Dass der Job nicht gesund ist, wissen natürlich alle, die ihn ausüben. Und auch wer ein paar Projektmanager kennt, hat schon mitgekriegt, unter welchem Druck diese Berufsgruppe steht. Eine Studie des Centrums für Desease Management der TU München hat jetzt untersucht, welche Faktoren Projektmanagern den meisten Stress verursachen und wie viele von ihnen wie stark leiden. Fragen zu ihrer Gesundheit beantwortet hatten 965 Projektmanager, 71 Prozent aus Deutschland, 24 aus Österreich und 5 Prozent aus der Schweiz. Knapp zwei Drittel der Teilnehmer waren männlich.
Klischees werden erfüllt
Die Antworten liefern eine Bestätigung fast aller gängigen Klischees. Das fängt schon mit der Arbeitszeit an: Die Befragten arbeiten durchschnittlich 47,4 Stunden pro Woche, was schlicht bedeutet, dass rechnerisch eine Sechs-Tage-Woche der Normalfall ist. Gesund ist das offenbar nicht: 56 Prozent der Antwortenden sind wegen körperlicher und 18 Prozent wegen psychischer Beschwerden in Behandlung. 64 Prozent haben in den zwölf Monaten vor der Befragung trotz Krankheit gearbeitet. 22 Prozent schätzen ihren Gesundheitszustand als weniger gut oder schlecht ein, 27 Prozent finden ihre Lebensqualität weniger gut oder schlecht.
Die Ursachen teilen die Autoren in zwei Gruppen ein:
Erstens gibt es sogenannte äußere Risikofaktoren: 80 Prozent der Befragten werden häufig bei der Arbeit unterbrochen, 75 Prozent bekommen nie oder nur manchmal Unterstützung. 33 Prozent gehen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, 24 Prozent fühlen sich überfordert.
Innere Risikofaktoren, die natürlich direkt oder indirekt mit den äußeren zusammenhängen, sind: 58 Prozent fällt es schwer, abzuschalten, 56 Prozent können sich nicht abgrenzen, und, besonders auffällig: Mehr als 81 Prozent haben hohe Erwartungen an sich, über 87 Prozent einen hohen Leistungsanspruch. 41 Prozent fällt das Delegieren schwer.
Eine explosive Mischung: Gerade Perfektionisten, die nicht loslassen können, sind burnoutgefährdet, sagt Hans-Joachim Maar, Partner bei der Personalberatung Rochus Mummert.
Zudem können Menschen mit extrem hohen Ansprüchen an sich selbst schlecht nein sagen, weil sie stets glauben, alles schaffen zu können und zu müssen. Entsprechend übergewichtet ist die Arbeit im Verhältnis zum Privatleben: Mehr als 60 Prozent der im Rahmen der Studie Befragten gaben an, nie oder nur manchmal bei der Arbeitszeitplanung auf ihre familiären und privaten Interessen Rücksicht zu nehmen.
Offenbar gilt das sogar für den Urlaub, jene Zeit des Jahres, deren Sinn geradezu darin besteht, durch Abschalten und Loslassen der Arbeit neue Energie zu tanken: Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom sind drei von vier Angestellten, die über Weihnachten und Neujahr Urlaub haben, telefonisch in dieser Zeit für Kollegen oder Kunden erreichbar, mehr als jeder Zweite per Mail.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Dieser Befund passt zu einem Ergebnis der aktuellen Gehalts- und Karrierestudie der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM). Bei dieser Untersuchung der Situation von über 900 Projektmanagern und -managerinnen zeigten sich lediglich 47,5 Prozent der männlichen und 43 Prozent der weiblichen Befragten mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zufrieden. Der Unterschied könnte daher rühren, dass Männer in dieser Position mehr arbeiten - auch das ist ein Ergebnis der Befragung durch die GPM. Vielleicht setzten Männer aber auch andere, ungesündere Prioritäten.
Wer nie abschaltet, gefährdet in jedem Fall seine Gesundheit. Nach Ansicht des Centrums für Desease Management sind 35 Prozent aller Projektmanager burnoutgefährdet, und zwar Männer und Frauen im gleichen Maße. Fragt sich natürlich, was dagegen hilft.
Sich selbst ändern ist leichter als andere
"Fangen Sie bei sich selbst an, denn es ist leichter, sich selbst zu ändern, als die Mitmenschen und das Umfeld", schreiben die Autoren der Studie. Womit? Abschalten, entspannen, "die inneren Antreiber bearbeiten", das Sozialleben pflegen, auf gesunden Schlaf achten, Sport und Bewegung in den Alltag einbauen. Alles leichter gesagt als getan.
Nicht untersucht wurde bisher die spannende Frage, ob die hohe Belastung wenigstens zu besseren Ergebnissen führt. Werden Projekte im Ergebnis besser, wenn die Verantwortlichen 50 Stunden und mehr pro Woche geschuftet und sich dabei maximal gestresst hatten? Übertriebener Perfektionismus, das ist aus der Forschung bekannt, führt eher zu Depressionen als zu optimalen Ergebnissen.
Was Projektmanager erfolgreich macht
Welche Eigenschaften aber machen Projektmanager erfolgreich? Mit dieser Frage setzt sich eine weitere Studie auseinander, die die GPM gemeinsam mit dem IQP - Privat-Institut für Qualitätssicherung in Personalauswahl und -entwicklung - aus Berlin durchgeführt hat. Demnach unterscheiden sich Projektmanager von anderen Berufsgruppen besonders dadurch, dass sie überdurchschnittlich risikofreudig und teamfähig sind.
Bei der Antwort auf die Frage, welche Eigenschaften es zum Erfolgreichsein braucht, sind vor allem zwei Detailergebnisse spannend.
Erstens: Bei Projektmanagern in der IT korreliert hohe Risikoneigung signifikant negativ mit dem Projekterfolg. Anders gesagt: Zu viel zu wagen, gefährdet in der IT das Projekt.
Zweitens: Große Teamfähigkeit wirkt sich bei weiblichen Projektmanagern positiv auf den Projekterfolg aus, bei männlichen dagegen negativ. Dieses wirklich bemerkenswerte Ergebnis beweist zweierlei: Erstens, dass Männer und Frauen unterschiedliche Erfolgsstrategien haben und zweitens dass beide am Ende aufgehen können. Wenn zwei das Gleiche tun, ist es eben noch lange nicht dasselbe.