Software-defined Truck

So digitalisiert Bosch den LKW

14.08.2024 von Jürgen  Hill
Die digitale Transformation macht auch vor dem LKW-basierten Güterverkehr nicht halt. Bosch hat dazu eine Reihe an neuen digital Services im Köcher.
Die digitale Transformation hat jetzt auch den LKW erreicht. Er wird zum Software-definierten Fahrzeug.
Foto: Bosch

Der Güterverkehr per Nutzfahrzeug ist nach wie vor - wie ein Blick auf deutsche Autobahnen zeigt - eine wichtige Säule der Wirtschaft. Ähnlich wie im PKW-Sektor zeichnet sich auch beim LKW ein Paradigmenwechsel ab: Die Transformation vom Hardware- zum Software-definierten Fahrzeug. Welche Innovationen Bosch für den Güterverkehr von morgen in petto hat, zeigt das Unternehmen auf der IAA Transportation 2024 im September.

Neben neuen Antriebskonzepten spielen dabei neue Vernetzungslösungen eine wichtige Rolle. Mit den digitalen Services soll die Effizienz der Fahrzeuge verbessert werden.

Connectivity Hub für digitale Services

Technische Basis ist hierfür ist bei Bosch der Automotive Connectivity Hub. Dabei handelt es sich um eine nachrüstbare Connectivity-Lösung, die herstellerunabhängig den Zugriff auf die Betriebs- und Diagnosedaten eines Fahrzeugs erlaubt. Auf diese Weise sollen die unterschiedlichsten datenbasierte Services realisierbar sein, etwa:

Ein Beispiel hierfür ist das Retrofit Efficiency Module. Auf Basis zentral gespeicherter Erfahrungswerte kann damit die Geschwindigkeit bei Bedarf leicht angepasst und so der Verbrauch um bis zu vier Prozent gesenkt werden.

Mit Vehicle Health können standardisierte als auch herstellerspezifische Fehlercodes im Fahrzeug erfasst und in der Cloud ausgewertet werden.
Foto: Bosch

Es geht darum, standardisierte als auch herstellerspezifische Fehlercodes sowie Meldungen im Fahrzeug zu erfassen. Diese werden dann in die Cloud transferiert und dort ausgewertet. Auf diese Weise sollen sich anbahnende Probleme frühzeitig erkannt werden. Zudem werden Gegenmaßnahmen wie etwa ein vorgezogener Service vorgeschlagen. Dies soll die Zahl liegengebliebener LKW reduzieren und so die Planbarkeit verbessern.

Dieser digitale Dienst zielt darauf ab, die Leistung und Lebensdauer von Hochvolt-Batterien in E-Trucks zu verbessern. Mithilfe fortlaufend erfasster Daten von Batteriezustand und -nutzung können die Batterien analysiert, deren Alterung und Fehler prädiziert und ihr Schnellladeverhalten für eine längere Haltbarkeit optimiert werden.

Diese Funktion dürfte für Flottenbetreiber, die für ihre Bestandsflotte alternative Kraftstoffe wie HVO nutzen wollen, interessant sein. Mit dem Service lässt sich die Nutzung dieser Kraftstoffe und damit die CO2-Einsparung nachweisen - automatisiert und auditfähig zertifiziert.

Diagnose-Cloud

Auch bei Lösungen für Reparaturen und Wartungen setzt Bosch auf die Cloud. Hierzu hat die Bosch-Tochter ETAS eine Cloud-basierte Diagnoselösung entwickelt, die die Diagnose- und Reparaturfähigkeit bereits während der Entwicklung berücksichtigt und somit vor Produktionsstart verfügbar ist. Später im Betrieb des Fahrzeugs ermöglicht die mobile Version eine Diagnose direkt am Fahrzeug, sei es in der Werkstatt oder auf der Straße.

Vernetzte Kartendienste

Verlegte Schlüssel waren gestern. Mit dem Fleet Management Xtended Access können autorisierte Personen über eine App und innerhalb eines definierten Gültigkeitszeitraums ein bestimmtes Fahrzeug öffnen, schließen und starten.
Foto: Bosch

Vernetzung ist auch bei den Kartenservices von Bosch angesagt. Mithilfe von Schwarmdaten aus vernetzten Fahrzeugen und Infrastrukturdaten sollen so genaue und aktuelle Informationen über das Fahrumfeld geliefert werden. Mit Hilfe dieser Daten können dann Attribute wie optimale Fahrgeschwindigkeiten, exakte Spurgeometrien, Lokalisierungslandmarken und aktuelle Straßenbedingungen abgeleitet werden. Bosch zufolge lassen sich so nicht nur bestehende Fahrerassistenzfunktionen verbessern, sondern auch neue Mobilitätsangebote entwickeln.

Connectivity

Damit das Nutzfahrzeug mit der Cloud, anderen Fahrzeugen und seinem Umfeld kommunizieren kann, sieht das Bosch-Konzept eine Connectivity Control Unit vor. Sie ist die Kommunikationsbasis, über deren Funkschnittstellen der Kontakt zur Außenwelt hergestellt wird. Intern fungiert ein Central Gateway als Router zwischen der Connectivity Control Unit und den einzelnen internen Fahrzeugdomänen. Es agiert damit als Datenverteiler und unterstützt verschiedene Bussysteme wie Ethernet und CAN.

Smartphone als Schlüssel

Das Central Gateway fungiert als Router zwischen den internen Fahrzeugsystemen und der Außenwelt.
Foto: Bosch

Der Zugang zum Truck und - je nach Ausbaustufe - das Starten des Motors erfolgt künftig ebenfalls digital. Über das Fleet Management Xtended Access erhält der Fahrer einen digitalen Schlüssel auf sein Fahrzeug. Zur Übertragung werden Technologien wie Ultrabreitband (UWB), Bluetooth Low Energy (BLE) und Nearfield Communication (NFC) unterstützt.

Logistik-Marktplatz

Für das Backend hat Bosch die digitale Service-Plattform für die Logistik - kurz L.OS - konzipiert. Herzstück des Software-Ökosystems für Frachtführer und Spediteure ist ein Marktplatz. Er soll den zentralen Zugriff auf digitale Lösungen verschiedener Anbieter rund um das Logistikgeschäft bieten. Darüber hinaus soll die Plattform die nahtlose Integration von bisher getrennten Services und Daten ermöglichen.