Abpfiff, die WM ist vorbei. Zu erledigen nur noch: die Begrüßung von CIO Völler, Projektleiter Skibbe, von Kahn und Ramelow als Sicherheitsbeauftragten sowie der Coding-Chefs Ballack und Hamann samt ihrer erstaunlich erfolgreichen Projektgruppe. Machen wir sehr gern: Hallo, guten Rückflug gehabt zu haben! War schön, Euch zuzuschauen - wenn auch nur die letzten beiden Spiele. Glückwunsch zur Vize-Weltmeisterschaft und auf ein Neues in vier Jahren!
So, das war das. Der Alltag hat uns wieder, in den nächsten paar Wochen zum Glück noch sommerlich gebremst. Wer jetzt nicht Poolside oder Strand bevölkert, familiengerechte Bauernhof-Ferien macht oder in Bad Meingarten die Privatflora pflegt, hat im Büro mehr Zeit als sonst zum Atemholen, Planen, Vorausblicken.
Dabei gerät mal wieder das Thema Web-Services ins Visier. Vor gut einem halben Jahr hatte dieses Konzept sich eigenständig über das Netz ergänzender IT-Anwendungen beinahe den Charakter einer Heilsbotschaft: Die Mafo-Gurus versprachen den Anwendern Innovation und den Anbietern Investitionen - beides auf höchstem Niveau und ganz bald.
Dann schlug die Konjunkturkrise zu und brachte die üblichen Fragen noch weit drängender als sonst auf den Plan - lästig für die Evangelisten jeder neuen Technologie, zwangsläufig für die IT-Entscheider. Wo sind die Geschäftsmodelle hinter der Web-Services-Idee? Wozu brauchen wir das und wann? Wie lassen sich die Sicherheitslöcher stopfen, die entstehen, wenn Fluglinien die Statusmeldungen ihrer Reservierungssysteme für Reisebüros und einschlägige Websites zur Verfügung stellen, wenn die Warenwirtschaft im Supermarkt von der Logistik-Software des Großhändlers über Produkt- und Preisänderungen informiert wird, wenn also die Vernetzung auf eine höhere Stufe gehoben wird?
Nicht dass alle Fragen jetzt beantwortet wären. Aber die Marktforscher von Forrester Research haben 70 europäische IT-Entscheider befragt und dabei herausgefunden, dass für die nähere und mittlere Zukunft nun konkreter in Richtung Web-Services-Einsatz geplant wird.
Noch gibt laut Umfrage die Hälfte der CIOs weniger als ein Prozent vom IT-Budget für Web-Services aus; drei Viertel bleiben unter 5 Prozent. Aber in den nächsten zwei Jahren wollen 84 Prozent der von Forrester Befragten deutlich mehr in die Technologie investieren. Und zwei Drittel gehen davon aus, dass es übernächstes Jahr in ihren Unternehmen durch Web-Services zu einer Neuausrichtung der Geschäftsmodelle kommen wird. 2005, das meinen wiederum fast zwei Drittel, werden gar eine Menge neuer IT-Anwenderunternehmen auftauchen, deren Markteintritt durch Web-Services überhaupt erst möglicht geworden sein wird.
Die von den Forrester-Fragen sicherlich in eine optimistische Richtung gesteuerten Einschätzungen der mittleren Zukunft (2004 und 2005) sollte man als Zweckoptimismus verbuchen und zurückhaltend beurteilen. Aber die Aussage von 58 Prozent der 70 Befragten, dass sie bereits im kommenden Jahr Web-Services als Instrument zur Integration der eigenen IT-Landschaft nutzen wollen, lässt aufhorchen.
Für Integrationsprojekte bedarf es nicht zwangsläufig eines neuen Business-Modells. Verbindungen zwischen unterschiedlichsten Anwendungen herzustellen, ohne dabei einen unentwirrbaren Spaghettiknoten zu produzieren: Das rechnet sich in jedem Fall. Und viele IT-Entscheider gehen wohl davon aus, dass sich diese Aufgabe mit Hilfe der Dokumentensprache XML, die als Web-Services-Basis fungiert, kostengünstiger bewerkstelligen lässt als mit aufwändigen Lösungen für die Enterprise Application Integration (EAI). Dass Web Services irgendwann EAI überflüssig machen werden, ist unwahrscheinlich. Aber sie könnten einen einfacheren, eher niederschwelligen Weg eröffnen.
Als IT-Integrationsinstrument verwendet, haben Web-Services noch einen weiteren Vorteil: Das Sicherheitsproblem stellt sich dabei längst nicht in dem Ausmaß, als wenn - nach der reinen Lehre der totalen Vernetzung - Anwendungen mit externen Partnern ausgetauscht würden. Zwar wollen 54 Prozent der Umfrage-Klientel nächstes Jahr fremde Anwendungen via Web in Anspruch nehmen und knapp mehr als die Hälfte ihrerseits welche anbieten. Aber noch dürften das nur selten erfolgskritische Dinge sei. Denn die Sorge, mit den Austauschwegen auch offene Flanken für Angriffe auf das Unternehmensnetz zu schaffen, ist laut Umfrage für 44 Prozent das höchste Hindernis für den Anwendungstausch über eine Web-Services-Plattform.
IT-Entscheider spielen hier also zwar nicht auf Zeit, aber auf erhöhte Sicherheit. Wohl kein schlechtes Vorgehen, wie man von Fußball-CIO Völler lernen kann. Was dieser ausgewiesene Experte der strategischen Risikominimierung aus seinem jüngsten Großprojekt gemacht hat, kann sich ja durchaus sehen lassen.