Anwender zieht es in die Wolke

SAP schwächelt bei CRM

14.05.2013 von Werner Kurzlechner
Auf dem Markt für Customer Relationship Management beobachtet Gartner einen verschärften Wettbewerb. Dieser verlagert sich immer mehr in die Cloud. Salesforce.com hat SAP mittlerweile als globalen Marktführer abgelöst.
Die Gartner-Marktdaten im Überblick.
Foto: Gartner

Auf dem Papier hat SAP im vergangenen Jahr beim Customer Relationship Management (CRM) kein Minus gemacht. Ein marginales Umsatzwachstum von 0,1 Prozent weist die Walldorfer laut einer Gartner-Studie aber als großen Verlierer unter den fünf Platzhirschen in diesem Segment aus. Der Gesamtmarkt legte 2012 nämlich um 12,5 Prozent zu, Anbieter wie Salesforce.com, Microsoft und IBM verzeichneten hohe zweistellige Zuwachsraten.

Den Gartner-Daten zufolge boomte CRM im vergangenen Jahr enorm. Für mehr als 18 Milliarden US-Dollar wurde CRM-Software gekauft. Die Wachstumsrate sei dreimal so hoch wie das durchschnittliche Plus für Enterprise Software. Der Wettbewerb habe sich verschärft, die Anbieter zielten auf die Eroberung neuer regionaler Absatzmärkte und hätten insbesondere auch kleine und mittlere Firmen als Zielgruppe ins Visier genommen.

Etwa die Hälfte der Umsätze entfallen laut Gartner auf die größten Anbieter: Salesforce.com, SAP, Oracle, Microsoft und IBM. Mit einem Umsatz von über 2,5 Milliarden Dollar und einem Plus gegenüber dem Vorjahr von 26 Prozent löste Salesforce.com SAP als Marktführer ab. Die Walldorfer reißen zwar ebenso wie ihre notorischen Rivalen von Oracle die 2 Milliarden-Marke. Die Zuwachsraten von 0,1 respektive 7,8 Prozent verblasen aber dramatisch im Vergleich mit den 26 Prozent von Microsoft und sogar 39,4 Prozent von IBM.

Salesforce.com verbucht laut Gartner weltweit einen Marktanteil von 14 Prozent. Dahinter folgen SAP mit 12,9 Prozent und Oracle mit 11,1 Prozent. Der Rest des Kuchens verteilt sich zu 6,3 Prozent auf Microsoft, zu 3,6 Prozent auf IBM und zu 52,1 Prozent auf andere Anbieter.

Gartner-Analyst Chris Pang über CRM-Anbieter: "Auf Sicht werden diejenigen vorne sein, die sich auch um kleine und mittlere Kunden kümmern."
Foto: Gartner

Gartner erklärt das maue Abschneiden SAPs zum Teil mit Wechselkursturbulenzen und dem schwachen Euro. In Europa behaupten die Walldorfer indes ihre CRM-Spitzenposition. Das deutet darauf hin, dass die großen Wettbewerber gegenüber SAP vor allem in jungen Märkten wie Asien und Lateinamerika punkten.

SAP: HANA hemmt CRM

Chris Pang, CRM-Experte bei Gartner, verweist darüber hinaus darauf, dass der spezifische SAP-Lebenszyklus im vergangenen Jahr den CRM-Absatz nicht eben förderte. Viele Kunden seien damit beschäftigt gewesen, ihr SAP-ERP auf den neuesten Stand zu bringen und Innovationen wie die In-Memory-Datenbank HANA zu evaluieren. Das habe den Spielraum für CRM-Investitionen auf Anwenderseite merklich eingeschränkt.

Immerhin hält es Pang für möglich, dass SAP kurzfristig wieder an Salesforce.com vorbeiziehen könnte. Zu Prognosen über 2013 hinaus will sich Pang hinsichtlich der Anbieterkräfteverhältnisse nicht hinreißen lassen. „Auf Sicht werden diejenigen vorne sein, die sich auch um kleine und mittlere Kunden kümmern“, so Pang.

Nach Wachstumsrate ist IBM der Aufsteiger schlechthin im Gartner-Ranking. Pang erläutert, dass hier der Fokus nicht auf klassischen CRM-Tools liege. Big Blue sei im Sommer 2010 mit der Akquisition der Unica Corporation in den Markt für kundenorientierten Software eingestiegen. Seither konzentriere man sich auf den Vertrieb von Lösungen für das Marketing- und Campaign-Management.

Das CRM-Angebot von IBM sei im Kern getrieben durch das starke Portfolio im Bereich Business Intelligence (BI), Business Analytics und Big Data. Kunden seien deshalb vor allem Anwender, die mittels Datenanalyse nach den bestmöglichen Antworten auf Marketing-Fragen suchten.

Zwei Fünftel des globalen CRM-Umsatzes wurden laut Gartner 2012 mit Software-as-a-Service (SaaS) erwirtschaftet – Tendenz rasant steigend. Auf der Nachfrage-Seite sei ein Grund dafür, dass CRM immer häufiger direkt vom Vertrieb anstatt über die IT eingekauft werde, so Pang. Auf der Suche nach schnellen Lösungen für aktuelle Probleme greife die Fachabteilung dann zumeist in der Cloud zu.

Anbieter drängen in die Cloud

Darüber hinaus spiele die soziale Dimension eine entscheidende Rolle für den Aufschwung von SaaS-CRM, berichtet Pang. Die Anwender suchten nach Lösungen, mit denen sich bequem eine Brücke zwischen den aus Social Media gewonnenen Daten und der CRM-Aufbereitung schlagen lasse. Dieses Scharnier stehe in der Wolke zur Verfügung.

Hinzu komme, dass von Anbieter-Seite CRM aus der Cloud enorm gepusht werden. Das habe durchaus mit finanziellem Eigeninteresse der Anbieter zu tun, so Pang. Ausschlaggebend seien nicht zuletzt die Erfahrungen aus den jüngsten Wirtschaftskrisen, in denen viele Anwender ihre Investitionen in On-Premise-Software zurückgestellt haben – ein finanzielles Risiko also für die Anbieter. Durch das Cloud-Delivery-Modelle lässt sich laut Gartner der Cashflow für die Anbieter auf sehr viel berechenbarer Basis verstetigen.

Was die Basis-Funktionen angeht, sei zwischen On-Premise-CRM und Cloud-CRM kaum noch ein Unterschied festzustellen. Nichtdestotrotz geht Pang nicht davon aus, dass der On-Premise-Bereich überflüssig wird. Spezifische Branchenlösungen mit hoher Flexibilität beispielsweise existierten noch vorwiegend jenseits der Wolke.

Die Studie „Market Share Analysis: Customer Relationship Management Software, Worldwide, 2012“ ist bei Gartner erhältlich.