SAPs Weg ins Cloud-Geschäft bleibt unruhig. Wieder einmal gibt es Ärger um das selbst entwickelte ERP-Paket Business ByDesign (ByD). Nachdem schon die Entwicklungsphase mit etlichen Verschiebungen und Neustarts turbulent verlief, kamen nun Spekulationen über das Ende der Cloud-Suite auf. Die "Wirtschaftswoche" hatte berichtet, der Softwarehersteller wolle die Entwicklung von ByD einstellen. Das Blatt bezeichnete ByD als größten Flop in der Firmengeschichte, der SAP rund drei Milliarden Euro Entwicklungsaufwand gekostet habe.
Das SAP-Management dementierte umgehend sämtliche Gerüchte über ein Aus von ByD. "Business ByDesign wird weiterleben", bekräftigte Vishal Sikka, Vorstandsmitglied von SAP. Der Leiter der gesamten Produktentwicklung sprach von einer Reihe von Neukunden, darunter große Unternehmen und langjährige Kunden, die bereits andere Softwareprodukte von SAP einsetzten. Man würde diese nie betrügen, indem man sie erst einen Vertrag unterschreiben ließe und danach das Produkt einmotte, versicherte der SAP-Manager.
Allerdings werden sich in der ByD-Entwicklung die Schwerpunkte verschieben - auf Direktive Sikkas hin, wie Rainer Zinow, Senior Vice President der Cloud Unit bei SAP, berichtet. Gemeinsam sei ein Plan aufgestellt worden, ByD auf die HANA-Plattform zu hieven. Diese Plattform besteht aus der HANA-Datenbank, dem HANA-Applikations-Server, der HANA-Extensibility-Plattform, mit der Partner Add-ons entwickeln können, sowie der HANA Cloud Integration, einer Art Kommunikations-Middleware.
Diese Plattform soll nach den Vorstellungen des SAP-Managements künftig sämtlichen Cloud-Lösungen als Basis dienen. Dazu zählen neben ByD die mit SuccessFactors (Human-Capital-Management) und der Einkaufsplattform Ariba zugekauften Produkte wie auch das im eigenen Haus entwickelte Customer-Relationship-Management (CRM).
Oberste Priorität hat die Plattform
Der Aufwand, diese Plattform zu bauen, scheint indes nicht unbeträchtlich. "Wir können nicht gleichzeitig Features und Functions für ByD liefern und eine Plattform bauen", räumte Zinow ein. "Dafür haben wir nicht die Ressourcen." Künftig wird sich SAP zufolge eine Kernmannschaft in Indien um ByD kümmern. Die soll in erster Linie dafür sorgen, dass ausstehende Kunden- und Partner-Commitments auch eingehalten würden. "Unter dem Strich sind es heute weniger Leute, die ByD weiterentwickeln, als noch vor zwei Monaten", gibt Zinow zu. Parallel werde jedoch eine zweite Mannschaft für die Entwicklung der SAP-HANA-Cloud-Plattform aufgebaut.
Ende März 2014 sollen erste Ergebnisse vorliegen, hofft Zinow. Als erste "Maschine" soll die Business-Konfiguration, mit deren Hilfe Anwender ihr ByD-System an ihre Prozesse anpassen, in die neue Plattform eingebaut werden. Dann sollen Drucken, Dokumentenservices, Archivierung und anderes folgen: "So gehen wir sukzessive durch sämtliche Plattformkomponenten, priorisieren sie, reimplementieren sie und stellen sie den Anwendern bereit."
Wenn die Plattformarbeiten abgeschlossen sind - wann, ist nicht bekannt -, werde es mit dem Funktionsausbau weitergehen. Davor werde sich SAP jedoch die Nachfrage genau ansehen. Zinow räumt ein, dass sich der Markt für Cloud-ERP-Suiten nicht wie erwartet entwickelt habe. Dagegen hätten die Line-of-Business-Lösungen aus der Cloud wie SuccessFactors, Ariba und das CRM die Erwartungen mehr als erfüllt. Dennoch will SAP an dem Cloud-Paket festhalten. Es sei ein strategischer Vorteil, beides bauen zu können.
Insgesamt hält SAP an seinen Prognosen fest, was das Cloud-Geschäft betrifft. 2015 will der Konzern zwei Milliarden Euro in diesem Markt umsetzen. Aktuell liege die Run Rate Zinow zufolge bei über einer Milliarde Euro jährlich. 33 Millionen User nutzten bereits SAPs Cloud-Lösungen. "Sicherlich die meisten SuccessFactors und Ariba", gibt er zu. Aber es gehe schließlich um das Gesamtportfolio und die Strategie. "Und die heißt, Plattform bauen und die Cloud-Produkte auf diese Plattform hieven."