Dollar-Projekt beantragt, wäre es vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise wahrscheinlich gar nicht genehmigt worden.
5. Handeln
Ein CIO sollte nicht versuchen, die Firmenleitung mit zu viel technischen Einzelheiten zu erschlagen. Oft gelingt es mit noch so ausführlichen Präsentationen nicht, das Management für ein Projekt zu gewinnen. Dann ist schlicht Handeln gefragt. Diese Erfahrung machte der IT-Manager Mark Zwartz, als er das Rechenzentrum dreier Firmen virtualisieren wollte, die unter gemeinsamer Führung stehen.
Jede Entscheidung auf IT-Seite musste zusätzlich von je einem Vertreter des Versicherungshauses, des Hedge-Fonds und des Wohnungsbau-Finanzierers gebilligt werden. Doch keiner der Verantwortlichen drei hatte eine Ahnung davon, was Zwartz eigentlich vorhatte.
Der IT-Chef erkannte, dass es keinen Sinn hatte, seinen technikfernen Chefs sein Vorhaben zu erklären. Werbung für die Virtualisierung machte er deshalb auf ganz eigene Art: Immer wieder konfrontierte er sie mit einer Art Countdown, der die verbleibende Zeit anzeigte, bis wann der Speicherplatz der Mail-Server erschöpft sein würde. Er zeigte ihnen Fotos von physischen und virtuellen Servern. Er legte Tabellen vor, die die Kosten für den Bau eines größeren Rechenzentrums mit denen für neue Server verglichen.
Letztlich billigte die Führung das Vorhaben. Glenn Phillips vom IT-Berater Forte Online bringt den Grundgedanken auf den Punkt: "Der CEO muss verstehen, was die Folgen sind, wenn er das Projekt durchzieht oder ablehnt - und zwar ohne dass er sich zu sehr in technische Einzelheiten einlesen muss."
6. Sich von lieb Gewonnenem trennen
Manchmal muss der CIO eines seiner Lieblings-Projekte opfern, um ein Vorhaben durchzusetzen, das fürs Unternehmen wichtiger ist. "Bieten Sie an, ein laufendes Projekt einzustellen, damit ein strategisch wichtiges Vorhaben anlaufen kann", schlägt Todd Lant vom Software-Hersteller Blackbaud vor.
IT-Projekte auch mal aufgeben
Das könne ein schwieriger Schritt für den CIO sein, räumt die Beraterin Johanna Rothman ein. Man müsse einen strengen Blick auf alle laufenden Aktivitäten richten. "Seien Sie ehrlich zu sich selbst und fragen Sie sich bei jedem Projekt, ob es wirklich nötig ist", sagt Rothman. Wenn nicht, gehöre ein Vorhaben aufgeschoben oder gleich ganz gestrichen.
Berater Adam Nelson meint: "Ein IT-Manager sollte den Wert jedes Projekts einschätzen können. Es ist besser auch einmal eines aufzugeben als nach immer höheren Budgets zu verlangen."