CIO Ludwig über die neue IT-Organisation

Siemens verlagert mehr IT-Mitarbeiter ins Business

12.06.2019 von Heinrich Vaske
Am 1. April 2019 hat Siemens konzernweit eine neue IT-Organisation eingeführt. Rund 60 Prozent der IT-Mitarbeiter wurden in den Geschäftsbereichen angesiedelt. CIO Helmuth Ludwig erklärt die IT-Strategie.
Siemens CIO Helmuth Ludwig
Foto: Siemens AG

CIO.de: Flexibilität und Speed sind in Zeiten des digitalen Wandels entscheidende Fähigkeiten. Worauf kommt es an, damit ein Industriegigant wie Siemens schnell und wandlungsfähig wird?

Ludwig: Bei Siemens gilt das Motto Speed over Synergy. Wir verzichten bewusst auf den einen oder anderen Skalen- oder Synergie-Effekt, wenn wir dadurch schneller werden. Wir haben zum 1. April konzernweit eine neue IT-Organisation eingeführt, um die digitale Transformation der einzelnen Bereiche zu beschleunigen und die Kunden- wie auch Anwenderzufriedenheit zu erhöhen. Im Zuge dieses Umbaus wurden rund 60 Prozent der IT-Mitarbeiter wieder direkt in den Geschäftsbereichen angesiedelt. Außerdem haben wir über die gesamte IT-Organisation - also sowohl in den Companies als auch in der zentralen IT - agile Strukturen eingeführt.

CIO.de: Wie sieht die neue Struktur konkret aus?

Ludwig: Wir haben sogenannte Value Centers geschaffen, die sich zusammensetzen aus "Chaptern", in denen wir einen Pool von Kompetenzen haben, und "Service Lines" mit End-to-End-Verantwortung. Letztere können sich je nach Bedarf aus den Chaptern mit den Ressourcen bedienen, die sie brauchen. Die Value Center werden von Kollegen geleitet, die als eine Art CEO agieren. Sie sind voll verantwortlich, zum Beispiel dafür, dass der Austausch von Daten oder die Kommunikation so funktioniert, als wenn sie ihr eigenes Geschäft betreiben würden. Wir haben das über 18 Monate schrittweise eingeführt. Die Menschen haben das gut angenommen und umgesetzt.

CIO.de: Arbeiten alle IT-Mitarbeiter von Siemens in solchen Value Centers und Chaptern?

Ludwig: Ja, wir haben sowohl die IT-Mitarbeiter, die ins Business verlagert wurden, als auch die in der zentralen IT in Value-Center-Strukturen organisiert. Im zentralen IT-Bereich geht es im Wesentlichen um die technische Basis, zum Beispiel die Kommunikationsplattform, die für das gesamte Unternehmen zuständig ist. Auch das "Software Defined Network", das wir gerade einführen, wird für die ganze Company umgesetzt.

30 Prozent der Hierarchiestufen eingespart

CIO.de: Mit anderen Worten: Sie haben ihre gesamte IT-Organisation in eigenverantwortlichen Building-Blocks mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung und vermutlich auch divergierender Lebensdauer organisiert?

Ludwig: Genau. Dabei kommen wir mit wenig Hierarchie aus: Wir haben 30 Prozent der Hierarchiestufen rausgenommen. Beispielsweise haben wir eine Einheit, die sich um die große Softwareplattform kümmert, und die Interaktion zwischen allen Anwendungen absichert. Eine andere kümmert sich um Infrastrukturthemen. Und jetzt rede ich nur von der zentralen IT. Es gibt noch eine Abteilung, die sich um Strategie und Innovationsthemen kümmert. Parallel dazu gibt es eine Regionen-Betreuung. Die Vorortunterstützung in den verschiedenen Ländern mit den verschiedenen Sprachen und Kulturen hat ihre eigene Dynamik.

CIO.de: Wie kommunizieren die Value Centers untereinander?

Ludwig: Wenn ich dort einen Quasi-CEO mit voller Verantwortung einsetze, dann übergebe ich die Interaktion mit anderen Value Centers und Geschäftsbereichen in seine Verantwortung. Das gehört zu den elementaren Aufgaben.

Die Top-CIOs der Industrie
Karsten Rösener
Als CDO soll Karsten Rösener seit 1. Februar 2024 die Haus Cramer Gruppe digitalisieren. Zum Unternehmen gehören unter anderem die Marken Warsteiner und König Ludwig.
Patrick Wader
Seit Juli 2024 leitet Patrick Wader die IT der BSH Hausgeräte GmbH. Sein Vorgänger Robert Müller wechselt ins Management Board von Bosch Digital.
Frank Liptow
Seit Januar 2022 ist Frank Liptow Corporate Vice President IT der Siltronic AG. Er folgt auf Günter Riedhofer. In seiner neuen Rolle berichtet Liptow an Siltronic-CFO Rainer Irle. Liptow kommt von der Jenoptik AG.
Hanna Hennig
Hanna Hennig ist seit Januar 2020 CIO der Siemens AG. Sie kommt von Osram. Beim Lichtkonzern war Sie seit Juli 2018 CIO. Davor arbeitete Sie bei E.ON. Dort war sie seit Dezember 2013 als Geschäftsführerin der E.ON Business Services GmbH in München für die weltweite Versorgung von IT-Dienstleistungen der E.ON und Uniper Gruppe verantwortlich.
Ulrike Hetzel
Ulrike Hetzel hat Anfang 2023 den Vorsitz des Bereichsvorstands von Bosch Digital übernommen. Die neue Konzerneinheit ist entstanden aus der Zusammenlegung der ehemaligen Corporate IT sowie der IoT-Tochter Bosch.IO.
Volker Lang
Volker Lang ist bei der Thyssenkrupp Steel Europe AG als CIO verantwortlich für IT-Organisation und die digitale Transformation. Im Mai 2022 wurde Lang zum CIO & Head of Digital Solutions berufen.
Markus Grubwinkler
Markus Grubwinkler ist seit März 2019 Head of IT des Fertighaus-Anbieters Haas Group aus Falkenberg. Zuvor war Grubwinkler Head of IT Project-Portfolio-Management & CRM beim Automobilzulieferer Dräxlmaier.
Tobias Lange
Seit Oktober ist Tobias Lange neuer IT-Chef von Freudenberg. Sein Vorgänger Harald Berger wechselt zum Tochterunternehmen Freudenberg Flow Technologies.
Christian Hefele
Beim Industriekonzern Handtmann hat Christian Hefele den CIO-Posten von Bodo Deutschmann übernommen. Seit 1. April 2022 agiert Hefele als CIO und Bereichsleiter IT der Handtmann Service GmbH & Co. KG.
Dirk Altgassen
Seit September 2015 ist Dirk Altgassen (45) Group CIO bei Etex in Belgien. Etex ist eine Gruppe von weltweit agierenden Industrieunternehmen, die als Hersteller und Händler von Baustoffen tätig sind. Die Position wurde neu geschaffen. Altgassen war zuvor CIO beim Düsseldorfer Armaturen-Hersteller Grohe. Seine wichtigsten anstehenden Aufgaben bei Etex: IT-Alignment und Digitalisierung.
Lutz Seidenfaden
Lutz Seidenfaden ist seit Juni 2020 CIO (SVP Information Technology) beim Münchner Treibwerk-Hersteller MTU Aero Engines. Seidenfaden kommt von Industrieunternehmen Festo, wo er zuletzt die Stelle des Head of IT Services besetzte. Seine Vorgängerin Pamela Herget-Wehlitz wechselte zur Personalberatung JBH-Herget als Managing Partner.
Marc Votteler
Anfang November 2021 übernimmt Marc Votteler die CIO-Position bei der Schaeffler-Gruppe. Sein Vorgänger Harald Giesser zieht sich in den Ruhestand zurück.
Thomas Speck
Nach knapp drei Jahren bei der Trumpf GmbH macht Thomas Speck den nächsten Karriereschritt. Seit 1. Juni ist der Wirtschaftsinformatiker CIO des Werkzeugmaschinenherstellers und berichtet an Chief Digital Officer (CDO) Mathias Kammüller.
Harm Ohlmeyer
Nachdem Global CIO Fumbi Chima Adidas verlassen hat übernimmt Finanzvorstand Harm Ohlmeyer die Leitung der Konzern-IT im Interim.
Fernando Burgos
Zum 1. Oktober 2024 hat Fernando Burgos die IT-Leitung von Vodafone Deutschland übernommen. Er kommt von der Santander Bank.
Marcus Sassenrath
Seit 1. November 2019 ist Marcus Sassenrath Vice President IT beim Kupferproduzenten Aurubis. Er folgt auf Andreas Schuhmann. Sassenrath kommt von der BPW Bergische Achsen KG aus Wiehl, wo er seit 2015 als CIO, CDO und Leiter des BPW Innovation Lab agierte.
Christoph Hummel
Seit April verantwortet Christoph Hummel die IT der Leoni AG. Vor seinem Antritt als CIO war Hummel im Unternehmensbereich Wiring Systems (WSD) als Vice President Business Partner Information Technology tätig. In seiner neuen Rolle berichtet er an Ingrid Jägering, CFO der Leoni AG. Sein Vorgänger Gottfried Egger wechselte 2021 als Director Corporate IT zum österreichischen Leiterplattenhersteller AT&S.
Jörg Brinkmann
Jörg Brinkmann ist seit Februar 2017 neuer Head of IT DACH/CIO beim Personaldienstleister Adecco Germany Holding. Brinkmann war von 2007 bis 2016 CIO beim Mannheimer Baukonzern Bilfinger SE sowie bis zu seinem Wechsel Geschäftsführer der Bilfinger Global IT GmbH.
Jörg Bajohr
Jörg Bajohr ist seit Juli 2017 CIO beim Sicherheitslösungsanbieter Giesecke+Devrient in München Er verfügt über langjährige Erfahrung in leitenden Positionen im IT-Bereich – darunter unter anderem bei Telefónica, Kabel Deutschland und als selbstständiger Berater.
Harsha Deshmukh
Harsha Deshmukh, der IT-Chef von Infineon, kommt aus den eigenen Reihen. Er soll unter anderem die IT-Landschaft weiterentwickeln und die Kundenansprache verbessern.
Peter Leukert
Sprecher der Geschäftsführung der Deutsche Telekom IT GmbH und damit neuer CIO ist seit Januar 2017 Peter Leukert. Leukert wechselte von Motive Partners – einem Fintech Start-up, das er selbst mit gegründet hat. Zuvor war Leukert CIO der Commerzbank und von NYSE Euronext. 2011 wurde er zum „CIO des Jahres“ gewählt.
Heiko Hildebrandt
Heiko Hildebrandt ist seit Mai 2017 CIO der Bundesdruckerei GmbH in Berlin. Er war zuletzt Senior Vice President IT bei der Fluggesellschaft Air Berlin. Der CIO führt einen Bereich mit rund 130 Mitarbeitern und soll die strategische Neuausrichtung der IT fortführen.
Jörg Kohlenz
Jörg Kohlenz ist seit September 2019 CIO von Leoni Wire & Cable Solution. Der Vorstand der Leoni AG hatte 2019 im Zuge des Neuaufbaus der Gruppe beschlossen, den Unternehmensbereich auszugliedern und zu verkaufen. Kohlenz soll eine eigenständige IT für die Tochtergesellschaft des Automobilzulieferers aufbauen, die bisher durch die zentrale Corporate IT verwaltet wurde. Neben der neuen IT-Organisation gilt es auch, ein eigenes IT Service- und Portfoliomanagement aufzubauen. In der neuen IT-Abteilung soll insbesondere für eine schnelle Bearbeitung von Demands verstärkt mit agilen Teams gearbeitet werden. Für die Auslieferung will der Manager mit DevOps-Prozessen eine Continous-Delivery-Pipeline sicherstellen.
Quirin Görz
Zum 1. Januar 2020 hat KUKA mit Quirin Görz einen langjährigen Mitarbeiter zum neuen Chief Information Officer berufen. Seit dem Ausscheiden von Vorgänger Holger Ewald Ende 2018 war die Position des CIO interimsweise besetzt worden, hieß es aus Unternehmenskreisen.
Rüdiger Hoppen
Rüdiger Hoppen bildet seit September 2016 zusammen mit Michael Schauff die Doppelspitze der IT beim TÜV Rheinland in Köln. Hoppen trägt den Titel Global Officer IT Infrastructure.
Michael Schauff
Michael Schauff bildet zusammen mit Rüdiger Hoppen seit September 2016 die Doppelspitze der IT beim TÜV Rheinland in Köln. Schauff trägt den Titel Global Officer für den Bereich IT Solutions.
Hans Sättele
Hans Sättele ist seit Januar 2021 CIO beim Maschinenbauer Körber in Hamburg. Damit führt er gleichzeitig die Geschäfte des IT-Dienstleisters Körber IT Solutions. Sättele kommt von der Schunk Group, einem internationalen Anbieter von Produkten aus Hightech-Werkstoffen sowie Maschinen und Anlagen in Frankfurt am Main.
Uwe Kolk
Uwe Kolk ist seit Mai 2016 Leiter IT-Prozesse und Systeme (CIO) bei der Jungheinrich AG in Hamburg. Kolk war zuvor, seit Juni 2014, Geschäftsführer der Arvato Systems Business Services in Dortmund.
Stefan Ewald
Seit Anfang März 2018 ist Stefan Ewald neuer CIO Head of IT & Organization beim Windenergieanlagenbauer Nordex Group SE mit Hauptsitz in Rostock (der Vorstand hat seinen Sitz in Hamburg). Unter den Markennamen Nordex und Acciona Windpower bietet das 1985 im dänischen Give gegründete Unternehmen Windenergieanlagen an.
Walter Schein
Walter Schein ist seit Juni neuer CIO beim schweizerischen Industriekonzern Sulzer. Schein war bei Sulzer zuletzt Head of Business Applications. Seit seinem Eintritt 2012 war er dort in mehreren IT-Management-Positionen tätig. Davor hatte er über 15 Jahre verschiedene Leitungsfunktionen in der IT- und Management Beratung inne.
Martin Nusswald
Seit Mai 2017 ist Martin Nusswald CIO bei thyssenkrupp Materials Services. Er kam von der Kelvion GmbH in Bochum, einem internationalen Hersteller von großindustriellen Wärmetauschersystemen.
Dilek Bocuk
Nach rund 17 Jahren bei Bayer stieg Dilek Bocuk im April 2022 als CIO bei Siemens Mobility ein.
Paul Meyer
Paul Meyer ist seit Mai 2016 neuer CIO der gleichnamigen Meyer Werft in Papenburg. Der jüngste Sohn von Firmenchef Bernard Meyer verantwortet die gesamte IT der Werften in Papenburg, Rostock und Turku (Finnland).
Axel Scarponi
Axel Scarponi (47) hat im Juni 2013 die Nachfolge von Stefanie Kemp angetreten und den Bereich Corporate IT der Vorwerk Gruppe als neuer Group Information Officer übernommen. Damit verantwortet er bei dem Wuppertaler Unternehmen weltweit sämtliche IT-Aktivitäten. In seiner vorherigen Position leitete Scarponi leitete seit April 2011 als Group CIO das internationale IT- und IS-Management beim Dachbaustoff-Hersteller Monier Group in Oberursel. Zuvor hatte er bei der Daimler AG seit 2000 verschiedene Führungspositionen in der IT inne, zuletzt seit 2007 als Head of IT Operations mit Zuständigkeit für Europa, den Mittleren Osten und Afrika.
Jens Hittmeyer
Seit Februar 2017 ist Jens Hittmeyer Head of Corporate Information Technology beim Pflanzenzüchtungsunternehmen KWS Saat SE in Einbeck. Zuvor war Hittmeyer Senior VP Corporate IT bei der Pharmafirma Aenova Holding GmbH in Starnberg.
Uwe Dmoch
Seit Mitte August 2017 ist Uwe Dmoch neuer CIO bei Kelvion in Bochum. Zuvor war Dmoch Co-CIO/Director IT bei der HELLA KGaA Hueck & Co. Kelvion ist weltweit tätig als Hersteller von industriell genutzten Wärmetauschern.
Thomas Pirlein
Seit März 2018 ist Thomas Pirlein neuer Group CIO bei der Unternehmensgruppe Theo Müller in Freising. Pirlein hatte zuvor die Position als Managing Director International Transformation Organisation bei ALDI Süd verlassen. Davor war er seit Mai 2012 CIO beim Modelabel Esprit.
Robert Zepf
Robert Zepf ist seit Februar 2017 Bereichsleiter IT/SAP bei der Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG in Schönaich. Zepf kommt von der Eriks Holding Deutschland GmbH, wo er als Director IT Central & Eastern Europe gearbeitet hat.
Thomas Wölker
Thomas Wölker ist seit Juni 2016 bei der Rehau Gruppe Head of Integrated Business Solutions (IBS) in Rehau. Er übernimmt die Bereiche IT/IS, Business Process Engineering und die Shared Services. Wölker war zuletzt CEO und Chairman of the Management Board im Bereich IT Services beim Industriekonzern thyssenkrupp.
Stefan Domsch
Stefan Domsch ist seit September 2016 CIO beim TÜV Süd in München. Domsch war zuletzt Geschäftsführer der ERNI Deutschland GmbH, einem Beratungsunternehmen für Software Engineering.
Uwe Kruse
Uwe Kruse ist seit November 2018 CIO - Leiter IT Strategie des Stahlkonzerns Salzgitter AG mit Sitz in Salzgitter und zugleich Geschäftsführer der IT-Tochter GESIS. Kruse kommt von der Georg Fischer Automotive in Singen, wo er ebenfalls CIO war.
Dennis Lentz
Seit Januar 2017 ist Dennis Lentz neuer Director Group IT/CIO beim Baustoffkonzern HeidelbergCement AG. Zuvor war Lentz unter anderem Project Leader bei der Unternehmensberatung Boston Consulting und Project Leader und Leiter Supply Chain Management in Deutschland bei der HeidelbergCement AG.
Werner Zengler
Werner Zengler ist seit Januar 2018 neuer CIO, Group Vice President Information Technology, bei der Kathrein Group, einem Hersteller für Antennen und Satellitentechnik in Rosenheim. Zengler verfügt über mehr als 30 Jahre IT-Erfahrung und hat in verschiedenen Funktionen zahlreiche Transformationsprojekte erfolgreich mitgestaltet. Bei Bosch Siemens Hausgeräte (BSH Hausgeräte) hatte der Diplom-Informatiker 15 Jahre lang unterschiedliche Leitungspositionen inne. 2001 wechselte Zengler zur Knorr-Bremse-Gruppe.
Klaus-Peter Fett
Klaus-Peter Fett wird im Oktober 2018 beim Mannheimer Kunststoffspezialisten Röchling CIO und Digital Officer (CIDO). Die Stelle wurde neu geschaffen. Fett war zuletzt als Industry Leader bei Google in Deutschland tätig.
Till Rausch
Till Rausch ist seit April 2013 CIO beim Technologiekonzern Thales Deutschland. Er berichtet an Hans Leibbrand, den COO von Thales Deutschland . Der 45-Jährige hat neben einem Diplom in Betriebswirtschaft einen Masterstudiengang in Wirtschaftsinformatik abgeschlossen. Seit 1998 war er bei der Gehe Pharmahandel GmbH tätig, seit 2009 als CIO.
Uwe Herold
Uwe Herold (47) wechselte im Juli 2014 vom Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen zum Gütersloher Waschmaschinen- und Kühlschrankhersteller Miele. Herold war unter anderem auch schon CIO von SAP und dem Automobilzulieferer Brose. Der Diplom-Ingenieur Herold hat Verarbeitungsmaschinenkonstruktion und Informatik an der TU Chemnitz studiert.
Holger Blumberg
Seit November 2011 verantwortet Holger Blumberg als CIO die IT der Krones AG in Neutraubling. Er kommt vom Motorenbauer MAN Diesel & Turbo, wo er seit Juli 2006 als Vice President Group Information Technology tätig war. Blumberg berichtet er an den Finanzvorstand Hans-Jürgen Thaus. Bei der Krones AG sind er und seine 200 Mitarbeiter starke IT-Abteilung zuständig für rund 9000 IT-Anwender.
Klaus Rotter
Seit Anfang Oktober 2018 verantwortet Klaus Rotter die IT der Transporter Industry International (TII) Group mit Sitz in Heilbronn. Der Informatiker kommt vom Ulmer Materialprüfmaschinen-Anbieter Zwick Roell. Dort war er insgesamt 19 Jahre in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als Director IT.
Thomas Fischer
Thomas Fischer ist seit November 2018 neuer CIO beim international tätigen Familienunternehmen Ensinger in Nufringen bei Stuttgart. Er berichtet bei dem Hochleistungskunststoff-Hersteller direkt an die Geschäftsführung. Fischer war zuletzt beim irischen Arzneimittelhersteller Perrigo.
Jochen Werling
Jochen Werling ist seit November 2018 Group CIO beim Baustoffhersteller Lafarge-Holcim mit Hauptsitz in Rapperswil-Jona in der Schweiz. Die Lafarge-Holcim Ltd. mit den Marken Holcim und Lafarge gehört zu den größten Baustoffherstellern der Welt. Zuvor war Werling CIO beim Autoverleiher Sixt.
Karl Kornwolf
Karl Kornwolf ist ab Januar 2019 CIO beim Immobiliendienstleister ista in Essen. Er soll die technologische Transformation verantworten. Zuletzt war er im Energiebereich bei Siemens für Strategie und Business Development verantwortlich.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller neuer Head of Information Technology beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Erwin Schuster
Erwin Schuster ist seit November 2018 CIO bei der Mapal Dr. Kress KG. Zuvor arbeitete er seit 2013 als CIO bei der Ensinger GmbH, einem Kunststoffspezialisten in Nufringen. Schuster studierte in Stuttgart Informatik und promovierte dort später in Maschinenbau.
Jesper Hansen
Jesper Hansen hat als neuer Vice President Information Technology (CIO) die weltweite Leitung der IT in der österreichischen Miba AG übernommen. Hansen berichtet in seiner neuen Funktion an Miba-Vorstand Markus Hofer. Hansen war zuletzt CIO von Maersk Drilling, einem dänischen Bohranlagenbetreiber.
Ben Windhorst
Ben Windhorst ist seit Januar 2019 Global CIO, Vice President IT beim Tiefkühlkosthersteller Frosta in Bremerhaven. Zuvor war er seit Juni 2016 IT Director der Prysmian Group, einem italienischen Kabelhersteller mit deutschem Sitz in Berlin.
Irenus Tomczyk
Ireneus Tomczyk ist seit März 2019 neuer CIO/Leiter Group IT bei MAN Energy Solutions in Augsburg. Tomczyk arbeitete zuvor von 2017 an zwei Jahre lang als Head of IT Services bei der Audi AG, wo er unter Audi-CIO Frank Loydl unter anderem das Transformationsprojekt NEXT:IT vorantrieb.
Rainer Müller
Reiner Müller ist seit Februar 2019 CIO beim Dübel-Hersteller Fischerwerke GmbH & Co. KG in Waldachtal, einem Unternehmen der Unternehmensgruppe Fischer. Müller ist bereits seit 2002 im IT-Bereich bei Fischer tätig; seit 2012 war er dort verantwortlich für alle IT-Applikationen.
Andreas Müller
Andreas Müller ist seit Februar 2019 Bereichsleiter Informationstechnologie und Organisation der Bardusch Gruppe in Ettlingen. Er arbeitete zuletzt als CIO der fischerwerke GmbH & Co. KG. Die Bardusch-Gruppe ist auf die Vermietung von Textilien spezialisiert.
Roman Rapoport
Roman Rapoport ist seit Februar 2019 CIO der BPW Bergische Achsen in Wiehl bei Köln. Bevor Roman Rapoport zur BPW wechselte, war er IT-Strategieberater bei Accenture Strategy. Davor arbeitete der Wirtschaftsmathematiker bei der Ergo Group. Er verantwortete dort zuletzt als Leiter der Fast IT die Software-Entwicklung der B2C-Kundenschnittstelle mehrerer Konzernmarken.
Christoph Urban
Christoph Urban ist ab Juli 2019 neuer Vorstand IT und Digitalisierung beim deutschen Werkzeughersteller Einhell mit Sitz in Landau an der Isar. Die Position wurde neu geschaffen. Urban war zuvor als Geschäftsführer iSC GmbH tätig. Sie ist eine hundertprozentige Tochter der Einhell AG, die im Konzern die Zentralfunktion für den Bereich IT und Service innehat. Urban leitet seither außerdem den internationalen Ausbau der Serviceorganisationen der Einhell Gruppe.

CIO.de: Wir groß ist das Risiko, dass in den Value Centers Ressourcen und Skills redundant aufgebaut werden und dass die Mitarbeiter Aufgaben übernehmen, von denen sie eigentlich die Finger lassen sollten?

Ludwig: Diese Sorge habe ich überhaupt nicht. Der Marktdruck ist so hoch, dass sich Ineffizienzen nicht halten werden. Schwieriger wäre es, wenn ein Value Center die vom Business geforderte Leistung nicht bringen würde. Mit der Ende-zu-Ende-Verantwortung ist eine klare Verpflichtung verbunden die Leistung so zu erbringen, wie sie das Business braucht.

Eigenverantwortung ist wichtiger als Kontrolle

CIO.de: Gibt es eine Controlling-Instanz, die das prüft?

Ludwig: Die Frage ist doch: Wieviel Controlling braucht man überhaupt? Wir haben, wie gesagt, eine Einheit, die für Innovation und Strategie verantwortlich ist. Die hat auch eine Governance-Rolle, die aber nicht im Vordergrund steht. In dem Moment, wo man die Governance-Karte zieht, braucht man einen richtig guten Grund, zum Beispiel ein Cybersecurity-Thema. Da gilt es, eine einheitliche Umsetzung sicherzustellen - je nach Bedrohungslage gegebenenfalls auch mit sehr hoher Geschwindigkeit.

Ansonsten ist Governance vor allem wichtig, um die Kosten zu beherrschen und eine hohe Kundenzufriedenheit zu gewährleisten. Wir messen für alle wichtigen Services jeden Monat die User Satisfaction anhand von 2000 Usern pro Service, die wir befragen. Damit wissen wir immer aktuell: Wie wird der Service empfunden? Das ist für mich eines der wesentlichen Steuerungskriterien. Ich sehe sofort: Gibt es irgendein Feedback aus dem User-Kreis, das darauf hindeutet: Hier wird ein Service schlecht oder gar nicht erfüllt. Sekundär ist dagegen Controlling, um zu prüfen, ob irgendwo im Unternehmen Redundanzen entstehen.

CIO.de: Hat Siemens mit der Reorganisation der IT das Ziel verfolgt, die IT näher ans Business heranzuführen?

Ludwig: Als ich vor zweieinhalb Jahren die Verantwortung als Konzern-CIO übernommen habe, habe ich erst einmal Gespräche mit den CEOs von allen Geschäftsbereichen geführt. Ich wollte wissen, welche großen Herausforderungen sie in ihren Geschäften sehen. Es zeigte sich, dass in jedem Geschäft der Weg zur Digitalisierung führt. Das ist das zentrale Thema, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung und Geschwindigkeit.

Auf dem Shopfloor sind wir schon tief in die Digitalisierung eingetaucht, im Gasturbinengeschäft gewinnt durch die Sensorik an den Turbinen die Digitalisierung an Gewicht. Sie ermöglicht es, das Angebot um kundenorientierte Serviceprodukte zu erweitern. Am Ende werden alle Geschäfte digital unterstützt sein.

CIO.de: Welche Rolle wird dabei die IT-Organisation spielen?

Ludwig: Darüber haben wir intensiv nachgedacht und fünf relevante Technologietrends identifiziert. Dazu gehört allen voran der Digital Twin: Wir wollen für all unsere Produkte in der Herstellung und im Einsatz beim Kunden ein virtuelles Abbild haben. Ein anderes Kernthema ist die Flexibilisierung der Fertigung bis hin zum Additive Manufacturing von Gasturbinen. Ein Teil der Gasturbinen wird heute schon im 3D-Druck produziert, nicht nur wegen der Flexibilität, sondern auch weil wir damit ganz andere Strukturen in den Turbinenschaufeln selbst erreichen können.

Wir haben also die Trends, die für all unsere Geschäfte relevant sind, identifiziert. Und dann haben die IT-Organisation und das jeweilige Business - anwesend war immer dessen CEO - die laufenden IT-Innovationsprojekte analysiert und neu gewichtet. So bekamen wir Budget frei, um Themen aufzugreifen, mit denen wir die Geschäfte besser unterstützen können.

Zu den fünf Trends gehört auch die viel stärkere Informationsverfügbarkeit für Kunden. Wir sagen: "Customer is in the center", damit meinen wir, dass wir eine ganz andere Interaktion mit dem Kunden haben. Sie sind besser informiert und haben andere Erwartungen an Geschwindigkeit. So haben wir beispielsweise mit der Power Generation ein System entwickelt, mit dem wir besonders schnell ein erstes Angebot abgeben können, das schon relativ genau ist. Das ist so ein typisches Speedboat, das wir aus diesen Aktivitäten entwickelt haben.

Mit der Reorganisation haben wir IT und Business ganz eng verzahnt in agilen Projekten, die in sechs- oder acht-Wochen-Sprints immer wieder neue Ergebnisse generieren. Dann entscheiden wir jedes Mal zusammen: Machen wir weiter oder nicht? Da kann es durchaus sein, dass wir merken: Ein Projekt war zu ambitioniert, jetzt stoppen wir das.

42 Prozent der IT-Projekte sind schon agil

CIO.de: Welche Bedeutung haben agile Methoden für die Siemens-IT?

Ludwig: Momentan sind 42 Prozent der Projekte, die wir in der IT abwickeln, agil, und es werden immer mehr. Ich habe eigentlich immer gedacht, das geht nur für Applikationen, nicht für die Plattformentwicklung. Aber auch diese Teams sind in der Lage agil zu arbeiten. Die kurzen Feedback-Loops an Kunden und Nutzer, der Design-Thinking-Ansatz in Produkten, das kurzfristige Reagieren auf veränderte Anforderungen - wenn das richtig eingesunken ist erreichen wir ganz neue Geschwindigkeiten bei der Umsetzung der IT Projekte.

Agile Projekte setzen aber immer auch Kunden voraus, die Kompetenz und Bereitschaft mitbringen, schnell Entscheidungen zu treffen. Da muss immer jemand sagen: So wollen wir's, so nicht. Agil funktioniert nie auf einer Insel, nur im Zusammenspiel mit Kunden und Projektteam. Das kann ganz schön stressig werden, weil man ja ständig abliefern und Ergebnisse zeigen muss. Man braucht Menschen, die die mentalen Voraussetzungen dafür mitbringen.

CIO.de: Betreibt Siemens auch Innovation Labs?

Ludwig: Wir haben bereits vor 25 Jahren mit Themen gestartet, die man heute Innovation Lab nennen würde. Wir hatten Technology-to-Business-Units, zuerst in Berkeley, dann in Shanghai, nachher auch in München, wo wir mit Universitäten und Startups eng zusammenarbeiteten. Mitarbeiter in diesen Einheiten hatten ihre Arbeitszeit dreigeteilt. Ein Drittel waren sie als Scouts im Startup- oder Uni-Umfeld unterwegs, ein Drittel waren sie mit der Interaktion mit den Entwicklungseinheiten im Konzern beschäftigt und ein Drittel der Zeit verbrachten sie damit, beide Welten zusammenzubringen.

Den Erfolg haben wir daran gemessen, wie viel Transfer es aus Startup- oder Uni-Initiativen in das Geschäft hinein gab. So konnten wir zum Beispiel eine Wireless-Technologie aus Berkeley im Factory-Umfeld nutzen, die sonst noch nie eingesetzt worden war. Damit wurde Wireless so sicher wie Wire. In unserem eigenen Entwicklungsumfeld allein wäre das nicht entstanden.

CIO.de: Welche Rolle spielt die Konzerntochter next47?

Ludwig: Mit der Gründung dieser Einheit im Jahr 2016 haben wir die Zusammenarbeit mit Startups nochmal auf eine höhere Ebene gehoben. Sie ist mit einer Milliarde Euro sehr gut ausgestattet und soll Partnerschaften mit jungen Unternehmen initiieren. Siemens ist attraktiv für Startups, nicht wegen des Geldes, dass wir investieren, sondern wegen unserer Ressourcen als Großunternehmen, wegen des Namens und der Kundenkontakte. Die Startups können ihre Angebote auch mal bei uns testen und herausfinden: Wie funktionieren die Produkte im Großkonzern?

Dadurch sind schon viele gute Ideen in den Konzern gekommen, auch wenn das natürlich keine Entwicklungsabteilung ersetzt. Es ist eher eine Symbiose zwischen traditioneller Entwicklung und Ideen, die aus einem Open-Innovation-Umfeld kommen.

Siemens-IT steht im Wettbewerb

CIO.de: Siemens hat die Gesundheitssparte ausgegründet und will das auch mit dem Kraftwerksbereich tun. Was bedeutet das für die zentrale Siemens-IT?

Ludwig: Siemens Healthineers bekommt auch heute noch viele Leistungen zentral von Siemens, mit ganz klar definierten vertraglichen Gestaltungen natürlich. Das ist ein selbständiges, börsennotiertes Unternehmen, an dem Siemens 85 Prozent hält. Unsere zentralen IT-Einheiten müssen ihre Leistungen so erbringen, dass die Nutzer im selbständigen Konzernunternehmen sagen: Vom Preis-Leistungs-Verhältnis her kann ich das nirgendwo besser bekommen.

Siemens Healthineers kann jederzeit sagen: 'Vielen Dank, aber wir sind selbstständig und glauben, wir können das selbst besser umsetzen oder von einem anderen Partner mehr bekommen.' Die haben alle Freiheiten das zu tun - und trotzdem beziehen sie immer noch viele Leistungen, gerade die Kernsysteme, aus der Siemens AG.

CIO.de: Wie sind Sie mit diesen Kernsystemen umgegangen?

Ludwig: Wir schauen uns gerade unsere gesamte ERP-Applikationslandschaft nochmal sehr genau an. Nicht nur vor dem Hintergrund der Veränderungen im Konzern, sondern auch vor dem der Veränderungen in der Anbieterlandschaft. Es ist ja nicht ganz unbekannt, dass SAP ECC für 2025 abgekündigt hat. Insofern geht es uns wie vielen anderen Unternehmen: Wir überlegen neu.

Ein wesentliches Kriterium ist eine hohe Flexibilität, wenn es gilt, Strukturen zu verändern. Da sind wir mit den bisherigen Systemen nicht zufrieden. Wichtig wird für uns auch ein zweites Kriterium: Wie gelingt es uns die Einführung so zu gestalten, dass wir im Prinzip mit jeder Stufe sagen können: Es gibt einen Business-Vorteil, den wir nutzen können. Was wir nicht mehr machen sind Riesenprojekte über eine mehrjährige Laufzeit, bei denen wir dann ganz zum Schluss schauen, welchen Nutzen sie gebracht haben. Ganz klar: Die Einführungsstufen müssen in sich selbst jeweils schon einen klar messbaren Nutzen kreieren.

CIO.de: Ist S/4 HANA gesetzt?

Ludwig: Nein, wir schauen uns das komplett an. Da ist kein Anbieter gesetzt.

CIO.de: Welche Cloud-Strategie verfolgt Siemens?

Ludwig: Wir verfolgen eine Cloud-first-Strategie. Unsere Data Center sind schon zum großen Teil in der Cloud, teilweise Private, teilweise Public. Da setzen wir auf verschiedene Anbieter. Für die Private Cloud ist Atos einer der wichtigen Partner. In der Public Cloud arbeiten wir derzeit mit zwei Unternehmen zusammen, überlegen aber das zu erweitern. Wir haben schon einen großen Anteil unserer Systeme in der Public Cloud. Einige wenige laufen noch auf On-premise-Systemen im eigenen Data Center, wegen gesetzlicher Rahmenbedingungen, die wir einhalten müssen.

Im ERP-Bereich nutzen wir derzeit die HANA-Datenbank, da haben wir relativ frühzeitig gewechselt. Aktuell haben wir auch ein S/4-HANA-Projekt laufen, aber wie gesagt, wir schauen gerade nach Alternativen für die Zukunft und sind offen für Neues.

CIO.de: Gibt es einen bevorzugten Player, dem Sie das Multi- oder Hybrid-Cloud-Management anvertrauen wollen?

Ludwig: Ja. Aber das ist ein bisschen sensibel, dazu will ich jetzt nicht mehr sagen.

CIO.de: Ich vermute, dass Sie im Cloud-Bereich mit Amazon und Microsoft zusammenarbeiten. Wäre Google aufgrund des tiefen KI-Know-hows auch ein potenzieller Partner?

Ludwig: Absolut, der Open-Source-Ansatz insbesondere im Zusammenhang mit Tensorflow gefällt mir sehr gut. Generell arbeiten wir an vielen KI-Themen und nutzen dafür Open-Source-Produkte.

Atos ist ein strategischer Partner von mehreren

CIO.de: Siemens war viele Jahre selbst ein großer IT-Dienstleister, Namen wie Siemens Business Services oder Siemens IT-Solutions and Services (SIS) sind im deutschen Markt geläufig. Dann übernahm Atos diesen Bereich. Wie eng sind Ihre Geschäftsbeziehungen heute zu Atos?

Ludwig: Das ist einer unserer strategischen Partner, aber nur einer. Als die SIS zu Atos ging, hatten wir für einen gewissen Zeitraum feste Verträge, die Atos ein gewisses Volumen zugestanden haben. Das ist heute nicht mehr der Fall. Atos hat heute auch noch einen großen Anteil, muss sich aber in Ausschreibungen genauso bewähren wie jeder andere Anbieter.

CIO.de: Hat Siemens eine KI-Strategie oder sind entsprechende Tools einfach nur Mittel der Wahl, wenn es gilt bestimmte Probleme zu lösen?

Ludwig: Es gibt keine Top-down-Aussage, wonach Projekte einen wie auch immer gearteten KI-Anteil haben müssen. De facto kenne ich aber keine Entwicklungsabteilung bei uns im Hause, weder Produkt- und Systementwicklung noch IT oder auch Corporate Technology, wo KI keine Rolle spielt.

KI ist Standard. Wer heute im Softwarebereich unterwegs ist, beschäftigt sich damit. Ein Beispiel: Wir sind ja ein führender Anbieter im Markt für Product-Lifecycle-Management-Systeme (PLM), und Sie wissen vielleicht, dass die CAD-Tools immer umfangreicher werden. Es ist faszinierend, was man damit alles machen kann. Aber wenn Sie ein Casual User sind, wird Ihnen das irgendwann zu viel. Also haben wir eine Lösung geschaffen, die erkennt, ob wir Usern das gesamte Paket oder nur einen für sie relevanten, eher einfachen Teil anbieten können. Dann werden Vorgehensweisen, die der User oft nutzt, prominent angezeigt und sind leicht zu finden.

Wir nennen das: Learning by Observation: Was hat der Nutzer bisher im System gemacht und daraus werden spezifische Handlungsempfehlungen abgeleitet. So kann man im CAD-Bereich viel schneller mit den Tools arbeiten.

RPA ist einer der ganz großen Produktivitätshebel

CIO.de: Reden wir über Ihre Geschäftsprozesse: Welche Erfahrungen haben Sie mit Prozess-Optimierungstools und mit RPA gemacht?

Ludwig: Wir haben eine Einheit, die sich auf interne Services und Prozesse fokussiert. Die haben schnell erkannt, dass Robotic Process Automation einer der ganz großen Produktivitätshebel ist. Viele administrative Prozesse im Hintergrund, auch unsere Reisekostenabrechnungen etwa, sind längst RPA-unterstützt. Das heißt nicht, dass alles nur noch komplett automatisiert läuft. Exception Handling gibt es natürlich immer. Aber alles, was durchlaufen kann, läuft auch durch. Die IT unterstützt das mit entsprechenden Technologien. Wir wurden im letzten Jahr mit dem CIO-100-Award ausgezeichnet für unsere RPA-Strategie.

Das bezieht sich ganz konkret auf interne Abläufe. Die zentrale Einheit bietet den Komplettservice an und die IT setzt die Robotics-Unterstützung um. Wir versuchen das jetzt auf andere Prozesse auszuweiten, etwa die Software-Entwicklungsprozesse. Im administrativen Bereich sind wir aber am weitesten fortgeschritten.

CIO.de: Siemens baut seinen IT-Produktbereich immer weiter aus, etwa mit der PLM-Lösung oder der IoT-Plattform Mindsphere. Inwiefern ist der IT-Bereich hier involviert?

Ludwig: Die Verantwortung liegt klar im Produktbereich. Als die Mindsphere-Initiative so reif wurde, dass klar war, jetzt geht es darum Projekte umzusetzen, haben wir uns vor ungefähr anderthalb Jahren das Ziel gesetzt: Wir wollen innerhalb eines Jahres mindestens 50 Mindsphere-Projekte bei Siemens selbst umsetzen. Tatsächlich wurden es dann sogar 80 Projekte und die Pipeline umfasst circa 200 weitere Vorhaben. Bei der Implementierung der Mindsphere-Technologie im Hause Siemens selber war die IT stark involviert.

Ein anderes Beispiel ist unsere Low-Code-Plattform Mendix, mit der relativ ungeübte User Applikationen schreiben können - in einer einfachen Ablaufstruktur. Manche Leute reden sogar von einer Demokratisierung der IT. Das funktioniert dann gut, wenn sie festgelegt haben: Don't touch the platforms, da darf es keine Rückwirkungen geben. Die Plattform muss stabil und sicher sein. Aber wenn die Applikationen, die darauf laufen, ihren Zweck erfüllen - hervorragend! Wenn eine App, die einen überschaubaren Entwicklungsaufwand von 10.000 oder 20.000 Euro hatte und dabei einen hohen Payback erzielt hat, nach zwei Jahren abgekündigt wird, ist das nicht schlimm.

Unsere Systeme waren historisch teilweise große Monolithen, die immer wieder aktualisiert wurden und sehr viele Interfaces hatten. Wir drehen die gesamte Struktur heute stärker in Richtung standardnaher Plattformen, und da drauf laufen dann leichtgewichtige Applikationen, die flexibel angepasst werden können.

CIO.de: Gibt es Begehrlichkeiten im Haus, die ihre IT-Organisation für externe Beratungsprojekte rund um Mindsphere und Mendix heranziehen wollen?

Ludwig: Siemens hat eine Einheit geschaffen, die sich IoT nennt. Der Bedarf in der Industrie an qualifizierter Unterstützung für IoT -Lösungen ist riesig. Der Kunde braucht nicht nur die Plattform, er braucht auch Hilfe, um zu erkennen, wo die größten Effizienzpotenziale stecken und wie man's umsetzt. Unsere Einheit IoT macht genau das: Sie berät die Kunden bei der Implementierung.

Diese Unit berichtet an Roland Busch, unseren COO und CTO, genauso wie auch wir, die zentrale IT. Natürlich haben wir mit der IoT-Einheit ein enges Zusammenspiel. Wenn der externe IoT-Kunde sagt: Ich habe hier eine ERP-Welt, wie lasse ich die mit der IoT-Plattform zusammenspielen? - dann haben wir hilfreiche Kompetenzen in der IT.

Wir haben auch Kollegen, die die Mindsphere-Implementierung bei Siemens gestemmt haben. Die arbeiten heute in der IoT-Organisation.

Für eine Plattform braucht man Durchhaltevermögen

CIO.de: Haben IT-Hersteller wie SAP, Microsoft oder IBM nicht bessere Voraussetzungen als Plattformbetreiber als Siemens und Bosch?

Ludwig: Dahinter steckt ja die alte Frage, was ist wichtiger: horizontale Softwarefunktionalität oder vertikales Domänen-Know-how? Auf Themengebieten, auf den denen wir keine Marktkompetenz haben, kann ich mir vorstellen, dass Wettbewerber einen Vorteil haben. Sobald sie aber in typischen Kompetenzfeldern von Siemens sind, werden sich die Kunden bei uns wohler fühlen, weil wir ihre Prozesse verstehen.

Wichtig für uns ist eine starke Plattform, Domänen-Know-how und die Bereitschaft, in Plattform und Ecosystem zu investieren. Für eine Plattform braucht man eine gewisse Größe und Breite sowie viel Durchhaltevermögen. Kunden werden nicht auf eine Plattform setzen, bei der sie Zweifel haben, ob sie in drei Jahren noch da ist.

CIO.de: Was bedeutet Mindsphere für die Gesamtstrategie von Siemens? Definieren Sie den Bereich Automatisierungstechnik künftig als Software-Business?

Ludwig: Wir denken in der Automatisierungstechnik in drei Kategorien: Das sind die Toolsets, die den Produktlebenszyklus unterstützen. Historisch sind das eher die Tools im Mechanikbereich, CAD, PLM etc., außerdem das ganze Datenmanagement, bei uns heißt das TeamCenter. Dann haben wir gesehen, dass neben der Mechanik die Elektronik und die Software zentral werden. Deswegen haben wir 2017 Mentor Graphics akquiriert. Und schließlich haben wir uns mit Digital Twins sowohl für die Produktion als auch das Produkt selbst beschäftigt. Beides gilt es zu integrieren.

Signifikanter Mehrwert für den Kunden

Jetzt geht es darum, die Informationen über die Nutzung eines Produkts im laufenden Betrieb zu erfassen und zurück zu koppeln. Beispiel: Sie haben eine Gasturbine im Feld und Hunderte von Sensoren messen Temperatur, Geschwindigkeit, Rüttelverhalten, Geräusche und vieles mehr. Wenn man es schafft, diese ganzen Informationen in den Entwicklungsprozess zurückzuspielen, entsteht ein signifikanter Mehrwert für den Kunden. Man kann die Servicezeiten beim Kunden verlängern, das Sicherheitslevel erhöhen oder Ausfallzeiten senken.

Ich wüsste heute kein Geschäft bei Siemens wo das nicht hochrelevant wäre. Nehmen Sie Züge: Wir bieten heute zwischen Barcelona und Madrid gemeinsam mit der Bahngesellschaft Renfe an, dass Passagiere bei einer Verspätung von mehr als 15 Minuten den Preis zurückbekommen. Das können die nur anbieten, weil sie einen Vertrag mit Siemens haben, der ihnen eine hohe Verfügbarkeit der Züge garantiert. Und was ist passiert? 40 Prozent der Leute, die früher mit dem Flugzeug unterwegs waren, sind auf dieser Strecke auf den Zug umgestiegen.

Das Leitmotiv der Siemens-IT

Siemens-CIO Helmuth Ludwig und sein Team haben sich drei Leitsätze für die IT gegeben:

"innovate & grow" - Innovation schaffen und Wachstum fördern. Die IT macht das Leben für jede Siemens-Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter Tag für Tag ein bisschen einfacher. "Dabei unterstützen wir ganz gezielt die Mitarbeiter mit ihren Prozessen und Produkten", so der CIO.

"give & take responsibility" - Verantwortung effektiv verteilen. Wir geben unseren Mitarbeitern eine sehr hohe Eigenverantwortung. Der Leiter eines Value Centers handelt bei uns wie ein CEO. Die Hierarchieebenen wurden um 30 Prozent abgebaut, die Komplexität in einer Struktur mit Value Centers, Chapters und Service Lines erheblich reduziert.

"create customer value, fast" - Kundenmehrwert schaffen, und zwar schnell. ITler bei Siemens müssen schnell verstehen, was der Kunde braucht, und dann möglichst bald mit einem Minimum Viable Product (MVP) auf ihn zukommen, Feedback einholen und in die nächste Iteration gehen.

Helmuth Ludwig ist seit 1990 bei Siemens und hat dort verschiedene Aufgaben im In- und Ausland übernommen. Unter anderem war er Präsident von Siemens PLM Software und CEO des Siemens Industry Sector in Nordamerika. Der CIO hat ein Ingenieurstudium in Karlsruhe absolviert und in Kiel promoviert. Zusätzlich hat er einen MBA-Abschluss bei der University of Chicago erworben. Als außerordentlicher Professor lehrte er International Corporate Strategy an der Southern Methodist University in Dallas.